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Frage von Thomas W. •

Frage an Walter Kolbow von Thomas W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kolbow,

Ich würde gerne Wissen was Sie von der geplanten Vorratsdatenspeicherung halten.

Außerdem bitte ich Sie am 9. November 2007 gegen die Vorratsdatenspeicherung zu stimmen, mein Argument dazu:

Missbrauchs- und Irrtumsrisiko

Telekommunikationsdaten hätten einerseits eine sehr hohe Aussagekraft und erlaubten Rückschlüsse über die gesamte Lebenssituation der Betroffenen, seien andererseits aber nicht eindeutig einer Person zuzuordnen. Deshalb entfalteten die Daten einerseits eine große Anziehungskraft auf Personen, die ihren Missbrauch beabsichtigen, könnten andererseits aber auch zu falschen Verdächtigungen führen. Auf Seiten des Staates sei eine Nutzung der Daten zum Vorgehen gegen politische Gegner und staatskritische oder sonst unliebsame Organisationen und Personen zu befürchten. Auch die Nutzung zur Wirtschaftsspionage durch ausländische Staaten sei zu befürchten. Ferner drohe ein Missbrauch durch Private, etwa durch kriminelle Erpresser oder Sensationsjournalisten. Ein Beschluss der Bundesregierung vom 28.09.2007 ist bekannt geworden, wonach Deutschland dem „Übereinkommen des Europarats über Computerkriminalität“ beitreten soll. Dieser Beitritt würde 52 Staaten in Europa und weltweit den Zugriff auf die ab 2008 in Deutschland zu speichernden Vorratsdaten eröffnen – nicht nur zur Verfolgung von Computerstraftaten, sondern jeglicher im Ausland mit Strafe bedrohter Handlung.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Vorratsdatenspeicherung

MfG
Thomas Weber

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Weber,

wir Abgeordneten erhalten seit Wochen zahlreiche Schreiben von Bürgerinnen und Bürgern, die uns ihre Sorgen hinsichtlich des Regierungsentwurfs zur Reform der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur sog. Vorratsdatenspeicherung schildern. Ich habe dies zum Anlass genommen – wie übrigens alle Mitglieder meiner Fraktion -, den Gesetzentwurf besonders sorgfältig zu prüfen.

Der genannten EU-Richtlinie hat Deutschland erst zugestimmt, nachdem es gegen den Widerstand vieler anderer Mitgliedsstaaten gelungen war, die Mindestspeicherungsdauer auf 6 Monate zu beschränken. Geplant waren 36 Monate. Vielfach werden bereits heute von den Telekommunikationsunternehmen Daten für geschäftliche Zwecke (z.B. Rechnungserstellung) zwischen 3 und 6 Monaten gespeichert. Neu ist, dass die Unternehmen künftig nicht nur speichern dürfen, sondern entsprechend der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für 6 Monate speichern müssen, damit eine effektive Strafverfolgung gewährleistet ist.

Wir haben bei dem Gesetz einerseits im Auge behalten, dass der Staat für unsere Sicherheit zu sorgen hat und daher die berechtigten Strafverfolgungsinteressen des Staates angemessen berücksichtigt werden müssen. Andererseits greifen verdeckte Ermittlungsmaßnahmen aber regelmäßig in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger ein, so dass für ihre Anordnung strenge Voraussetzungen gelten und der Rechtsschutz wirksam ausgestaltet sein müssen. Deshalb haben wir das Telekommunikationsüberwachungsrecht weiter rechtsstaatlich eingegrenzt. Dadurch liegen die Hürden für die Durchführung einer Telekommunikationsüberwachung in Zukunft noch höher als jetzt. Dabei gilt wie bisher, dass sie – wie künftig bei jeder eingriffsintensiven verdeckten Ermittlungsmaßnahme auch – grundsätzlich nur durch einen Richter angeordnet werden darf.

Die wegen der Umsetzung künftig zu speichernden Daten sind im Wesentlichen die Verkehrsdaten, die von den Telekommunikationsunternehmen schon heute üblicherweise zu Abrechnungszwecken gespeichert werden. Das sind insbesondere die genutzten Rufnummern und Kennungen sowie Uhrzeit und Datum der Verbindungen. Neu hinzu kommt nur, dass bei der Mobilfunktelefonie auch der Standort (Funkzelle) bei Beginn der Mobilfunkverbindung gespeichert wird. Daten, die Aufschluss über den Inhalt der Kommunikation geben, dürfen dagegen nicht gespeichert werden.

Die Daten werden – wie bisher – nur bei den TK-Unternehmen gespeichert. Wie bisher können Polizei und Staatsanwaltschaft grundsätzlich nur dann auf die Daten zugreifen, wenn dies zuvor durch einen richterlichen Beschluss erlaubt wurde. In diesem Beschluss legt der Richter genau fest, welche Daten das Unternehmen aus seinem Bestand herausfiltern und den Strafverfolgungsbehörden übermitteln muss.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat in den parlamentarischen Beratungen zu diesem Gesetz dafür Sorge getragen, dass der Einsatz verdeckter Ermittlungsmaßnahmen zum Zweck der Kriminalitätsbekämpfung und dem Schutz vor schweren Straftaten mit hohen, grundrechtssichernden Schwellen verknüpft ist, so dass das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit gewahrt bleibt.

Meiner Entscheidung, am vergangenen Freitag dem Gesetzentwurf TKÜ im Deutschen Bundestag zuzustimmen, ging eine Abwägung zwischen der Notwendigkeit einer Stabilisierung der Sicherheitslage, die die rasante Entwicklung der Telekommunikation berücksichtigt, und der Bewahrung verfassungsrechtlich geschützter Freiheitsrechte, die das Recht auf informationelle Selbstbestimmung umfassen, voraus. Sicherheit darf nicht den Vorrang vor Freiheit genießen, sonst stünde die Freiheit auf dem Spiel. Ausschlaggebend war für mich aber, dass es den Rechtspolitikern meiner Fraktion gelungen ist, hohe Hürden für den möglichen Eingriff in den Gesetzentwurf einzubringen, die die Rechtsstaatlichkeit gewähren. Dies gab letztlich den Ausschlag für meine Zustimmung.

Mit freundlichen Grüßen
Walter Kolbow