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Susan Sziborra-Seidlitz
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Frage von Stefan D. •

Sie sagen, es existieren 42 Geschlechter. Können Sie mir das ein wenig erklären?

Sehr geehrter Frau Sziborra-Seidlitz,

In einer Landtagssitzung vom 11.Juli 2025 antworten Sie auf die Frage "Wieviele Geschlechter gibt es?" mit der Aussage "Es gibt 42 Geschlechter" (Quelle: https://www.instagram.com/reel/DL-HYAkoDxR/). Ich möchte das ausdrücklich nicht bewerten, aber: Da ich meine Aussage / Frage mit Quellen belege, möchte ich Sie gerne bitten, mir zu erklären, wie Sie denn auf diese Aussage kommen und wie heißen dann diese Geschlechter? Und ist es denn dann auch vorgesehen, dass es bei offiziellen Papieren, wie zum Beispiel dem Personalausweis, bei der Rubrik "Geschlecht" 42 Eintragsmöglichkeiten gibt?

Vorab vielen Dank für Ihre Antwort.

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Antwort von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Interesse an der Debatte um Geschlechtervielfalt. Gern möchte ich einige Hintergründe zu der zitierten Aussage erläutern.

Die von Ihnen genannte Formulierung „Es gibt 42 Geschlechter“ stammt nicht aus einer wissenschaftlichen oder amtlichen Einordnung, sondern war Teil einer ironischen Zuspitzung innerhalb einer laufenden Landtagsdebatte. Sie bezog sich auf eine satirische Übertreibung, die verdeutlichen sollte, wie verkürzt die Diskussion oft geführt wird, wenn komplexe gesellschaftliche und biologische Realitäten auf eine einfache Zahl reduziert werden. Die Zahl 42 ist eine bekannte Anspielung auf den Roman Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams, in dem sie augenzwinkernd als „Antwort auf alle Fragen des Universums“ bezeichnet wird. Ziel war es, eine absurde, bewusst verkürzte Frage mit einer ebenso absurden, aber nicht verletzenden Antwort zu begegnen.

Tatsächlich ist die wissenschaftliche Erkenntnislage längst differenzierter:

Biologisch betrachtet gibt es nicht nur zwei klar trennbare Geschlechter. Neben den typischen männlichen und weiblichen Geschlechtsmerkmalen existieren zahlreiche Varianten der Geschlechtsentwicklung, die medizinisch anerkannt und dokumentiert sind. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie bestätigen, dass Geschlecht ein Zusammenspiel aus Chromosomen, Hormonen, Keimdrüsen und sekundären Geschlechtsmerkmalen ist – und sich daher nicht in ein starres binäres Schema pressen lässt.

Darüber hinaus beschreibt der Begriff Geschlecht in gesellschaftlichen Zusammenhängen nicht nur die körperliche, sondern auch die soziale und psychische Geschlechtsidentität. Viele Menschen ordnen sich also jenseits der Kategorien „männlich“ oder „weiblich“ ein – etwa als nicht-binär, genderqueer oder agender. Diese Selbstbeschreibungen sind Ausdruck ihrer persönlichen Identität und verdienen, wie alle anderen Identitäten, Respekt.

In offiziellen Dokumenten wie dem Personalausweis gibt es derzeit gemäß deutschem Recht drei Eintragsmöglichkeiten: „männlich“, „weiblich“ und „divers“. Diese Regelung beruht auf einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2017, das Menschen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung einen diskriminierungsfreien Eintrag ermöglicht.

Kurz gesagt:

Die genannte Zahl „42“ war keine wissenschaftliche Behauptung, sondern eine pointierte Antwort in einer emotional geführten politischen Debatte. Dahinter steht die Überzeugung, dass Geschlecht ein komplexes Spektrum ist – biologisch, sozial und kulturell – und dass der Staat allen Menschen ermöglichen sollte, in ihrer Identität anerkannt zu werden.

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