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Frage von Tim G. •

Frage an Ute Vogt von Tim G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Vogt,
ich hätte ein paar Fragen an Sie als innenpolitische Sprecherin betreffend Einreise: Auf welcher Rechtsgrundlage werden derzeit Kontakte zwischen Familienaghörigen in gerader Linie, also zum Beispiel Eltern mit ihren Erwachsenen Kindern und Enkeln, eingschränkt, wenn der Angehörige aus dem Ausland (ohne EU) kommt? Solche Besuche wären innerhalb Deutschlands doch erlaubt. Warum sollen sie dann grenzüberschreitend verboten sein?
Ich habe dazu bislang lediglich eine Empfehlung des Rates der EU gefunden, wonach Einreisen zu familiären Zwecken nur aus wichtigen Gründen zu erlauben sein sollen. Während gleichzeitig Erntehelfer von außerhalb der Union einreisen dürfen.
Wenn man dieser Empfehlung folgt, bedarf es dann nach Art. 8 EMRK nicht einer gesetzlichen Grundlage für diese Einschränkungen und wo findet sich diese? Ich habe keine finden können. Möglicher Weise habe ich etwas übersehen?
Im Infektionsschutzgesetz finden sich Verordnungeermächtigungen für die Länder und den Bundesgesundheitsminister. Ermächtigugen für die Minister des Inneren und der Auswärtigen Angegelegenheiten, im Verordnungswege Einreisen aus familiären Gründen über die allgemeinen Kontaktbeschränkungen hinaus zu beschränken, und den betroffenen keine Visa zu erteilen, habe ich nicht finden können. Ganz abgesehen davon, dass man Gesetze per Vordnung nicht ändern kann.
Warum werden also familiäre Kontakte über die bereits geltenden Beschränkungen hinaus verhindert? Und warum wird das Impfgeschehen in den Herkunftsländern nicht berücksichtigt? Warum ist es erlaubt, zu touristischen Zwecken nach Malle zu fliegen, aber engste Angehörige wie die Eltern oder Großeltern dürfen trotz Impfung und Tests nicht zu Besuch kommen, wenn sie im Ausland leben? Können Sie das vor dem Hintergrund, dass das Familienleben einen höheren Schutz nach Art. 8 EMRK und Art. 6 GG genießt, als Tourismus und Geschäftsreisen, erklären? Und können Sie etwas unternehmen, dasss sich das bessert?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Gerber,

danke für Ihre Fragen.

Rechtsverordnungen sind Regelungen, die nicht vom Bundestag verabschiedet, sondern von der Bundesregierung, einem Bundesministerium oder einer Landesregierung erlassen werden. Die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen muss in einem Gesetz verankert sein. Zweck und Ausmaß der Rechtsverordnung bestimmt das ermächtigende Gesetz.

Die rechtliche Grundlage für die Maßnahmen und Einschränkungen während der Corona-Pandemie ist das Infektionsschutzgesetz. Das Gesetz wurde mehrfach geändert und ergänzt, zuletzt durch das „Gesetz zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen“. Die Eingriffsmöglichkeiten von Bund, Ländern und Behörden sind an das Bestehen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite geknüpft. Konkretisiert wird das Gesetz durch Rechtsverordnungen.

So regelt zum Beispiel die Coronavirus-Einreiseverordnung die Anmelde-, Test- und Nachweispflichten für Einreisende aus einem Risiko-, Hochinzidenz- oder Virusvarianten-Gebiet. Mit der Coronavirus-Schutzverordnung soll die Ausbreitung von neuartigen und gefährlicheren Varianten des Virus verhindert werden. Die Bundesregierung hat mit dieser Rechtsverordnung ein Beförderungsverbot für Einreisende aus sogenannten Virusvarianten-Gebieten verhängt. Bei den Einreisebeschränkungen gibt es nur sehr eng begrenzte Ausnahmen.

Ob es pandemiebedingte Einschränkungen gibt, hängt von der Risikoeinstufung des Landes ab, aus dem man einreisen will. Die Einstufung als Risikogebiet erfolgt durch das Robert-Koch-Institut nach gemeinsamer Analyse und Entscheidung durch das Bundesministerium für Gesundheit, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Mallorca wurde kürzlich von dieser Liste der Risikogebiete gestrichen, daher gilt der reguläre EU-Reiseverkehr. Hier finden Sie weitere Informationen zu den die Einreisebestimmungen: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/faqs/DE/themen/bevoelkerungsschutz/coronavirus/coronavirus-faqs.html#doc13738352bodyText3

Vor diesem Hintergrund gelten leider entsprechende Einreise- und Beförderungsbeschränkungen, die in der Tat teilweise schwer zu vermitteln sind. Reisebeschränkungen sind eine Maßnahme, um die Ausbereitung des Corona-Virus zu bekämpfen, die nur in Ausnahmefällen überhaupt angewendet werden sollte. Wo sie stattfinden, müssen sie stets verhältnismäßig sein. Es geht nicht an, dass bei den Einreise- und Beförderungsbeschränkungen aus Virusvarianten-Gebieten wiederum binationale Familien und Paare – ob verheiratet oder nicht – die Leidtragenden sind.

Ich habe daher gemeinsam mit meinem Kollegen Dirk Wiese bereits von Minister Seehofer eine Änderung der Einreisemöglichkeiten zugunsten binationaler unverheirateter und verheirateter Paare eingefordert. Seine Antwort auf unser Schreiben war leider negativ. Wir bleiben aber dran und werden uns auch weiterhin für binationale Paare einsetzen.

Es ist richtig, sich um die Vereinbarkeit der Maßnahmen mit unseren Grund- und Bürgerrechten Gedanken zu machen. Die Grundrechtseingriffe gilt es abzuwägen gegenüber dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und eben damit verbunden einer Schutzpflicht des Staates. Gerade weil die Einschränkungen massiv sind, müssen dort, wo immer es möglich ist, Voraussetzungen für eine möglichst zeitnahe verantwortbare Lockerung geschaffen werden.

Bei aller berechtigten Sorge; wir leben in einem Rechtsstaat, in dem die Einschränkungen der Grundrechte selbstverständlich auch wieder aufgehoben werden. Teilweise ist dies ja auch bereits erfolgt. Im Nachgang wird auf jeden Fall auch zu überprüfen sein, ob die Eingriffe, vor allem wenn sie länger andauern, wirklich allein aufgrund von Verordnungen durch die Länder erfolgen dürfen. Ich meine Nein und plädiere für die Schaffung von mehr Rechtsgrundlagen per Gesetz.

Herzliche Grüße
Ute Vogt