Auch am Beispiel eines FDP-Großspenders aus dem Jahr 2019 zeigt sich, warum die bestehenden Offenlegungspflichten für Parteispenden oft nicht greifen. In ihrer Spenderliste führen die Liberalen drei Gesellschaften auf, die auf den ersten Blick nichts, auf den zweiten Blick aber sehr viel miteinander zu tun haben: Der gemeinsame Sitz der Unternehmen Savarpa Immobilien, Huskelapp Vermögensverwaltung und Hestesko Vermögensverwaltung liegt in der Straße Neuer Weg 9 in Wolfenbüttel.
Die dort ansässigen Gesellschaften gehören laut Handelsregister dem Aufsichtsratschef des Spirituosenherstellers Mast-Jägermeister, Florian Rehm, der auch Sprecher der Unternehmerfamilie Mast ist. Über die Firmen gingen 2019 bei der FDP insgesamt 80.000 Euro ein. Eigentlich wäre eine Zuwendung, die über der Schwelle von 50.000 Euro liegt, unverzüglich auf der Bundestagsseite zu veröffentlichen gewesen – doch dort tauchen die Zahlungen aus dem Neuen Weg 9 in Wolfenbüttel nicht auf. Grund: Ob Unternehmen rechtlich oder über Personen miteinander verbunden sind, spielt keine Rolle. Die Pflicht zur sofortigen Veröffentlichung gilt nur pro Unternehmen, Verband oder Privatperson.
Finanzielle Unterstützung von der Rüstungs- und Tabaklobby
Weitere Branchen, die in den Spendenlisten der Parteien auftauchen, sind Rüstung, Tabak und Spielautomaten:
- Der Tabakkonzern Philip Morris GmbH bedachte die CSU mit 17.000 und die FDP mit 15.000 Euro. An SPD und CDU flossen jeweils 15.000 Euro.
- Der Rüstungskonzern Airbus Defence and Space GmbH verteilte seine Spenden auf zwei Parteien: Die FDP durfte sich über 30.000 Euro freuen, die CSU über 20.000 Euro.
- Der Automatenhersteller Gauselmann AG ließ CDU, CSU und FDP jeweils 11.000 Euro zukommen, die SPD gab eine Spende in Höhe von 13.760 Euro an.
100.000 Euro für die Grünen vom Industrieverband Südwestmetall
Auch die Grünen sind für viele Unternehmen und Verbände inzwischen eine feste Adresse, wenn es um eine finanzielle Unterstützung geht. Der Lobbyverband der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg, Südwestmetall, etwa überwies der Partei von Ministerpräsident Winfried Kretschmann 100.000 Euro.
In den Spendenlisten von 2019 taucht auch ein Name aus der Medienbranche auf: der des Verlegers Dirk Ippen. Er spendete der FDP als Privatperson 49.000 Euro. Die Ippen-Gruppe gehört zu den größten Zeitungshäusern Deutschlands und gibt unter anderem die Frankfurter Rundschau, den Münchener Merkur und die Hessische/Niedersächsische Allgemeine heraus.
Dass Verleger oder Zeitungshäuser Parteien finanziell unterstützen, ist kein neues Phänomen. Vor einiger Zeit hatten wir Parteispenden von SPIEGEL, ZEIT, Gruner & Jahr oder dem Heinrich Bauer Verlag – die meist in Form von Freianzeigen erfolgten – zusammengetragen. Diese lagen meist Jahrzehnte zurück.
Auch künftig in keiner Spendenliste: Die Geldgeber von Jens Spahn
Nicht bekannt ist dagegen, welche Unternehmen und Privatpersonen im vergangenen und dem laufenden Jahr an die Parteien gespendet haben – zumindest bei allen Beträgen, die zwischen 10.000 und 50.000 Euro lagen und deswegen erst mit Erscheinen der Rechenschaftsberichte öffentlich werden. Das dürfte für das aktuelle Wahljahr nicht vor 2023 der Fall sein.
Sicher ist aber schon jetzt: Die ominösen Geldgeber, die bei einem Spenden-Dinner im vergangenen Oktober eine stolze Summe für den anstehenden Bundestagswahlkampf von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) beisteuerten, werden in den Listen nicht auftauchen. Ihre Zuwendungen lagen jeweils bei 9.999 Euro – und damit genau einen Euro unter der Offenlegungsschwelle.
Kommentare
J Vanselow am 26.03.2021 um 11:22 Uhr
PermalinkDiese Recherchen zeigen, dass die undurchsichtige Lobby-Praxis der Parteien mit Parteispenden, Provisionen etc. immer weiter geht. CDU und FDP haben eine sehr lange Liste von Einzelfällen in diesem Bereich.
Auch andere Parteien langen zu. An Besserung glaube ich persönlich nicht. Die CDU mit der "Staatsbürgerlichen Vereinigung" oder der Zaunkönigstiftung in Liechtenstein sind eindrucksvolle Beispiele in ihrer Geschichte.
Helmut-wk am 18.04.2021 um 12:20 Uhr
PermalinkIn der Mäil mit dem Link auf diesen Artikel hieß es:
"Die Grünen haben die mit Abstand höchste Spende ihrer Geschichte erhalten. Vergangenen Montag ging auf dem Parteikonto eine Zahlung über 1.000.000 Euro von dem Softwareentwickler Moritz Schmidt aus Greifswald ein. Schmidt hat laut dpa große Gewinne mit der Digitalwährung Bitcoin gemacht."
Davon ist hier nichts zu lesen.
Besonders pikant. Der Bitcoin ist so konstruiert, dass bei jeder Transaktion eine aufwändige Rechnung nötig ist - wer als Erster die Lösung findet, wird dafür in (neuen!) Bitcoins bezahlt. So dass Bitcoin-Transaktionen inzwischen einen sehr hoen - und damit Klimaschädlichen!V - Energiebedarf haben. Offenbar sagen sich die Grünen aber "Geld stinkt nicht" ....
abgeordnetenwatch.de am 19.04.2021 um 10:10 Uhr
Antwort auf In der Mäil mit dem Link auf… von Helmut-wk
PermalinkVielen Dank für Ihre Rückmeldung. In diesem Artikel geht es um die Rechenschaftsberichte der Parteien für das Jahr 2019, die der Bundestagspräsident kürzlich veröffentlicht hat (aktuellere Rechenschaftsberichte existieren nicht). Die 1 Mio. Euro-Spende an die Grünen von Moritz Schmidt, über die wir in unserem gestrigen Newsletter berichtet haben, ist eine Spende aus der vergangenen Woche. Deswegen wird sie, wie auch alle anderen Spenden an Parteien seit Ende 2019, nicht in dem Artikel erwähnt.
Einen ausführlichen Artikel zu der Großspende an die Grünen finden Sie z.B. hier:
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/gruene-erhalten-rekordspende…
Ralf Blechschmidt am 19.04.2021 um 11:04 Uhr
PermalinkWas an keiner Stelle auftaucht, ist die Antwort auf die Frage: Was macht der/die Spendenempfänger/in mit dem vielen Geld? Und bitte jetzt keine allgemeinen Aussagen treffen. Es darf durchaus konkret werden.
Hubert Hoffmann am 12.09.2021 um 12:14 Uhr
PermalinkMit welchem Recht dürfen zwielichtige und korrupte Parteien Ihre finanziellen Eingänge 2 Jahre unter Verschluß halten.Und wieso wird noch an korrupter CDU gespendet ?
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