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Frage von Franz A. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Franz A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble,

in der Plasberg-Sendung am 10.09.08 wurde eine Bertelsmannstudie erwähnt. Aus dieser wird ersichtlich, dass die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten (parteiunabhängig!) soziale Fragen ganz anders bewerten und beantworten als die Mehrheit des Volkes.
Kann es sein, dass die Ursache in der sozialen Sicherheit ("Hängematte") der Bundespolitiker zu finden ist?
Wie sollten wir Bürger uns diese Diskrepantz verständlich erklären?
Was kann und wird die Politik tun, damit sich die Wählermeinung auch in der Politikermeinung wiederspiegelt?
In der Argumentation haben Sie mir als einziger des Teilnehmerkreises gefallen.

Mit ferundlichem Gruß
F.Aberle

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Aberle,

Sie beziehen sich in Ihrer Frage auf zwei Studien der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2006, die in der Fernsehsendung "hart aber fair" vom 10. September 2008 zitiert wurden. Hierfür sind Bürger und Abgeordnete danach befragt worden, ob sie die wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland im Allgemeinen als gerecht oder nicht gerecht ansehen. Im Ergebnis stellte sich heraus, dass 60% der Abgeordneten, aber nur 28% der Bürger die Lebenssituation in Deutschland für gerecht erachten.

Wie ich in der Sendung sagte, waren mir die Studien zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Den Umstand, dass lediglich ein gutes Viertel der Bevölkerung die wirtschaftlichen Verhältnisse als gerecht empfand, kann ich jedoch nachvollziehen. Zum Zeitpunkt der Umfrage im Februar 2006 lag nicht zuletzt die Arbeitslosigkeit in Deutschland noch weit über dem heutigen Niveau. Die genauen Ursachen für diese Einschätzung können Sie der Studie selbst entnehmen, welche auf der Internetseite der Bertelsmann Stiftung veröffentlicht wurde. Daraus wird auch deutlich, dass das Ergebnis in Bezug auf die politischen Mandatsträger durch eine sich wandelnde Auffassung von Gerechtigkeit beeinflusst wird. Während früher der Gerechtigkeitsbegriff hauptsächlich als Verteilungsgerechtigkeit definiert wurde, verstehen heute gerade viele jüngere Abgeordnete solche Verhältnisse als gerecht, die eine möglichst hohe Chancen- und Teilhabegerechtigkeit bieten. Je nachdem auf welchen Aspekt man besonderen Wert legt - Leistungsgerechtigkeit und Generationengerechtigkeit spielen hier ebenfalls eine Rolle - fällt das Gesamtergebnis unterschiedlich aus. Die Studien ziehen daher auch nicht den Schluss, dass die Lebensverhältnisse in Deutschland von Bürgern und Politikern grundsätzlich verschieden wahrgenommen würden.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Schäuble