Der Fuchs-Anwalt: Beauftragt hat Michael Fuchs die Berliner Rechtsanwaltskanzlei Schertz Bergmann, die in der Vergangenheit zahlreiche Prominente, darunter Thilo Sarrazin, Karsten Speck und Nadja Auermann, vertreten hat.
Darum geht es: Der CDU-Fraktionsvize geht gegen unseren Artikel "Michael Fuchs kassierte jahrelang Geld von nebulöser Beratungsfirma" vom vergangenen Mittwoch vor, in dem wir seine Nebentätigkeiten bei einer von britischen Geheimdienstmitarbeitern gegründeten Beratungsfirma aufgedeckt hatten. Dass Fuchs zwischen 2008 und 2012 bei "Hakluyt & Company" tätig war, wusste die Öffentlichkeit bis letzte Woche nicht.
Weswegen wird abgeordnetenwatch.de von Michael Fuchs abgemahnt? In einem Fax, das uns am späten Freitagnachmittag nach Büroschluss zuging, fordert uns der Fuchs-Anwalt auf, wegen einer "unwahren Tatsachenbehauptung" in dem erwähnten Artikel bis spätestens 16. Januar eine Unterlassungserklärung abzugeben. Die Abmahnung bezieht sich auf eine kurze Passage, in der es um unvollständige Angaben von Michael Fuchs gegenüber der Bundestagsverwaltung zu seinem Auftraggeber "Hakluyt & Company" geht. Er habe "zu keinem Zeitpunkt durch unvollständige Angaben die Herkunft der angesprochenen Nebeneinkünfte verschleiern" wollen, teilte Fuchs über seinen Anwalt mit. Der Koblenzer Bundestagsabgeordnete hat außerdem die Veröffentlichung einer Gegendarstellung erwirkt. Nach Rücksprache mit unseren Anwälten hat abgeordnetenwatch.de die Unterlassungserklärung – ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - abgegeben, weil der betroffene Satz im Verhältnis zu dem Gesamtkomplex so unbedeutend ist, dass wir dafür kein Prozessrisiko eingehen möchten.
"Hakluyt & Company" - eine höchst seriöse "Spionagefirma"? Die Londoner Firma ist äußerst öffentlichkeitsscheu, was allerdings wenig verwundert. Denn einer ihrer Gründer, der frühere MI6-Agent Christopher James, umschrieb die Aktivitäten von "Hakluyt & Company" einmal so: "Die Idee war, das für die Industrie zu tun, was wir früher für die Regierung taten." Die Organisation Lobbycontrol nennt Hakluyt deswegen eine "Spionagefirma". Bekannt ist ein Fall aus den Neunzigern, als "Hakluyt & Company" im Auftrag von Shell einen ehemaligen Geheimagenten bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace eingeschleust haben soll - getarnt als linker Aktivist. Vergangenes Jahr tauchte "Hakluyt & Company" im Zusammenhang mit dem in China ermordeten britischen Geschäftsmann Neil Heywood in den Medien auf. Heywood war Mitarbeiter von "Hakluyt & Company" und soll nach Zeitungsberichten einen chinesischen Spitzenpolitiker im Auftrag des britischen Geheimdienstes MI6 ausspioniert haben. Hakluyt & Company verfügt offenbar über ein gutes Netz an Zuträgern. In der Lobbypedia heißt es:
"Nach einem Bericht der Financial Times von 2000 habe die Firma damals 100 „Associates“ in London und global gehabt. Dabei könne es sich um Journalisten handeln, Diplomatengattinnen, hochrangige Unternehmensvertreter, ehemalige Diplomaten oder Berater. Für einzelne Aufträge würden bis zu fünf dieser Associates nach London gerufen, gebrieft und dann mit unterschiedlichen Fragen zur Informationsbeschaffung losgeschickt. "
Michael Fuchs hält "Hakluyt & Company" für eine "höchst seriöse, höchst honorige Firma", in deren Gremien "so Leute wie der BDI-Präsident sitzen".
Rätselhafte "Platzprobleme" in einer Exceltabelle: Warum machte Michael Fuchs bis auf eine Ausnahme gegenüber der Bundestagsverwaltung immer unvollständige Angaben zum Namen seines Auftraggebers? Hierfür hat der CDU-Politiker eine kuriose Begründung: In den Excellisten sei der komplette Name "Hakluyt & Company" aufgrund von "Platzgründen" abgekürzt worden. Fehlender Platz in einer Excelliste - das klingt in etwa so schlüssig wie die Aussage "das Internet ist voll". [Nachtrag 17.1.2013: Auch manche Internetuser finden das offenbar nicht so überzeugend.]
Fragen, die Michael Fuchs jetzt beantworten muss: Was hat ein deutscher Bundestagsabgeordneter mit der verschwiegenen, von Geheimagenten gegründeten Londoner Firma "Hakluyt & Company zu schaffen? War Fuchs dort lediglich als Honorarredner tätig, wie er behauptet? Dass "Hakluyt & Company" öffentliche Vorträge abhält, halten Experten für abwegig. Darum drängt sich die Frage auf: War Fuchs für die Londoner Beratungsfirma beratend tätig? Falls ja: Beriet er "Hakluyt & Company" oder deren Klienten in Fragen, die in Zusammenhang mit seiner Abgeordnetentätigkeit stehen? Als stellvertretendes Mitglied des Wirtschafts- sowie des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestags, aber auch als stellvertretender Fraktionsvorsitzender von CDU/CSU, verfügt Fuchs über Zugang zu sensiblen Informationen. Wann hielt Michael Fuchs die dreizehn Vorträge bei Hakluyt & Company? Was waren die Themen? Wie hoch waren die Honorare? Wer war anwesend? Bislang war der Abgeordnete nicht in der Lage, abgeordnetenwatch.de eine komplette Aufstellung zukommen zu lassen. abgeordnetenwatch.de fordert Michael Fuchs auf über die Details seiner Nebentätigkeiten bei "Hakluyt & Company" endlich Klarheit zu schaffen.
Kommentare
In eigener Sache: Warum Abgeordnetenwatch die Kommentar-Funktion abgeschaltet hat
C. Marx am 16.01.2013 um 16:54 Uhr
PermalinkSpannend. Hier sind 10 EUR Spende. Eure Arbeit gefällt mir. Weitermachen.
René am 16.01.2013 um 16:56 Uhr
PermalinkHmm...Ein Schelm, wer jetzt Böses denkt. Vielleicht hat er ja noch mehr zu verbergen und versucht jetzt einen Maulkorb zu verhängen, bevor da noch mehr ans Tageslicht kommt.
Frosch am 16.01.2013 um 18:50 Uhr
Antwort auf von René
PermalinkEhrlich, man konnte schon während den ersten paar Monaten nach der Buntestagswahl 2009 ahnen das diese CDU FDP "Regierung" im Grund nichts anderes ist als der parlamentarisch verlängerte Arm der ausbeuterischen Industrie. Wie sehr bei euch die Karre im Dreck gefahren ist sieht man doch schon an dem vor-diktatorischen ESM Gesetzen die ihr - zugunsten der Großbankenmafia - feige wie die Lemminge im Bundestag beschlossen habt. Hört doch einfach auf, ihr seit gekauft und heuchlerisch wenn es um die Offenlegung eurer Nebeneinkünfte geht.
Peter Funk am 16.01.2013 um 19:24 Uhr
Antwort auf von René
PermalinkIst es wirklich möglich, dass manche Politiker den "Streisand-Effekt" auch in 2013 immer noch nicht kennen? Das klingt unglaublich.
Olaf Koschlowski am 16.01.2013 um 17:04 Uhr
PermalinkSo kennt man sie, die CDU: mauscheln, verschleiern & verklagen.
Man kann gar nicht so viel essen, wie man bei diesen Gesäßviolinen kotzen möchte.
Auch von mir kommt für eure großartige Arbeit eine Spende!
gebauer am 16.01.2013 um 17:11 Uhr
PermalinkSo läuft es immer mehr ,verschleiern und vertuschen ,und dann wenn alles auffliegt ,kann man sich nicht erinnern ,od nennt es blach out .wie heisst es doch so schön ,wenn ein Kleiner ,erwischt wird, :UNWISSENHEIT SCHÜTZT VOR STRAFE NICHT :
fluffy am 16.01.2013 um 17:23 Uhr
Permalinkgo streisand, go streisand..
Harald Messemer am 16.01.2013 um 17:51 Uhr
PermalinkLeute wie Fuchs sind nicht gesund für die Demokratie. Für solche Leute gelten die Regeln nur für andere. Meinungsfreiheit ist nur solange gültig wie die Meinungen gefällig sind. Die Institution sind Mittel zum Weg. Wenn irgendwas nicht richtig läuft wird, werden renommierte Anwaltskanzleien eingesetzt, um den Gegenspieler mundtot zu machen. Geld spielt dann keine Rolle. Kommt ja vom Steuerzahler, bzw. von den Lobbyisten und wenn die Gegenseite (in diesem Fall das Volk) gewinnen sollte wäre das Geschäftsmodell im Eimer.
Macht weiter so und rechnet mit meiner Spende wenn Geld fehlt.
Adrian am 16.01.2013 um 21:08 Uhr
Antwort auf von Harald Messemer
PermalinkEs scheint ja zu fehlen! Also spenden Sie doch...
egghat (@egghat) am 16.01.2013 um 17:58 Uhr
PermalinkMan beachte die anderen Namen auf der Liste:
http://www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete17/biografien/F/fuchs_micha...
Komisch, dass die alle passten ...
Moki am 16.01.2013 um 19:02 Uhr
Antwort auf von egghat (@egghat)
Permalink"GAP Solution Patrick Politze Management Consulting GmbH" ist doch nicht länger als "Hakluyt & Company"???
Aber mal ernst: Statt mit Argumenten und Transparenz geht ein Abgeordneter des Deutschen Bundestages mit Anwälten und Abmahnungen gegen unliebsame Berichterstattung vor? Er sollte sich schämen.
Alex am 16.01.2013 um 20:23 Uhr
Antwort auf von egghat (@egghat)
PermalinkMitlerweile ist der Name der Firma in der Biografie aktualisiert worden. Der google-cache hat allerdings noch die Version vom 03. Januar, in der als Firmenname "Hakluyt Society, London" steht.
Matthias Zellmer (@Zellmi) am 16.01.2013 um 18:07 Uhr
Permalink»Journalism is printing what someone else does not want printed: everything else is public relations.« George Orwell
Lars am 16.01.2013 um 18:20 Uhr
PermalinkHerausragende Arbeit die ihr hier macht. Eine Frage hätte ich trotzdem: Warum keine Social-Media-Buttons? Der Artikel dürfte dann schon längst kursiert sein wie kaum ein zweiter heute ... Streisand lässt grüßen.
Barbie aus Berlin am 16.01.2013 um 19:17 Uhr
Antwort auf von Lars
PermalinkDie zehn Sekunden für das Kopieren der URL kann man sich auch nehmen...
Flo am 16.01.2013 um 21:06 Uhr
Antwort auf von Barbie aus Berlin
Permalink@Barbie: Danke für diese Antwort!
@blog.abgeordnetenwatch.de: Danke für *keine* Social Media-Buttons und die Arbeit!
Martin (abgeordnetenwatch.de) am 16.01.2013 um 21:38 Uhr
Antwort auf von Lars
PermalinkDanke!
Wg. der Social Media-Buttons: Die sind mit der Zeit mal verschütt gegangen. Habe jetzt händisch einen Sharebutton eingebaut. Man könnte das natürlich auch ordentlich fixen, aber wir ziehen in Kürze auf ein anderes System um und die Kollegen sind gerade bis über die Ohren voll mit Arbeit.
belipe am 18.01.2013 um 09:56 Uhr
Antwort auf von Martin (abgeordnetenwatch.de)
PermalinkKeine Social Media Buttons sind sowieso die bessere Lösung, da man weder Datenschutz-Hickhack noch Performance-Einbußen zu befürchten hat. Und wer nicht weiß, wie man eine URL kopiert, sollte es sich dringend beibringen lassen. Wir schreiben immerhin 2013.
Hervorragende Arbeit, weiter so!
teekay am 16.01.2013 um 18:45 Uhr
PermalinkAch, ich hatte die Sache schon fast wieder vergessen und bedanke mich bei Fuchs und seinen Anwaelten, dass sie uns mal wieder an die Internet-Kompetenzlosigkeit eines grossen Teils der politischen Klasse erinnen...
Frosch am 16.01.2013 um 18:57 Uhr
PermalinkDie beste Demokratie die man für Geld kaufen kann
B. Linde am 16.01.2013 um 19:05 Uhr
PermalinkKann sich Herr Fuchs denn eine der teuersten Anwaltskanzleien Deutschlands leisten ? In einer Diskussionsrunde im Öffentlich-Rechtlichen sagte er vor einigen Wochen im Zusammenhang mit Nebeneinkünften sinngemäss, das er noch nie so wenig verdient hat wie jetzt als Politiker ! Oder zahlt das Anwaltshonorar die CDU/CSU für ihn ? ADVOCARD würde ihm eine Kanzlei vorgeben.....
Grinsekater555 am 16.01.2013 um 19:41 Uhr
Permalinkhttps://www.facebook.com/michael.fuchs.1276?ref=ts&fref=ts
fb-profil von dem schergen. bitte ordentlich zuspammen.
Marion am 16.01.2013 um 20:17 Uhr
PermalinkNormal Spende ich nicht. Aber ich schliesse mich Herren C. Marx an.
Gute Arbeit, auch wenn man mal einknicken mus.
Marion
Tyler Durden am 16.01.2013 um 20:35 Uhr
Permalinkgimme a break dr. fuchs!:
“We have a proprietary network of well-placed individuals around the world who are able to provide us, very discreetly, with intelligence on specific commercial or political issues that may arise. Typically, these individuals will be very well-connected, knowledgeable in a particular field or market and well placed discreetly to make inquiries. “
http://www.crikey.com.au/2008/07/31/turning-journalists-into-spooks/
(urspgl. auf
https://netzpolitik.org/2013/cdu-fraktionsvize-fuchs-abgeordnetentranspa...)
Klaus D. Ebert am 16.01.2013 um 20:55 Uhr
PermalinkEs spricht für das verzerrte Selbstbild des Herrn Fuchs, dass er die Frechheit besitzt sich so zu verhalten. Zu seinen Gunsten könnte man allerdings anführen, dass andere Politik sich auch nicht viel besser als er verhalten.