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Ulrike Höfken-Deipenbrock
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von CHRISTINA G. •

Frage an Ulrike Höfken-Deipenbrock von CHRISTINA G. bezüglich Soziale Sicherung

Inwiefern wurde in Ihrer Fraktion das Thema " Bedingungsloses Grundeinkommen " debattiert?
Zu welchen Erkenntnissen sind Sie dabei gekommen und in wiefern setzt sich Ihre Partei dafür ein?

MfG C.G.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Gertz,

Sozialpolitik ist ein großes Thema für unsere Partei, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. Wir brauchen dringend eine gerechtere Teilhabe und dafür auch eine ausreichende finanzielle Grundlage. Daher ist es gut, dass die Diskussion um Lösungswege wie „bedingungsloses Grundeinkommen“ (BGE) endlich stattfindet. Auch ich habe in meinem Wahlkreis in Bitburg, in Mainz und in Berlin die Diskussion mit geführt. In der Überprüfung der verschiedenen Modelle sind nicht nur meine Zweifel an der Umsetzbarkeit - sprich Finanzierung - erheblich gestiegen, sondern auch an der Übereinstimmung mit den sozialen Zielen, für die wir Grünen jahrzehntelang eingetreten sind.

Die Gefahr ist, dass das BGE von Neoliberalen und führenden Wirtschaftsbossen missbraucht wird. Der Staat könnte damit aller Verantwortung für die Sozialpolitik beraubt werden. Sämtliche finanzielle Kapazitäten, die heute in die soziale Infrastruktur - von der Früh-, Behinderten- und Altenförderung, bis zu Prävention, Weiterbildung, Jugendzentren, Integrationsprogramme - fließen, würden durch die Auszahlung eines Grundeinkommens mehr als aufgesogen. Während sozial und finanziell schwach gestellte Menschen mit ein paar hundert Euro sich selbst überlassen werden, könnten diejenigen mit gehobenem Bildungshintergrund das ihnen zufließende BGE sehr wohl nutzen, um sich selbst positiv zu verwirklichen. Das Kalkül der Wirtschaft: die (leistungs-) schwachen Bedürftigen belasten die Entwicklungen der Leistungsträger in der Gesellschaft dann nicht mehr. Auch die Grundannahme des Modells, es gäbe keine Arbeit, kann so nicht stehen gelassen werden. Dies wird unter anderem an aktuell über 6 Millionen bezahlten Vollzeitjobs, die in der Schwarzarbeit geleistet werden, deutlich. Es sind vorrangig andere Konzepte gefragt, wie die „Umwandlung“ von Schwarzarbeit, Grundsicherung und Verbesserung der Situation heutiger Transferleistungsempfänger, Bürgerversicherung, Mindestlöhne, Entlastung von Geringverdienern, Arbeitszeitanpassungen, Bekämpfung von Sozial-Dumping. Politische Ansatzpunkte und Lösungsvorschläge von Seiten der Grünen gibt es hier zu genüge. Essentiell ist auch die Unterstützung zukunftsfähiger Wirtschaftsfelder, etwa auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien.

Die Gefahr eines „bedingungslosen Grundeinkommen“ liegt darin, dass damit weit weg von Realitäten, ungewollt neoliberale Ideen geadelt werden, die mit einer sozialen Gerechtigkeit nicht in Einklang zu bringen sind. Alle Modelle, auch die Sockelmodelle, können den Bedürftigen Unterstützung entziehen und riesige Finanzmengen von unten nach oben verlagern.

Wir haben deshalb auf dem Bundesparteitag in Nürnberg, der vom 23.11 bis 25.11.2007 stattfand, umfangreiche Vorschläge beschlossen, die zu einer deutlich verbesserten Situation sozial Schwacher führen sollen und Gerechtigkeit schaffen. Ausführliche Informationen erhalten Sie unter http://www.gruene.de/cms/themen/dok/207/207448.beschluss_zur_sozialen_sicherung_gefasst.htm

Wir wollen die die begonnene Sozialdebatte weiterzuführen und mit bundes-, landes- und kommunalpolitischen Handlungsfeldern verknüpfen.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrike Höfken