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Interview mit dem SPD-Abgeordneten Marco Bülow: "Auf den ersten Unterzeichner der Union warten wir noch"

Seit Jahren setzt sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow für mehr Transparenz in der Politik ein und stößt dabei mitunter auch in seiner eigenen Fraktion auf Widerstand. Jetzt startet Bülow eine neue Initiative, dieses Mal für mehr Offenheit bei Parteispenden und Sponsoring. Im Interview mit abgeordnetenwatch.de erklärt der SPD-Politiker, warum er gerade jetzt an die Öffentlichkeit geht und was er von der Unions-Kritik an seiner Transparenzinitiative hält.

von Martin Reyher, 20.05.2015

abgeordnetenwatch.de: Herr Bülow, Sie setzen sich seit Jahren für mehr Transparenz in der Politik ein. Nun machen Sie einen neuen Vorstoß. Warum geht es dabei und wie ist Ihr Vorgehen?

Bülow: Ich habe vor einiger Zeit einen Verhaltenskodex für Abgeordnete initiiert, dem sich bereits über 40 Parlamentarier angeschlossen haben. Es muss aber nicht nur mehr Transparenz im Bundestag geschaffen werden, sondern auch bei der Parteienfinanzierung sind Änderungen nötig. Daher mache ich mit einer heute veröffentlichten Erklärung einen Vorschlag zur Reformierung der Parteienfinanzierung. U.a. fände ich eine Höchstgrenze für Spenden, eine Neuregelung für das politische Sponsoring und eine Absenkung der Veröffentlichungspflichten bei Parteispenden und –sponsoring wichtig. Ich möchte zu diesen Themen zunächst in meiner Partei vor Ort, aber auch auf Bundesebene eine Diskussion anstoßen. Ich habe mich daher sowohl an den Parteivorstand in Dortmund als auch an den Bundesvorstand gewandt.

Haben Sie den Eindruck, Ihre Forderungen sind im Deutschen Bundestag mehrheitsfähig? Oder anders gefragt: Wie wahrscheinlich ist es, dass schärfere Transparenzregeln bei Parteispenden und Sponsoring in dieser Legislaturperiode von der Großen Koalition beschlossen werden?

Bülow: Momentan sind diese Forderungen in der Großen Koalition nicht mehrheitsfähig. Die SPD fordert eine Parteispenden-Obergrenze von 100.000 Euro pro Jahr und Spender, in der Union ist dies jedoch kein Thema. Meiner Ansicht nach ist es aber gerade deswegen wichtig, jetzt Forderungen aufzustellen, die momentan nicht mehrheitsfähig sind und damit einen Stein ins Rollen zu bringen. Es muss öffentlicher Druck entstehen, wenn etwas passieren soll. Dies hat bei Themen wie der Verschärfung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung, der Ausdifferenzierung der Veröffentlichungsgrenzen bei den Nebentätigkeiten oder bei der Karenzzeit auch funktioniert. Auch hier hat die Union lange blockiert, bis der Druck von außen so groß wurde, dass sie sich zumindest ein bisschen bewegen musste. Diese Hoffnung habe ich bei der Parteienfinanzierung auch. Ich weiß aber, dass in vielen Punkten noch dicke Bretter bei allen Parteien gebohrt werden müssen.

Vom Koalitionspartner CDU/CSU wird Ihnen vorgeworfen, Ihre Pläne seien "völlig an der Realität vorbei". Was entgegnen Sie darauf?

Bülow: Ich habe Dinge wie eine Karenzzeit und die Offenlegung der Nebentätigkeiten schon vor vielen Jahren gefordert. Damals bezeichnete die Union solche Vorschläge als absurd, heute sind sie mehrheitsfähig. Von daher sind solche Aussagen typische Reflexe, wenn man Probleme hat, mit politischen Forderungen umzugehen. Für mich geht es an der Realität vorbei, wenn man die steigende Politikverdrossenheit der Bevölkerung nicht ernst nimmt und daher auch nichts verändern will.

Noch ein Wort zu dem von Ihnen und dem Grünen-Abgeordneten Gerhard Schick initiierten Verhaltenskodex, mit dem Parlamentarier sich freiwillig zu mehr Transparenz verpflichten. Wie sind die Reaktionen darauf in Ihrer und in den anderen Fraktionen?

Bülow: Ich bekomme sehr viele positive Resonanzen auf den Kodex, auch von Abgeordneten, die aus unterschiedlichen Gründen mit einer Unterzeichnung zögern. Ich merke, dass die Themen Transparenz und der Umgang mit Lobbyismus viele Abgeordnete beschäftigen – und zwar in allen Fraktionen. Auf den ersten Unterzeichner der Union warten wir allerdings noch. Meiner Ansicht nach müsste auch hier die öffentliche Aufmerksamkeit noch erhöht werden.

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