Portrait von Thomas Nord
Thomas Nord
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Thomas Nord zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Reinhard G. •

Frage an Thomas Nord von Reinhard G. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Nord,

laut einer Studie des Ifo-Institutes ( http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/Studien/dimensionen-auswirkungen-freihandelsabkommens-zwischen-eu-usa,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf Seite 74 und 75)soll es Ziel von TTIP sein, die Exporte aus Deutschland in die USA und umgekehrt aus den USA nach Deutschland um bis zu 94 % zu erhöhen. Diese Studie sagt auch, dass die deutschen Exporte in andere europäische Länder durch TTIP stark sinken werden. Würde nicht ebenfalls der Binnenhandel in Deutschland unwiderruflich zugunsten des transatlantischen Handels sinken?

Welchen Einfluss hätte dass auf die Klima-Ziele der Bundesregierung und der EU? In welchem Umfang würden sich durch die größeren Transportwege höhere CO2 Emissionen ergeben? Wäre es nicht viel besser für die Umwelt, den regionalen Handel zu fördern? Das wäre nach Abschluss von TTIP, CETA, oder TISA nicht mehr möglich. Jede Förderung des regionalen Binnenhandels würde dann als "nichttarifäres Handelshemmnis” für den Transatlantischen Handel diskriminiert. Ein verstärkter Handel EU-USA ginge auch zu Lasten der armen Länder. Sie werden schon jetzt durch Handelsabkommen benachteiligt: Afrikanische Länder müssen zum Beispiel Ihren Markt für deutsche Schlachtabfälle offen halten. In Folge haben dort einheimische Fleischproduzenten keine Chance. Die Transportwege sind wieder groß - das gentechnisch veränderte Futtermittel für deutsches Fleisch kommt aus Südamerika.

Was würde passieren, wenn Europa (vor den USA) in eine Wirtschafts- oder Währungskrise kommt? Würde es nicht dann nach Abschluss der Freihandelsabkommen zu einem Ausverkauf der Europäischen Wirtschaft kommen? Sind für diesen Fall Schutzzölle oder andere Schutzmaßnahmen, wie zum Beispiel eine Begrenzung der Beteiligung von US-Firmen an der europäischen Wirtschaft vorgesehen? Könnte Europa nicht ähnliches passieren, wie einigen Schwellenländern, die fest in der Hand von externen Konzern sind?

Portrait von Thomas Nord
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Großmann,

Churchill wird das Zitat zugeschrieben, traue niemals einer Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast. Für Studien könnte man analog sagen, schaue immer, wer sie in Auftrag gegeben und bezahlt hat, denn sie sind doch zumeist interessenorientiert und haben in manchen Fällen den Charakter einer notdürftig kaschierten Werbebroschüre. Insofern ist es immer gut, kritische Fragen zu stellen und besonders dann, wenn etwas besonders lautstark angepriesen wird, genau zu hinterfragen.

Der von Ihnen genannte Zusammenhang von Wachstum und dadurch wachsender ökologischer Belastung kann sicher nicht in Abrede gestellt werden, selbst, wenn die Transportschiffe noch einmal vergrößert werden und dann 25.000 Standardcontainer oder dergleichen Größenordnung fassen würden. DIE LINKE ist die einzige Fraktion im Bundestag, die TTIP konsequent kritisiert und ablehnt. Einer der konkreten Punkte sind die nicht tarifären Handelshemmnisse, die eben auch hohe Umwelt- oder Sozialstandards sein können. Detaillierte Antworten finden Sie unter: http://linksfraktion.de/ttip-stoppen/

Ein Ausverkauf der deutschen oder europäischen Wirtschaft ist eine der häufig ausgesprochenen Warnungen, doch es ist auch so, dass die Kapitalverflechtungen im Zuge der Globalisierungen so groß sind, dass die nationalen Charaktere der Wirtschaften heute nur noch eine veraltete und nicht mehr aktuelle Sicht repräsentieren. Diese bleibt allerdings aus einer der zentralen Fehlstellungen in der EU selber auf der Tagesordnung. Es wurde trotz aller berechtigter Kritik eine Wirtschafts- und Währungsunion beschlossen, aber eben keine politische. Durch die Euro-Krise ist aber ein starkes Bewusstsein dafür gewachsen, wie sehr Wirtschafts- und Währungsunion ein eigenes politisches Gewicht und ein eigenes ökonomisches und finanzielles Interesse entwickelt haben, demgegenüber die nationalstaatlichen Demokratien kaum mehr ein äquivalentes Gegengewicht aufbringen können.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Nord