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Frage von Susanne W. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Susanne W. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Schäuble,

Ich bedauere unsere hohe Neuverschuldung von 80 Mrd.€ sehr. Meine Fragen an Sie sind,
- bei welcher Bank und zu welchen Zinsen nehmen wir diese Schulden auf.
- entscheiden unsere Volksvertreter, also das Parlament bei welchen Banken der Kredit aufgenommen wird?
- falls nicht , wer trifft diese Entscheidung und aufgrund welcher rechtlichen Grundlage?
- werden die Schulden gleichmäßig auf alle Banken verteilt?
- ein großer Teil der hohen Staatschulden sind ja durch die Banken und Finanzkrise entstanden, wenn die Banken so gut dastehen dass Sie uns diese Summe leihen können, warum mussten wir dann mit unseren Steuergeldern den Banken helfen?
-ist es nicht so dass wir aufgrund der ständigen Zinszahlungen aus der Schuldenspirale gar nicht mehr aussteigen können?
-wäre nicht vielleicht eine weltweite Generalentschuldung der einzige Ausweg?

mit freundlichen Grüßen, Susanne Wiest

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Wiest,

vielen Dank für Ihre Fragen. Bitte beachten Sie: Die Krise ist noch nicht beendet. Die Bundesregierung stützt die Konjunktur daher durch massive Hilfen. Diese Maßnahmen können nur allmählich zurückgefahren werden, so lange sich die Erholung noch nicht in sicherem Fahrwasser bewegt. Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz trägt dazu bei, den beginnenden Aufschwung zu kräftigen. Der Haushalt enthält überdies eine Stärkung der Aufwendungen für Forschung und Bildung mit einem Gesamtansatz von 12 Milliarden Euro für die laufende Legislaturperiode.
Einige Rahmendaten fallen bereits besser aus als erwartet, beispielsweise im Arbeitsmarkt. Daher können wir das Sofortprogramm zur Wachstumsbeschleunigung auch ohne weitere Erhöhung der Neuverschuldung umsetzen: Die ursprünglich geplante Kreditaufnahme wurde vielmehr um ca. 6 Mrd. Euro auf nun rund 80 Mrd. Euro reduziert.
Aber natürlich bereitet mir unsere hohe Verschuldung große Sorgen. Wir werden sie in den kommenden Jahren konsequent und unter erheblichen Anstrengungen zurückführen. Hierzu sind wir allein schon durch die Schuldenbremse im Grundgesetz verpflichtet: Bis 2016 müssen wir einen strukturell ausgeglichenen Haushalt erreichen. Das heißt aber nicht, dass wir in den kommenden Jahren ohne weitere Schulden auskommen können.

Damit bin ich bei Ihrer Frage, wer uns das Geld leiht. Der größte Teil der Kreditaufnahme des Bundes besteht aus Wertpapieren. Über 80 % der Gesamtverschuldung der Bundesrepublik Deutschland entfallen auf Bundesanleihen, Bundesobligationen und Bundesschatzanweisungen. Diese Wertpapiere werden bei nationalen und internationalen Anlegern platziert, können aber auch jederzeit weiterverkauft werden. Deshalb ist es nicht möglich, eine genaue Gläubigerverteilung der Bundesschuld festzustellen. Im Wesentlichen werden die Bundeswertpapiere von inländischen und ausländischen Banken, Versicherungen und Investmentfonds gehalten. Ein Teil der Bundesschuld entfällt auf private Sparer, die Bundesschatzbriefe und Bundesobligationen direkt als Daueremission erwerben können oder andere Wertpapiere des Bundes über die Börse. Da Banken, Versicherungen und Investmentfonds wiederum ihre Einlagen von den privaten Sparern erhalten, finanzieren in wirtschaftlicher Hinsicht die inländischen Sparer direkt oder indirekt die Kredite des Bundeshaushalts, soweit sie nicht von ausländischen Gläubigern gehalten werden.

Da Banken und andere nationale und internationale Großanleger die hohe Bonität der Bundesrepublik Deutschland und die große Liquidität der Bundesanleihen sehr schätzen, zahlt der Bund im Vergleich zu anderen Gläubigern in Europa niedrigere Zinsen. Für die staatliche Kreditaufnahme müssen auch keine Sicherheiten im herkömmlichen Sinne wie bei privaten Kreditnehmern hinterlegt werden. Vielmehr muss der Staat selbst dafür Sorge tragen, dass er als Kreditnehmer glaubwürdig bleibt. Dies gelingt am besten durch eine solide Finanzpolitik. Hier finden Sie einen Link, über den Sie gerne weitere Informationen zur Schuldenverwaltung des Bundes bei der Finanzagentur Deutschland abrufen können:
http://www.deutsche-finanzagentur.de/de/startseite/.

Gegen die von Ihnen angeregte "Generalentschuldung" sprechen zwei wesentliche Gründe. Deutschland macht momentan Schulden und ist deswegen auf Kreditgeber angewiesen. Eine Entschuldung per staatlicher Anordnung würde das Vertrauen der Geldgeber in die Bundesrepublik Deutschland empfindlich stören. Mit erheblichen Folgen. Wir könnten uns entweder gar kein Geld mehr leihen oder nur noch zu inakzeptablen Bedingungen, wie z.B. überhöhte Zinsen. Eine Folge dieser "Kreditklemme" wäre, das notwendige Investitionen unterblieben oder der Staat wenn nötig, nicht mehr krisendämpfend eingreifen könnte. Dies hätte erhebliche Folgen für die Wirtschaftskraft Deutschlands und brächte viele Arbeitsplätze in Gefahr.

Wie wir künftig Mitverantwortliche einer Finanzmarktkrise an den Kosten beteiligen wollen, ist Gegenstand einer Diskussionen, die auf internationaler Ebene mit der Beteiligung Deutschlands geführt wird. Ich werbe für die Einführung einer Bankenabgabe. Dabei ist es mir besonders wichtig, dass Banken mit einer hohen Risikoorientierung mehr bezahlen müssen, als andere. Noch gibt es viele offen Punkte zu klären. Punkte, die wir national und international zu diskutieren haben. Aber ich bin überzeugt davon, dass die Bankenabgabe eine überzeugende Antwort auf die Frage vieler Steuerzahler zur Beteiligung der Banken an den Krisenkosten sein wird.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Schäuble