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Europarat kritisiert Deutschland für Intransparenz bei der Parteienfinanzierung #kurzerklärt

Mit deutlichen Worten hat die Staatengruppe gegen Korruption des Europarates (GRECO) Deutschland wegen fehlender Transparenzmaßnahmen bei der Parteienfinanzierung kritisiert. Hierzulande gebe es einen „mangelnden politischen Willen, das System zu verbessern“, schreiben die Korruptionswächter in einem aktuellen Bericht. Deutschland liege deswegen „deutlich hinter den europäischen Standards zurück“. Dass die Große Koalition die GRECO-Forderungen demnächst umsetzt, ist unwahrscheinlich. #KurzErklärt

von Mika Parlowsky, 06.06.2019

In Sachen Parteienfinanzierung hatte GRECO in den vergangenen Jahren mehrfach konkrete Transparenzmaßnahmen von der Bundesregierung eingefordert. Mit dem jüngsten Bericht (pdf), der die bislang dritte Bewertungsrunde abschließt, erhält Deutschland erneut eine deutliche Mahnung. In neun von 20 Punkten habe die Bundesregierung die Empfehlungen aus dem Jahr 2009 nicht in zufriedenstellender Weise geschehen umgesetzt, kritisieren die Korruptionswächter.

Der GRECO-Bericht listet unter anderem die folgenden Versäumnisse auf:

  • Deutschland hat bislang keine Veröffentlichung von Wahlkampfkonten auf Bundesebene eingeführt.
  • Parteispenden werden hierzulande erst ab 50.000 Euro unverzüglich veröffentlicht, obwohl der Europarat seit Jahren eine Absenkung dieser Schwelle fordert.
  • In Deutschland gibt es weiterhin keine Transparenzregeln für Spenden an Kandidierende im Vorfeld von Wahlen.
  • Die Finanzierung von politischen Parteien einerseits sowie Stiftungen und Fraktionen andererseits sind hierzulande noch immer nicht getrennt.
  • Der Grad der Unabhängigkeit bei der externen Prüfung der Jahresabschlüsse der Parteien (Rechenschaftsberichte) wurde nach wie vor nicht verbessert.
  • Die Unabhängigkeit bei der Prüfung der Parteienfinanzierung ist weiterhin nicht sichergestellt, da sie derzeit beim Bundestagspräsidenten (also einem Parteipolitiker) liegt (lesen Sie dazu auch unseren Kommentar "Entzieht dem Bundestagspräsidenten die Aufsicht über die Parteispenden")
  • In Deutschland wird laut Europarat nicht gewährleistet, dass Abgeordnete bei Verstößen gegen die Verhaltensregeln wirksam sanktioniert werden.

In seinem Bericht zeigt GRECO sich ernüchtert über die Versäumnisse der Bundesregierung. Man sei „enttäuscht über den mangelnden Fortschritt“. In Deutschland fehle es am „politischen Willen" für eine Verbesserung des Systems; Deutschland bleibe bei den Transparenzregeln für die Parteienfinanzierung „deutlich hinter den europäischen Standards“ zurück. GRECO fordert die Bundesregierung deswegen auf, sich den empfohlenen Maßnahmen nun mit höchster Dringlichkeit zu widmen.

Dass die Große Koalition die angemahnten Transparenzmaßnahmen alsbald umsetzen wird, ist nicht zu erwarten. In der Vergangenheit hatten die jeweiligen Regierungskoalitionen die GRECO-Rügen weitgehend tatenlos hingenommen. Ein echtes Druckmittel hat die Staatengruppe nicht: Sanktionen gegen Deutschland kann GRECO nicht aussprechen. Daher bleibt es in dem aktuellen Bericht lediglich bei einem weiteren Appell an die Bundesregierung: Haltet uns auf dem Laufenden.

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