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Frage von Christian H. •

Frage an Ulla Schmidt von Christian H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Schmidt!

Ich habe seit langem schon ein Verständnisproblem bzgl. unseres Krankenkassensystems. Seit den 90iger Jahren gibt es die privaten Krankenkassen. Dies macht aber doch das eigentlich soziale System der gesetzlichen Krankenkassen kaputt. Die besser Verdienenden sollen mehr zahlen um die weniger Verdienenden die sich ein große Operation nicht leisten könnten zu finanzieren. Nun sind aber alle besser Verdienende in privaten Krankenkassen und das Geld fehlt den öffentlichen. Aus der Not mußten die gesetzlichen Krankenkassen immer mehr Leistungen streichen (kostenlose Medikamente, Zahnbehandlung, Arztbesuch ist schon lange her) während die privat Versicherten bevorzugt behandelt werden. Warum? Warum lässt man private Krankenkassen zu? Was hat dies für einen Sinn? Die Lohnnebenkosten senken schön und gut, aber doch nicht auf Kosten einer 2 Klassen Krankenbehandlung.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Henke

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Henke,

die Wahlmöglichkeit zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung für Einkommen jenseits der Versichertenpflichtgrenze wird von vielen als ungerecht empfunden, weil sich Gutverdienende der Solidarität entziehen können. Dies ist einer der Gründe, warum die gesetzliche Krankenversicherung weiterentwickelt werden muss. Ein anderer Grund ist die derzeit bestehende, fast ausschließliche Koppelung der Finanzierung an die Löhne und Gehälter. Denn sie berücksichtigt die Veränderungen der Arbeitswelt nicht angemessen.

Deshalb will die SPD die Krankenversicherung zu einer Bürgerversicherung weiterentwickeln. In die Bürgerversicherung zahlen alle ihrer Leistungsfähigkeit entsprechend ein. Im Gegenzug werden alle mit dem medizinisch Notwendigen auf der Höhe des medizinischen Fortschritts versorgt.

Mit dieser Bürgerversicherung sollen fünf grundlegende Prinzipien verwirklicht werden:

1. Jede und jeder muss versichert sein. Auch Beamte, Selbständige und nicht zuletzt Gutverdiener sollen in die solidarische Krankenversicherung einbezogen werden. Gerade die so genannten "guten Risiken" - also jüngere, gesündere, finanzkräftigere Menschen - dürfen sich nicht aus der gemeinschaftlichen Verantwortung für die gesetzliche Krankenversicherung verabschieden. Allein zwischen 2000 und 2003 verließen 800.000 Versicherte die gesetzliche Krankenversicherung und wechselten in die private Krankenversicherung. Ihre Beiträge fehlen den Kassen.
2. Die beitragsfreie Familienmitversicherung soll erhalten bleiben. Damit sind wie bisher die Familienmitglieder ohne eigenes Einkommen in der Krankenversicherung mitversichert.
3. Jede und jeder soll entsprechend seiner (oder ihrer) Leistungsfähigkeit zahlen. Das heißt, dass nicht mehr nur Arbeitseinkommen herangezogen werden sollen, sondern auch andere Einkünfte, insbesondere Kapitaleinkommen.
4. Bei den Erwerbseinkommen will die Bürgerversicherung an der bewährten paritätischen Finanzierung festhalten. Somit bleiben auch die Arbeitgeber an der Gesundheit ihrer Beschäftigten interessiert und für sie verantwortlich.
5. Die Bürgerversicherung will mehr Wettbewerb im Gesundheitssystem schaffen. In der Bürgerversicherung sollen alle Bürger zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung wählen können. Jede Kasse, ob gesetzlich oder privat, wirksam.

Die Bürgerversicherung macht endlich Schluss mit dem alten Zopf der Trennung von gesetzlicher und privater Versicherung. Sie schafft auf einfache Weise mehr Freiheit: Jeder, ob krank oder gesund, jung oder alt, kann wählen, wo er versichert sein möchte.

Im Gegensatz dazu steht das so genannte Kopfpauschalenmodell der Unionsparteien: Alle in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Erwachsenen sollen künftig eine Prämie an die Krankenkassen als "persönliche Gesundheitsprämie" bezahlen. Die Arbeitgeberbeiträge werden eingefroren.

Dieses Modell zementiert die Trennung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung und damit die Möglichkeit des Ausstiegs von Gutverdienern aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Versicherte mit geringem Einkommen werden relativ höher belastet als die Gutverdiener. Das Unionskonzept macht viele bislang nicht auf Hilfe des Staates angewiesene Menschen, insbesondere Rentnerinnen und Rentner, von staatlichen Leistungen abhängig. Es ist zugleich angesichts einer Finanzierungslücke von insgesamt knapp 26 Mrd. Euro nicht finanziert. Mit einer Pauschale in Höhe von 109 Euro pro Versichertem zuzüglich des Arbeitgeberanteils von 6,5 % des Lohnes lässt sich das derzeitige Leistungsvolumen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht finanzieren. Hinzu kommen fehlende Milliardenbeträge, die für den sozialen Ausgleich aufgebracht werden müssen. Wenn die Union ehrlich wäre, müsste sie den Menschen sagen, dass Zahnersatz, Krankengeld und Satzungsleistungen wie Eltern-Kind-Kuren künftig privat abgesichert werden müssen. Das mag für Gutverdiener verkraftbar sein. Für viele Millionen Menschen in Deutschland aber ist das ein Unglück.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Ulla Schmidt