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Frage von Michael K. •

Frage an Wolfgang Gerhardt von Michael K. bezüglich Gesundheit

Guten Tag,

wie ist ihre Meinung zum Nichtraucherschutz? Kennen Sie in Ihrem Wahlkreis ein Nichtraucher-Restaurant? Kennen Sie eine Kneipe, wo man sich rauchfrei am Tresen ein Bier genehmigen kann?

Gruß aus Oberursel!

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Kleinespel,

die Diskussion um ein Rauchverbot hat mittlerweile fast missionarische Züge angenommen. Es wird ein Feldzug gegen diejenigen geführt, die sich in den Augen der Mehrheit nicht politisch korrekt verhalten. Mit Tabak fängt es an. Das gleiche wird sich bei Alkohol wiederholen und auf weitere Felder im Bereich Ernährung und Lebensweise übergreifen. Mehr und mehr steigt die Bereitschaft, den Menschen vorzuschreiben, wie sie zu leben haben. Gleichzeitig sinkt die Toleranz gegenüber Verhaltensweisen, die als störend empfunden werden. Eine aufgeschlossene, lebendige Gesellschaft muß aber damit leben können, daß Menschen wider besseren Wissens Dinge tun, die ihnen nicht förderlich sind.

Unbestritten ist, daß der missbräuchliche und übermäßige Konsum von Tabak nicht nur für den Konsumenten schädlich ist. Über das Passivrauchen können auch unbeteiligte Personen, die ihm häufiger ausgesetzt sind, geschädigt werden. Hilfreich wäre es aber, die Diskussion über den notwendigen Nichtraucherschutz sachlich ausgewogen zu führen und nicht in Hysterie zu verfallen. Dazu gehört die vorurteilsfreie Kenntnisnahme der Veränderungen in den letzten Jahren und konkreter Regelungslücken im Nichtraucherschutz, die auf bundesgesetzlicher Ebene geschlossen werden müssen:

Viele öffentliche und private Träger von Einrichtungen mit Publikumsverkehr nutzen mehr und mehr über das Hausrecht die Möglichkeit, Regelungen für das Nichtrauchen zu treffen. Immer mehr Länder (Brandenburg, Berlin, Hamburg, NRW, Schleswig-Holstein, Hessen) setzen Rauchverbote an Schulen um (in Hessen besteht bereits seit Anfang 2005 ein generelles Rauchverbot an allen Schulen). Das Land Bremen plant bereits ein umfassendes Rauchverbot auf Länderebene. Initiativen wie „Gesundheitsfördernde Krankenhäuser“, die auf Freiwilligkeit beruhen und im Settingansatz rauchfreie Krankenhäuser fördern, finden immer breitere Unterstützung. Flüge sind rauchfrei. Hotels bieten Nichtraucheretagen an. Bahnhöfe sind rauchfrei. Der öffentliche Personennahverkehr ist nahezu rauchfrei. Seit 1. Oktober 2006 sind auch alle Bordbistros im Fernverkehr der Deutschen Bahn rauchfrei. Nichtraucherbereiche in der Gastronomie nehmen zu.

Verstärkt wird in den letzten Jahren zudem Prävention und Aufklärung betrieben. Daß eine solche Politik erfolgreich sein kann, zeigen die neuesten Zahlen einer bundesweiten Repräsentativerhebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und der Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung 2006. Sie bestätigen, daß der Anteil der Raucher stetig gesunken ist. Bei den 12 – 17 Jährigen hat sich die Quote von 28 Prozent im Jahr 2001 auf 20 Prozent 2005 reduziert. Das ist ein Rückgang der Raucherquote in dieser Altersklasse um 30 Prozent. Gerade die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die nie geraucht haben, steigt erfreulicher Weise immer weiter an.

Es lohnt sich also, diesen Weg weiterzugehen.

Deshalb setzt sich die FDP-Bundestagsfraktion dafür ein, daß Menschen in erster Linie zu gegenseitiger Rücksichtnahme angeleitet und veranlasst werden müssen. Eigenverantwortlichkeit, Freiwilligkeit und Selbstverpflichtung sind gesetzgeberischen Maßnahmen vorzuziehen. Allerdings gibt es bestimmte Bereiche, die eines besonderen Schutzes bedürfen.

Die FDP-Bundestagsfraktion fordert deshalb, daß der Schutz für besonders gefährdete Personengruppen wie Kinder, Jugendliche, Kranke und sozial Schwache zu verbessern ist:

In Einrichtungen für Kinder und Jugendliche (Kindertagesstätten und Schulen etc.) muß ein grundsätzliches Rauchverbot erlassen werden. Entweder auf Länderebene oder besser noch durch die verantwortlichen Gremien vor Ort (Schulkonferenzen, Elternräte, etc.). Kein Gesetz kommt jedoch an den Bereich heran, in dem Kinder und Jugendliche besonders stark unter dem Rauch leiden - die Privatsphäre. Deshalb ist es so wichtig, gerade Eltern nachdrücklich davon zu überzeugen, wie sehr sie ihre Kinder durch ihr Rauchverhalten gefährden. Die Ausrüstung der Zigarettenautomaten mit Chipkarten ab Januar 2007 ist eine gute Maßnahme, um Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zugang zum Tabak zu erschweren. Die Erweiterung der Bannmeile um Schulen wäre ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Der Verkauf an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren muß unterbunden werden. Rauchen ist auch ein soziales Problem: Aufklärung und Prävention müssen daher das oberste Ziel einer Kampagne zur Vermeidung risikoschädlichen Verhaltens sein. Wir brauchen zielgruppenspezifische Präventionsansätze, die diese Menschen befähigen, mehr Verantwortung für sich und ihre Kinder zu übernehmen und die Risiken zu erkennen, die sie mit dem Rauchen auch anderen zumuten. Entsprechende Ansätze der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung müssen verstärkt vorangetrieben werden. Die Bestrebungen, das Rauchen einzudämmen, sollten dabei auch in den Gesamtkontext allgemeiner Gesundheitsförderung eingebunden werden. Der nachgewiesene Zusammenhang von Bildungsstand (sozioökonomischer Status) und Rauchgewohnheiten muß in der Schule und auch schon im Elternhaus aufgegriffen und zum Gegenstand des Unterrichts und in den Mitwirkungsgremien gemacht werden. Selbstverpflichtungen wie die Zielvereinbarungen des DEHOGA (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) mit dem Bundesministerium für Gesundheit finden unsere Unterstützung. Sie sind ein guter Weg, einen Ausgleich zu schaffen, der die gesellschaftliche Entwicklung aufnimmt und prägt. Sollten die abschließenden Ergebnisse allerdings erkennen lassen, daß die Selbstverpflichtung nicht eingehalten wird, müssten weitergehende Maßnahmen erwogen werden. Gastwirte sollten aufgefordert werden, „rauchfrei“ als Qualitätsmerkmal ihres Angebotes und als Wettbewerbsfaktor zu erkennen und verstärkt einzusetzen. Zudem müssen die technischen Möglichkeiten des Nichtraucherschutzes besser genutzt werden. Die derzeitige Situation führt allerdings dazu, daß die Gastwirte aufgrund der Unsicherheit, wie weitgehend Rauchverbote zukünftig erlassen werden - trotz ihrer grundsätzlichen Bereitschaft hierzu - zurzeit nicht in Lüftungssysteme investieren. Die bei der Fußballweltmeisterschaft eingesetzte Kampagne über die Multimediawände „Bitte nicht rauchen“ sollte in den Bundesligastadien fortgesetzt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Dr.Wolfgang Gerhardt