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Volker Vödisch
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Frage von U. M. •

Frage an Volker Vödisch von U. M. bezüglich Bildung und Erziehung

Ich rechne nicht mit einer Beteiligung der Linken an der nächsten Hamburger Landesregierung. Aus der Rolle der Opposition ist es leicht, Ziele aufzustellen, die dann nicht umgesetzt zu werden brauchen. Eine Frage beispielhaft: Wie stellen Sie sich vor (aus der Rolle der Opposition) dafür eintreten zu können, dass im Bildungsbereich für uns Lehrer die Pflichtstundenzahl auf 20 und die Klassenhöchstfrequenz auf 25 Schüler gesenkt wird, so dass wir uns wieder intensiver um die einzelnen Schüler kümmern können, was wohl von hoher gesellschaftlicher Bedeutung wäre?

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr M.,

es ist tatsächlich von hoher gesellschaftlicher Bedeutung, die Schülerinnen und Schüler intensiver zu betreuen und zu fördern, als es heute geschieht. Im Jahr 2005 verließen 13,6% der Altonaer Schülerinnen und Schüler die Schule, ohne einen Abschluss zu erlangen. Allein 26,9% der Jugendlichen mit einer familiären Migrationsgeschichte blieben ohne Schulabschluss. Es handelte sich dabei vornehmlich um Kinder aus Armutsfamilien. Deshalb streitet die Linke.Altona für einen grundlegenden Umbau des Bildungswesens.

Wir treten für eine Schule für Alle ein, in der alle Kinder von der ersten bis zur zehnten Klasse gemeinsam lernen. Hier sollen Kinder mit ihren unterschiedlichen individuellen Leistungsvoraussetzungen, Fähigkeiten, sprachlichen Fertigkeiten, kulturellen und familiären Hintergründen mit Hilfe eines integrativen Ansatzes in kleinen Klassen und Lerngruppen gezielt gefördert werden. Diese Schulform setzt auf die Herstellung von Chancengleichheit durch gemeinschaftliches Lernen sowie durch individuelle Förderung und bietet den Kindern gleichzeitig einen stabilen sozialen Rahmen.

Die Klassengrößen dürfen unserer Meinung nach die Zahl von 25 Schülerinnen und Schülern nicht überschreiten. Die Schülerzahl soll in Stadtteilen mit einer hohen Zahl von MigrantInnen und Arbeitslosen höchstens 20 betragen. Die integrative Förderung setzt mehr Lehrpersonal und eine erhöhte Zahl von SozialpädagogInnen, DiplompädagogInnen und TherapeutInnen insbesondere in den Stadtteilen mit verfestigter Armut voraus.

Um eine qualitativ verbesserte Lehrtätigkeit und eine erfolgreiche pädagogische Betreuung zu erzielen, muss der Belastungsdruck auf die Lehrerinnen und Lehrer gesenkt werden. Die Unterrichtsverpflichtung der LehrerInnen soll unserem Konzept nach schrittweise auf 23, dann auf 20 Lehrerwochenstunden abgesenkt werden. Das Vorhaben würde zusätzlich 3.000 Lehrerplanstellen erfordern. An die Schule für Alle soll unserer Vorstellung nach eine doppelqualifizierende Kollegschule mit den Klassen 11 bis 13 anschließen, die zu einer Studienbefähigung und zu einer anerkannten Berufsausbildung führen wird. Ob diese Schulform schrittweise, mit Hilfe von Pilotprojekten oder Bezirk für Bezirk eingeführt werden sollte, muss mit den Betroffenen beraten und vereinbart werden.

Das Konzept der Schule für Alle ist demokratischer und weitergehender als die Vorschläge der anderen Parteien und es beseitigt die benachteiligende, entwicklungshemmende Vielgliedrigkeit des heutigen Schulsystems. Wir werden uns als Oppositionspartei für die Idee und für die Einführung der Schule für Alle einsetzen. Eine Regierungsbeteiligung schließen wir selbst wie die anderen Parteien kategorisch aus. Armut, Arbeitslosigkeit, den erschreckenden Abbau von Arbeits- und Tarifrechten sowie die Bildungs- und Ausbildungsmisere haben im Bund wie im Bundesland Hamburg auch die Parteien CDU, SPD und die Grünen bzw. die GAL zu verantworten. Das ist für die Linke. Hamburg keine Basis für eine Koalitionsbeteiligung oder für die Tolerierung eines sogenannten rot-grünen Senats.

Der in Ihrer Frage eingeschlossene Vorwurf, Die Linke. könne in der Opposition locker hehre Ziele entwickeln, deren Tauglichkeit und Umsetzbarkeit sie nicht beweisen müsse, weil sie schließlich nicht mitregieren würde, mag berechtigt erscheinen, ist jedoch unzutreffend. Wir haben ein gutes Konzept vorgelegt und die Schule für Alle werden wir in der Bürgerschaft wie in den Bezirksversammlungen zum Thema machen. Wir wollen eine konstruktive Auseinandersetzung mit diesem Bildungskonzept und genau das erwarten unsere Wählerinnen und Wähler ebenso wie wir es von uns selbst erwarten.

Wir überschätzen sicherlich nicht unsere Gestaltungs- und Umsetzungsmöglichkeiten in den Parlamenten und Ausschüssen. Deshalb setzen wir auch auf außerparlamentarische Initiativen und Aktivitäten und werden selbst ein aktiver Bestandteil von demokratischen Bewegungen sein und bleiben. Wir unterstützen deshalb entschieden die Volksinitiative „Eine Schule für Alle“, werben auf der Straße sowie bei Veranstaltungen für diese Schulform und laden alle interessierten Menschen ein, das Konzept gemeinsam mit uns weiterzuentwickeln und politisch durchzusetzen.

Falls Sie mehr über die Schule für Alle wissen möchten, Herr Matznick, bitte ich Sie, sich einmal mit der Arbeitsgemeinschaft Bildungspolitik der Partei Die Linke.Hamburg in Verbindung zu setzen. Den Kontakt können Sie mit Herrn Henning Feige (Mail: ag-bip@die-linke-hh.de ) aufnehmen. Selbstverständlich können Sie auch an den Treffen teilnehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Volker Vödisch, Die Linke.Altona