Der Entwurf der Bundesregierung sieht vor, die Beschneidung von Jungen künftig auch dann zu ermöglichen, wenn diese aus medizinischen Gründen nicht notwendig ist. Im Bürgerlichen Gesetzbuch wird fortan festgeschrieben, "dass die Personensorge der Eltern grundsätzlich auch das Recht umfasst, bei Einhaltung bestimmter Anforderungen in eine nicht medizinisch indizierte Beschneidung ihres nicht einsichts- und urteilsfähigen Sohnes einzuwilligen." In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Sohnes dürfen laut Regierungsentwurf auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen die Beschneidung vornehmen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und für die Durchführung der Beschneidung einer Ärztin oder einem Arzt vergleichbar befähigt sind.
Die gesetzliche Klarstellung ist eine Reaktion auf ein Urteil des Landgerichts Köln aus dem Mai 2012, das die Auffassung vertrat, bei der religiösen Beschneidung eines vierjährigen Jungen habe es sich um eine rechtswidrige Körperverletzung gehandelt.
Ein alternativer Antrag von 66 Oppositionspolitikern, wonach die Beschneidung unter Berufung auf das Recht des Kindes erst ab dem 14. Lebensjahr erlaubt sein soll, fand keine Mehrheit.
Kommentare
Stephan am 12.12.2012 um 21:11 Uhr
PermalinkEine Schande, dieses Ergebnis, und ein Zeichen für die Rückgratlosigkeit der Mehrheit der Abgeordneten.
Jürgen Scheffler am 12.12.2012 um 21:12 Uhr
PermalinkLeider ist damit Sabine Weiss für zukünfige Wahlen meinerseits keine Option mehr!
Aber ganz offen gesagt - ich habe nichts anderes erwartet!
Andreas Pischel am 12.12.2012 um 21:15 Uhr
PermalinkIch rechne mal damit, dass es bis zum Bundesverfassungsgericht gehen wird. Was ist höher einzustufen, Artikel 2 die körperliche Unversehrtheit oder Artikel 4 die Religionsfreiheit? Ich hätte wohl dagegen gestimmt, wenn ich Abgeordneter wäre. Obwohl, das mit Kopfschmerzen, weil ich natürlich die Verfolgung der jüdischen Religion, wie sie in Deutschland stattgefunden hat, absolut verachte. Also habe ich durchaus Verständnis für alle, die sich anders entschieden haben. Insgesamt eine sehr schwierige Frage...
Willkommen im Barbarenstaat am 12.12.2012 um 21:33 Uhr
PermalinkIch kann es nicht fassen, dass dieses Gesetz, das der Verstümmlung aus niedrigen Beweggründen Legitimation verschafft,im 3. Jahrtausend beschlossen wurde. Scheinbar muss man in diesem Land nur mit Religion winken und schon hat man das gewünschte Gesetz. Und die Begründungen im Bundestag. Wie unsäglich widerlich.
Klaus am 12.12.2012 um 21:33 Uhr
Permalinkwie fehlgeleitet religiöse Gründe sein können zeigt die Inquisition der katholischen Kirche.
Wir sollten kleine Kinder nicht zu Tieren degradieren, die kastriert, gechipt, gezüchtet und kupiert werden weil sie sich nicht wehren können. Ich verabscheue jeden, der so etwas gut heißt.
elsflethBarbara am 12.12.2012 um 21:36 Uhr
PermalinkWho the fuck is Sabine Weiß? Und warum ist ihre Meinung für Sie so wichtig?
Abscheu am 12.12.2012 um 21:37 Uhr
PermalinkIch möchte allen Bundestagsabgeordneten meine Verachtung und Abscheu aussprechen, die diesem Gesetz zugestimmt haben.
Remnant am 12.12.2012 um 21:48 Uhr
PermalinkDieses Gesetz ist völlig sinnlos. Wenn eine Auslegung der Strafgesetze und der elterlichen Sorgeberechtigung vorgnommen würde, die die religiöse Beschneidung verbiete und diese Auslegung verfassungswidrig wäre, so könnte daran auch ein einfaches Gesetz nichts ändern. Wenn diese Auslegung aber nicht verfassungswidrig wäre so bedürfe es keinen gesetzlichen Regelung.
Es haben 186 MdB nicht zugestimmt. am 12.12.2012 um 21:56 Uhr
PermalinkSogar 100 dagegen.
Es bleibt die Aufgabe, für eine Verfassungsklage zu werben und das Quorum von 155 MdB zu erreichen, das einen Antrag auf ein abstraktes Normenkontrollverfahren beantragen darf.
Neben allen anderen Kritikpunkten ist es nicht hinnehmbar, daß der Bundestag mal eben an 80 % der Bürger vorbeiregiert.
Und es ist auch nicht hinnehmbar, daß sich der Bundestag zum Abnickverein für Herrn Graumann (der gegen mich übrigens Strafanzeige erstattet hat) macht.
Detlef
Hannes am 12.12.2012 um 22:12 Uhr
PermalinkWas ein Abstimmungsverhalten? Ich bin entsetzt, wo sind wir mit unserer Demokratie gelandet? Politisch korrekt, aber eine keine reife Willensbildung! Ob Karlsruhe das Gesetz gibt bezweifele ich. Kinderrechte werden beschnitten!
Hannes II am 12.12.2012 um 22:13 Uhr
PermalinkSorry: Was ein Abstimmungsverhalten? Ich bin entsetzt, wo sind wir mit unserer Demokratie gelandet? Politisch korrekt, aber keine reife Willensbildung! Ob Karlsruhe das Gesetz kippt bezweifele ich. Kinderrechte werden beschnitten!
Alfons Schwarzenböck am 12.12.2012 um 22:28 Uhr
PermalinkNun ist es Gesetz, dass einem wehrlosen Kind nach dem Willen der Eltern unnötig Schmerzen zugefügt werden dürfen und eine nicht mehr rückgängig zu machende Operation erlaubt wird, ohne dass medizinische Gründe vorliegen. Es bleibt die Hoffnung, dass das Bundesverfassungsgericht das korrigiert. Meine Hochachtung gilt den Abgeordneten, die dagegen sind, dass einem Menschen aus religiösen Gründen Schaden zugefügt wird.
Elena Richter am 12.12.2012 um 22:36 Uhr
PermalinkHerzlichsten Dank an ALLE Abgeordneten, die GEGEN die Beschneidung von Säuglingen gestimmt haben.
Interessant ist, wie wäre die Abstimmung ausgefallen, wenn ausschließlich die Angehörigen der muslimischen Religionsgemeinschaft betroffen wären? ...
Querdenker am 12.12.2012 um 23:11 Uhr
PermalinkMmmm. Den meisten Abgeordneten ist es möglicherweise einfach egal, was Moslems oder Juden mit ihren Kindern machen.
Mani am 12.12.2012 um 23:19 Uhr
PermalinkSoso Detlef, 80 Prozent der Bürger sind gegen die Beschneidung? Wo sind die Belege für diese Zahlen?
uwe am 12.12.2012 um 23:21 Uhr
Permalinkwiedermal hat die linke mehrheitlich gegen diesen wahnsinn gestimmt.
das wohl des kindes muß über der religion stehen, wir leben doch nicht im mittelalter.
Gabi am 12.12.2012 um 23:33 Uhr
PermalinkDer Aufruf, sich den Film ",it´s a Boy", anzusehen, kam wohl zu spät. Jetzt geht es also legal weiter, dass Nicht-Mediziner mit Schmutz unter den Fingernägeln an Babys herumschnippeln. Dass Mütter das zulassen, ist das einzige,was ich nicht verstehe.
Frank am 12.12.2012 um 23:55 Uhr
Permalink@mani
In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa waren 83 Prozent der Befragten der Meinung, dass Religionen mit der Zeit gehen und nicht um jeden Preis an alten Traditionen festhalten sollten.
Klaus am 13.12.2012 um 00:23 Uhr
PermalinkGut hat Bundestag so entschieden ! Ueberlassen wir die Entscheidung den Eltern, setzen wir uns für ein kinderfreundliches Land ein, unterstützen wir Eltern und Paare, die Kinder erziehen in ihrer grossen Aufgabe, aber bevormunden wir sie nicht!
und schmutzige Nägel beim Beschneiden: das ist in der Tat übler Antisemitismus.... und das ist Dummheit, so oder so!
Udo Seibert am 13.12.2012 um 00:26 Uhr
PermalinkEin schwarzer Tag für unseren Rechtsstaat!
An Jungen darf neuerdings (es war nie erlaubt) herum geschnibbelt werden. Bei Mädchen bleibt es weiter verboten. Dies veletzt eindeutig den Gleichheitsgrundsatz.
Ab heute sind Jungs Menschen 2. Klasse, den für sie gelten die Menschenrechte nur eingeschränkt.
Das konnte geschehen, weil sich 434 Abgeordnete einen Dreck um unser Grundgesetz scheren. Armes Deutschland! Die Abstimmung war Namentlich. Also sollte man diese gewissenlosen Gesellen nicht mehr wählen.
Daniel am 13.12.2012 um 01:00 Uhr
PermalinkDieses Ergebnis ist für mich, der an den Rechtsstaat glaubt, wo die körperliche Unversehrtheit eines Kindes vor jeder Ideologie vorrang haben muss, eine absolute Katastrophe. Wir leben im 21. Jahrhundert und da sollte man schon erwarten können das jeder Mensch frei entscheiden sollte, was mit seinem Körper geschieht.
Steffi Wittenberg am 13.12.2012 um 01:36 Uhr
PermalinkFür mich war es offensichtlich, dass die Folgen der Shoa in der
Bundesrepublik noch zu spüren sind. Es gibt kaum deutsche Abgeordnete jüdischer Herkunft, und ihre Meinung im Bundestag. Es sind immer
noch die Folgen der Ermordung eines Teils der deutschen jüdischen Bevölkerung und ihre Vertreibung des anderen Teils der jüdischen
Deutschen. Sicherlich gäbe es aus deren Nachkommen mehr
Bundestagsabgeordnete und man hätte nicht immer die Worte hören
müssen ",die Beschneidung ist mir im Prinzip fremd",.
Vielleicht ändern die Religionen irgendwann mal ihre Regeln zur Beschneidung, das überlassen wir ihnen. Der grösste Unsinn der
hie und da verbreitet wurde, sind irgendwelche Nachteile und Trauma,
die die beschnittenen Männer haben sollen. Auf jeden Fall empfand ich
positiv den Hinweis einer Abgeordneten, dass es sich bei den Frauen
ganz anders verhält und ihre Beschneidung verboten ist und verboten gehört.
Burgy Zapp am 13.12.2012 um 02:02 Uhr
Permalinkan die Politiker der BRD,
mit diesem Ergebnis der Abstimmung, disqualifizieren sich CDU, CSU und FDP als rückständig. Es gibt medizinische Gründe, die zu einem sonst-wie gearteten irreversiblen Eingriff in die Körperlichkeit eines Unmündigen führen können, aber keine religiösen Gründe. Wurde dies reflektiert? Ein methodischer Fehler, hier wurde ein theologisches Weltbild zugrunde gelegt, dass mit Sicherheit nicht auf einen Säugling anzuwenden ist.
Mit erstaunten Grüßen
Ihr Burgy Zapp
sol1 am 13.12.2012 um 02:06 Uhr
Permalink@ Steffi Wittenberg
",Der grösste Unsinn der hie und da verbreitet wurde, sind irgendwelche Nachteile und Trauma, die die beschnittenen Männer haben sollen.",
Es gibt unzählige Männer, die von Nachteilen und Traumata berichten - auch jüdische:
http://blog.shealevy.com/2011/05/17/an-open-letter-to-mohel-michael-hene...
434 Abgeordnete können sich darauf einstellen, in 20 Jahren ähnliche Briefe zu erhalten.
salty west am 13.12.2012 um 02:42 Uhr
Permalinkein widerliches abstimmungsergebnis, dass das recht auf unversehrtheit
des kindes mit füssen tritt. erbärmlicher geht`s nimmer!
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