Hoffentlich hatten Sie schöne und erholsame Festtage!
In Teil II des Rückblicks auf unsere Recherchen dieses Jahres geht es um die Finanzlobby, die Christian Lindner erfolgreich für ihr Anliegen einspannte, um rätselhafte Lobbytreffen von Robert Habeck und Olaf Scholz – und um eine Klinik im Schweizer Nobelort Davos, die sich im Besitz der Bundesrepublik Deutschland befindet.
Die Themen in der Übersicht:
- Finanzlobby bat Lindner erfolgreich um Hilfe
- Lobby bestellt, Minister liefert
- Termine mit Scholz und Habeck: Die rätselhaften Lobbytreffen des Sigmar Gabriel
- Welche Konzerne unsere Abgeordneten bezahlen
- Diese Liste zeigt, für wen 100 Ex-Politiker:innen heute lobbyieren
- Prominente Abgeordnete verstießen offensichtlich gegen Gesetz
- Warum die Bundesrepublik Deutschland in der Schweiz die "Höhenklinik Davos" besitzt
Finanzlobby bat Lindner erfolgreich um Hilfe

© | picture alliance / photothek | Xander Heinl/ photothek |
Anfang des Jahres knallten bei der deutschen Finanzindustrie die Korken: Sie hatte ein Provisionsverbot für ihre Berater:innen vorerst verhindern können. Interne Unterlagen zeigen, dass die Lobby auf mächtige Unterstützer zählen konnte: Ein CSU-Abgeordneter und Finanzminister Christian Lindner persönlich wurden bei der zuständigen EU-Kommissarin vorstellig. Während unserer Recherche versuchte Lindners Ministerium, die Herausgabe eines pikanten Briefes zu verhindern.
Lobby bestellt, Minister liefert
Hier eine Kurzanleitung für erfolgreiches Lobbyieren:
- Machen Sie einen Ex-Minister zum Chef ihres Lobbyverbandes.
- Lassen Sie ihn einen Brief an einen Parteifreund im Finanzministerium schreiben mit der Bitte, "sich möglichst frühzeitig auf europäischer Ebene" für die Interessen ihres Verbandes einzusetzen.
Genauso lief es beim Thema Provisionsverbot für Anlageberatung: Die deutsche Finanzlobby bestellte im Bundesfinanzministerium Unterstützung gegen die EU-Kommission. Und Christian Lindner lieferte.
Lindner versuchte, die Kommission von ihrem Vorhaben abzubringen. Wenig später zog diese das geplante Provisionsverbot tatsächlich zurück. Die zuständige EU-Kommissarin gab ihr Einknicken vor der Finanzlobby offen zu: "Wir haben auf diejenigen gehört, die uns sagen, dass ein vollständiges Verbot von Provisionen zum jetzigen Zeitpunkt disruptiv sein könnte." (Verbraucherschützer:innen sahen das übrigens ganz anders und waren entsetzt über den Rückzieher der Kommissarin.)
Dass Lobbyverbände ungehindert Einfluss auf die Politik nehmen können, hat einen einfachen Grund: Die Ampel-Koalition verhindert wirksame Maßnahmen gegen geheimen Lobbyismus. Sie hat – wie schon die Vorgängerregierungen – kein Interesse daran, dass Lobbykontakte transparent werden.
Aus diesem Grund machen wir den Lobbyeinfluss im Verborgenen sichtbar, so wie in diesem Fall. Mit einer Förderung von abgeordnetenwatch.de ermöglichen Sie weitere Recherchen gegen geheimen Lobbyismus – und stärken so unsere Demokratie. Ihre Förderung ist übrigens steuerlich absetzbar.
Termine mit Scholz und Habeck: Die rätselhaften Lobbytreffen des Sigmar Gabriel
Im Juli 2022 saßen Olaf Scholz (SPD) und Sigmar Gabriel im Bundeskanzleramt zusammen – zu einem “allgemeinen Austausch”. So behauptet es jedenfalls die Bundesregierung gegenüber der Opposition im Bundestag. Doch das stimmt nicht, wie Recherchen von abgeordnetenwatch.de und Tagesspiegel zeigen: Tatsächlich ging es um die Interessen eines Milliardenkonzerns, für den Gabriel tätig ist. Rätselhaft ist auch ein Gabriel-Termin mit Robert Habeck (Grüne). Das Wirtschaftsministerium versuchte zunächst, das Treffen zu verheimlichen.
Termine mit Scholz und Habeck: Die rätselhaften Lobbygespräche des Sigmar Gabriel
Welche Konzerne unsere Abgeordneten bezahlen
Mehr als 10.000 Euro pro Monat erhalten die Abgeordneten im Bundestag jeden Monat an Diäten, doch viele lassen sich zusätzlich von Unternehmen bezahlen. So berät der frühere Minister Hans-Peter Friedrich (CSU) für 3.700 Euro im Monat einen großen Versandhändler. Die frühere Linken-Abgeordnete Sahra Wagenknecht bekam von einer Schweizer Vermögensverwaltung 10.000 Euro für einen Auftritt als Rednerin, Ex-Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) kassiert jährlich 25.000 Euro von einem Versicherungsmakler für einen Aufsichtsratsposten. Besonders hoch sind die Einnahmen einiger Abgeordneter aus ihren Beteiligungen an Unternehmen.
Wie viel bekamen Ihre Abgeordneten in Ihrem Wahlkreis? Über eine durchsuchbare Namensliste können Sie das ganz einfach herausfinden:
Diese Liste zeigt, für wen 100 Ex-Politiker:innen heute lobbyieren
Ehemalige Vizekanzler, Ex-Minister:innen und ein Geheimdienstchef a.D.: Im Lobbyregister des Bundestags stehen mehr als 100 ehemalige Amts- und Mandatsträger:innen. Zu ihren Auftraggebern gehören die Immobilienlobby, Rüstungskonzerne und Tech-Multis.
Diese Liste zeigt, für wen 100 Ex-Politiker:innen heute arbeiten
Aus dem Archiv:
Prominente Abgeordnete verstießen offensichtlich gegen Gesetz
Verbotene Vorträge gegen Geld, nicht gemeldete Nebentätigkeiten: Mehrere Abgeordnete haben es nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de mit dem Abgeordnetengesetz offensichtlich nicht so genau genommen. Es geht unter anderem um Julia Klöckner, Hans-Peter Friedrich und Alexander Graf Lambsdorff. Spürbare Konsequenzen dürfte das nicht haben – wieder einmal.
Prominente Abgeordnete verstießen offensichtlich gegen Gesetz
Warum die Bundesrepublik Deutschland in der Schweiz die "Höhenklinik Davos" besitzt
Durch Zufall stießen wir bei einer Recherche auf eine ungewöhnliche Beteiligung des deutschen Staates. Im noblen Schweizer Gebirgsort Davos besitzt die Bundesrepublik Deutschland die “Genossenschaft Höhenklinik Valbella Davos". Das ehemalige Sanatorium, das in Thomas Manns "Zauberberg" beschrieben wird, ist seit Jahren Gegenstand eines Gerichtskrimis. Es geht um Millioneneinnahmen für den Haushalt von Finanzminister Lindner.
Millionen-Klage: Warum die Bundesrepublik Deutschland in der Schweiz die "Höhenklinik Davos" besitzt
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