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Ulrich Stockmann
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Frage von Sieglinde L. •

Frage an Ulrich Stockmann von Sieglinde L. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Stockmann,

zuerst möchte ich Ihnen für die Wahl viel Erfolg wünschen. Dann möchte ich Ihnen versichern, dass ich mich des Vandalismus in unserer Stadt schäme, weil Ihre Wahlplakate z.T. abgerissen wurden.

Mein Hauptanliegen ist aber, dass sich der Europarat stark machen möchte, um die unsinnige Sommerzeit abzuschaffen.

Sehen Sie da eine Möglichkeit?

In der Hoffnung, dass Sie sich dafür einsetzen würden, verbleibe ich mit besten Grüssen Sieglinde Lichtenfeld

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Lichtenfeld,

vielen für Ihren Zuspruch und ihre guten Wünsche zur Europawahl.

Wie Sie in Ihrer Anfrage zutreffend bemerken, ist die Sommerzeitregelung nicht unumstritten. Laut einer kalifornischen Studie aus dem Jahre 2008[1] und Untersuchungen des Umweltbundesamtes[2] hat die Einführung der Sommerzeit nicht zu dem gewünschten Effekt geführt, den Energieverbrauch sowie den damit verbundenen Ausstoß von Emissionen zu reduzieren. Vor diesem Hintergrund ist auch der enorme technische Aufwand, der beim Umstellen der Uhrzeit entsteht, in Frage gestellt worden.

Die Europäische Kommission hat ebenfalls eine eingehende Prüfung der Auswirkungen der Sommerzeit in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vorgenommen[3]. Hierzu ist durch einen unabhängigen Berater eine Studie durchgeführt worden. Der Berater hatte den Auftrag, die verschiedenen zum Thema bereits vorhandenen gemeinschaftsweiten und nationalen Studien zu berücksichtigen und Befragungen von Sachverständigen und interessierten Kreisen der betroffenen Bereiche sowie der Mitgliedstaaten durchzuführen, um seine Schlussfolgerungen daraus zu ziehen und entsprechende Empfehlungen vorzulegen. Die wichtigsten Schlussfolgerungen, die sich für die Kommission aus dieser Studie ergaben lassen sich wie folgt zusammenfassen:

a) Mehr als 20 Jahre nach der Verabschiedung der ersten Richtlinie zur Einführung einer harmonisierten Sommerzeit innerhalb der EU haben die Wirtschaftssektoren, die als am stärksten davon betroffen gelten, wie Landwirtschaft, Fremdenverkehr und Verkehr, die Sommerzeit in ihre Aktivitäten integriert und stellen deren Existenz nicht mehr in Frage.

b) Im Verkehrssektor konnten durch die vollständige Harmonisierung der Sommerzeit die großen Probleme, die es in der Vergangenheit gab, ausgeräumt werden.

c) Die Sommerzeit begünstigt alle möglichen Freizeitbeschäftigungen am Abend, da diese nun bei Tageslicht ausgeübt werden können.

d) Angesichts widersprüchlicher Studien lassen sich keine eindeutigen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Auswirkungen der Sommerzeit auf die Umwelt ziehen. Diese Feststellung gilt insbesondere für die Frage, ob die Sommerzeit, verglichen mit einer Situation ohne Zeitumstellung, die Ozonbildung begünstigt oder verringert.

e) Die Sommerzeit ermöglicht Energieeinsparungen, da am Abend, wenn es länger hell ist, weniger Strom für Licht benötigt wird. Allerdings verringern sich diese Einsparungen aufgrund des erhöhten Heizungsbedarfs am Morgen nach der Zeitumstellung und des zusätzlichen Kraftstoffverbrauchs durch das möglicherweise größere Verkehrsaufkommen am Abend, wenn es länger hell ist. Auch sind die tatsächlich erzielten Einsparungen schwer zu bestimmen und fallen allenfalls gering aus.

f) Die möglichen Auswirkungen der Sommerzeit auf die Gesundheit hängen überwiegend mit der Tatsache zusammen, dass der Körper sich an die Zeitumstellung im April und im Oktober anpassen muss. Bei dem gegenwärtigen Stand der Forschungen und dem heutigen Wissensstand geht man davon aus, dass die meisten Störungen von kurzer Dauer sind und keine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen.

g) Hinsichtlich der Verkehrssicherheit stellt sich die Frage, inwieweit sich die längere Dunkelheit am Morgen, vor allem im Frühjahr und im Herbst, und die längere Helligkeit am Abend auf die Zahl der Verkehrsunfälle auswirken. Da hierzu die Datenlage nicht ausreicht und auch andere Faktoren, wie das Wetter, eine Rolle spielen, lässt sich keine eindeutige Kausalität zwischen der Sommerzeit und der Zahl der Unfälle feststellen.

Die Europäische Kommission hat die Mitgliedstaaten aufgefordert, zur Sommerzeit Stellung zu nehmen. Das Ergebnis sieht wie folgt aus: 25 der 27 Mitgliedstaaten haben der Kommission ihre Kommentare zur Auswirkung der Sommerzeit in ihrem Land übermittelt. Die Beiträge der Mitgliedstaaten lassen sich wie folgt zusammenfassen: Keiner der Mitgliedstaaten fordert eine Änderung der geltenden Regelung. Die Mitgliedstaaten unterstreichen insbesondere im Hinblick auf den Verkehrssektor mehrheitlich die Bedeutung einer aufeinander abgestimmten Sommerzeit in der EU.

Vor dem Hintergrund widersprüchlicher Untersuchungen zum Nutzen der Sommerzeitregelungen und dem Konsens unter den Mitgliedstaaten, die bestehenden Regelungen beibehalten zu wollen, ist ein Tätigwerden des Parlamentes weder zu erwarten noch sinnvoll. Falls zweifelsfreie wissenschaftliche Untersuchungen vorliegen, die eine Abschaffung der Sommerzeitregelungen befürworten, wäre es die Aufgabe der Mitgliedstaaten, auf ein legislatives Tätigwerden der Kommission hinzuwirken. Die Kommission würde dann erneut einen Vorschlag unterbreiten, der sowohl dem Parlament als auch dem Rat vorgelegt würde.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen weitergeholfen zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Ulrich Stockmann

[1] Matthew Kotchen / Laura Grant: Does Daylight Saving Time Save Energy?, Santa Babara, 2008

[2] siehe Handelsblatt vom 27. März 2008

[3] KOM(2007) 739 endgültig