Portrait von Stephanie Iraschko-Luscher
Stephanie Iraschko-Luscher
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Frage von Manfred R. •

Frage an Stephanie Iraschko-Luscher von Manfred R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Iraschko-Luscher,

von meiner Seite abschließend möchte ich im folgenden zusammenfassen, wie Ihre Antworten und Argumente zu meinen 7 Ausgangsfragen und der Zusatzfrage 8 bei mir angekommen sind. Dabei werde ich mich auf die wesentlichen Aspekte beschränken.

Vorausgeschickt sei: Wer so lange das politische Treiben beobachtet wie ich, wer die Phasen des Erwirtschaftens und Verteilens, von denen Sie durchaus mit einigem Recht sprechen, überwiegend als eigenverantwortlicher und für sein eigenes Wohlergehen auch selbst sorgender Bürger erlebt hat wie ich, wer sich gründlich mit der (nicht nur deutschen) Geschichte befaßt hat und wer zahlreiche fremde Länder und Kulturen studiert hat wie ich, und wer noch dazu wie ich durch meinen Beruf genügend tiefe Einblicke in die „Gesetzmäßigkeiten“ menschlichen Verhalten hat, kann kein blauäugiger Optimist (mehr) sein. Und die Menschen kennt er auch gut genug, um feststellen zu können: Selbstlose Menschen gibt es nicht und in der Politik sind sie noch seltener.

Den Übergang von der Phase des Erwirtschaftens, zu der des Verteilens, um bei diesen Begriffen zu bleiben, habe ich z.B. als Student der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre mit Entsetzen verfolgt und mich gefragt, ob die Verantwortlichen ihren Job nicht besser zu machen verstehen, oder ob sie ihn – aus welchen Gründen auch immer – nicht besser machen wollen. Die langfristigen Folgeprobleme der aus den Fugen geratener Haushalte und zunehmender Arbeitslosigkeit waren bereits damals vorauszusehen. Die FDP hat diese Politik mitgemacht. Als 1982/83 auch die Regierung Kohl – wieder zusammen mit der FDP – trotz gegenteiliger Beteuerungen nichts gegen den bereits deutlich erkennbaren Niedergang unseres einstigen Wirtschaftswunderlandes unternommen, sondern ihn sogar noch weiter verstärkt hat, habe ich mich mit dem Gedanken abgefunden, daß Staaten eben wie jeder andere Organismus auch ihre Phasen des Erblühens, der Reife, des Verwelkens und des Sterbens haben. Ein Blick in die Geschichte beweist diese Zyklen ja auch. Die katastrophalen Fehler, die dann noch bei der Deutsch-Deutschen Vereinigung begangen wurden, haben mich endgültig davon überzeugt, daß der damals in den alten Bundesländern erreichte Massenwohlstand auf gar keinen Fall aufrechterhalten werden könnte. Die politisch ebenso miserabel gemanagten Folgen der weltweiten Öffnung der Grenzen für Informationen, Waren und Dienstleistungen, die ja eigentlich ein Segen für die Menschheit ist, haben deshalb ein Übriges getan, um die volkswirtschaftliche und soziale Abwärtsspirale anzutreiben, die – wenn ich die Wahlprogramme der etablierten Parteien sehe – auch künftig munter weitergedreht werden soll.

Politiker sind nach meinen Beobachtungen und Erfahrungen Menschen wie alle anderen auch; Machiavellisten sind die Ausnahme. Was aber diese ganz normalen Menschen schon anrichten, zeigen die Geschichte im allgemeinen und der Zustand unserer Gesellschaft und unserer Volkswirtschaft im besonderen. Warum sollte Ihrer Meinung nach, sofern Stoiber, Oettinger & Co einen Wahlsieg der CDU/CSU nicht noch verhindern und die FDP tatsächlich in die Regierung aufgenommen wird, plötzlich alles besser werden? Warum sollten die, die jahrzehntelang so vieles Wichtige vollkommen falsch gemacht haben, dann plötzlich alles wesentliche richtig machen? Wir sind doch nicht zufällig in diese Schieflage gekommen. Ursache dafür waren doch politische Entscheidungen von Mitgliedern genau der politischen Gruppierungen, die auch heute noch um die Macht im Staate konkurrieren. Würden Sie einen Geschäftsführer, den Sie entlassen haben, weil er Ihren Betrieb ruiniert hat, wieder einstellen, nur weil die anderen Bewerber auch nicht qualifizierter sind?

Zum Schluß meiner Vorbemerkungen noch ein paar Worte zur Problematik der Verständigung. Daß nur verhältnismäßig wenige Bürger mit wachem Interesse und aktiv am politischen Geschehen teilnehmen hat auch mit der großen Kluft zwischen der großen Mehrheit der Bevölkerung und der politischen Klasse zu tun. Das sind verschiedene Welten. Die politische Klasse kennt sich kaum noch in der Welt derer aus, über deren Schicksal sie bestimmt, und die große Mehrheit der Menschen weiß das, resigniert aber nicht zuletzt deshalb, weil diese Kluft von sich aus nicht überbrücken kann. Wer in verschiedenen Welten lebt, spricht auch unterschiedliche Sprachen. Das ist den meisten Menschen gar nicht bewußt; sie merken es nur, wenn es dadurch zu Mißverständnissen oder Konflikten kommt. Für Sie scheint der Begriff „Pensionen“ z.B. einzig mit dem Begriff „Beamter“ assoziiert zu sein und deshalb unterstellen Sie jedem, der wie ich den Begriff „Pensionen“ benutzt, daß er von Beamten spricht. In meinem Fall liegen Sie damit vollkommen neben der Sache*, was ich Ihnen aber nicht vorwerfe, denn Sie haben sich nur so verhalten, wie sich 99 % aller Menschen verhalten. Ich wollte damit nur aufzeigen, welche Probleme schon unterhalb der Ebene von individuellen, parteilichen oder ideologischen Vorurteilen oder Interessenbindungen – meist unerkannt – den politischen Diskurs erschweren.

*) Pension ist auch ein Begriff des – nicht nur deutschen - Steuerrechts. Wenn sie Geschäftsberichte studieren, werden Sie u.a. auf Pensionsrückstellungen stoßen, die für Vorstandsmitglieder mittlerweile beträchtlichen Umfang erreichen können. General Motors, der größte Automobilbauer der Welt, wird z.B. nicht zuletzt auch wegen seiner gigantischen Pensionsverpflichtungen von Investoren, Kreditgebern, Spekulanten und Ratingagenturen argwöhnisch beobachtet.

Zu der Frage 1: Was wollen Sie konkret unternehmen, um endlich die schon Jahre anhaltende Erosion der verfügbaren Einkommen im unteren und mittleren Einkommensbereich und damit den weiteren Rückgang des Konsums mit negativen Folgen für das Wirtschaftswachstum, die Beschäftigung und die sozialen Sicherheits- und Vorsorgesysteme zu stoppen?

Hier habe ich von Ihnen eine Menge durchaus interessanter Überlegungen erfahren; allein es fehlt das schlüssige, in sich stimmige Gesamtkonzept. Bürgergeld bzw. negative Einkommensteuer könnten auch nach meinem Dafürhalten zusammen mit einem radikal vereinfachten Steuerrecht und Einbeziehung sämtlicher Aufwendungen für die soziale Sicherheit und Vorsorge einerseits sowie aller Sozialtransfers andererseits brauchbare Wege sein. Aber was Ihre Partei bisher vorgelegt hat, ist für mich noch lange nicht entscheidungsreif. Eine für den Bürger entscheidungsreife Vorlage müßte es ihm anhand von Beispiel-Rechnungen – ich habe dazu im vorigen Beitrag Genaueres ausgeführt - auch erlauben, die konkrete Auswirkung auf seine aktuelle und langfristige finanzielle Situation zu erkennen.

Da ein neues Steuersystem nicht automatisch die seit über 20 Jahren zu beobachtende Erosion der unteren und mittleren verfügbaren Einkommen stoppt, sondern nur dann, wenn diese Bevölkerungsgruppen dadurch wieder einen größeren Anteil der gemeinsam erarbeiteten Wertschöpfung erhalten, müßte auch überzeugend dargetan werden, wie die FDP das gegen die zu erwartenden Widerstände ihres potentiellen Koalitionspartners und der starken Lobby derer erreichen will, die erkennen werden, daß sie am Ende mehr in die Steuerkassen zahlen müssen als bisher. Denn machen wir uns doch nichts vor: Der Geldbedarf des Staates wird in den kommenden Jahren – selbst wenn es tatsächlich gelingen sollte, noch einige Subventionen abzubauen – allein wegen der bereits bestehenden Verpflichtungen noch beträchtlich zunehmen. Dreht sich die soziale und wirtschaftliche Abwärtsspirale weiter, wovon leider auszugehen ist, wird der Bedarf noch viel größer. Wie Sie diese Problematik in Ihren Steuervorschlägen berücksichtigen, ist für mich nach wie vor offen.

Sicher ist nur, daß Sie bzw. Ihre Partei eine weitere Senkung der Steuern auf hohe Einkommen befürworten und entsprechende mögliche Vorhaben potentieller Koalitionspartner mit tragen werden. Was getan werden soll, um den mit weiter sinkenden verfügbaren Masseneinkommen verbundenen negativen volkswirtschaftlichen Multiplikatoreffekt – von der emotionalen Verdüsterung der Zukunftsperspektiven vieler Millionen Bürger, die diesen Effekt noch verstärkt, einmal ganz abgesehen – endlich zu eliminieren, bleibt leider offen.

Zu der Frage 2: Was wollen Sie konkret unternehmen, um auch dem schnell anwachsenden Teil der Armen in unserem Land, die ohne eigene Schuld von der Teilhabe am Wohlstand ausgeschlossen sind, nachhaltig ein menschenwürdiges Leben – nicht nur ein Vegetieren auf Sozialhilfeniveau – zu ermöglichen?

„Arbeitsplätze, die gut von einem ineffizienten und bürokratischen Steuersystem leben, sind volkswirtschaftlich unproduktive Arbeitsplätze.“ Diesen Satz in Ihrem letzten Beitrag wird die Lobby der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Steueranwälte und Finanzbeamten sicherlich mit ebenso wenig Vergnügen lesen, wie ihn die Juristen lesen würden, wenn „Steuersystem“ durch „Rechtssystem“ ersetzt würde. Trotzdem haben Sie damit recht. Der Bürger, der etwas leisten soll, braucht Luft zum atmen, und er braucht Schutz vor denen, die sich die Früchte seiner Leistung ohne eigene Anstrengungen aneignen wollen.

So gern ich den Weg vom Verteilungsstaat zurück zum Erwirtschaftungsstaat mit Ihnen gehen würde: Nicht auf Kosten von Millionen Mitbürgern, die dafür von der Teilhabe an der gemeinsam erarbeiteten Wertschöpfung ausgeschlossen werden sollen.

Soziale Gerechtigkeit, die Sie leichtfertig als „Gleichmacherei“ diffamieren, ist keine Ideologie, wie z.B. der Sozialismus oder der (Neo)liberalismus, sondern eine moralische Forderung, die für jeden Kulturmenschen selbstverständlich sein sollte. Im übrigen läßt sich diese Forderung auch aus dem Grundgesetz ableiten, sodaß gesetzliche Regelungen, die die soziale Gerechtigkeit allzu sehr strapazieren, ohnehin einer höchstrichterlichen Beurteilung nicht standhalten dürften. Unabhängig davon halte ich aber auch im Interesse einer langfristigen wirtschaftlichen Gesundung Deutschlands sowie im Interesse der inneren Sicherheit und der politischen Stabilität für dringend notwendig, bei künftigen politischen Entscheidungen dem Gebot der sozialen Gerechtigkeit wieder den ihm zukommenden Rang einzuräumen.

Aus Ihren Antworten entnehme ich – ich formuliere bewußt etwas pointiert – daß die FDP sich solche Sorgen nicht macht und glaubt, das werde sich alles von alleine regeln, wenn nur die Steuern gesenkt werden und die Bürger (soweit sie sich als Privilegierte ihre Pensionsansprüche von anderen finanzieren lassen können) für ihre soziale Sicherheit und Versorgung künftig selbst aufkommen.

Dabei finde ich in dem, was Sie zur Problematik der künftigen Altersvorsorge gesagt haben, durchaus eine ganze Reihe grundsätzlich diskussionswürdiger Ansätze. Offen bleibt dabei jedoch die Frage, wie der weiter wachsende Teil der Bevölkerung überhaupt das Geld für eine angemessene, auskömmliche private Altersvorsorge aufbringen soll, der in Zukunft gerade noch das nötigste zum Überleben haben wird. Oder gehen sie davon aus, daß die vielen Millionen Arbeitslosen und Billigjobber mit dem Zauberstab einer weiteren Senkung des Spitzensteuersatzes in kürzester Zeit in gut verdienende Bürger verwandelt werden?

Zu der Frage 3: Was wollen Sie konkret unternehmen, um die Lasten der jahrzehntelang von allen politischen Gruppen verschleppten strukturellen Anpassung unseres Landes an die seit langem voraussehbaren demographischen, wirtschaftlichen und politischen Veränderungen endlich auch auf die Schultern derer zu verlagern, die ihren materiellen Wohlstand trotz oder sogar als Folge der sogenannten Reformen kontinuierlich steigern konnten?

Die von allen Bürgern gemeinsam erarbeitete volkswirtschaftliche Wertschöpfung ist tatsächlich mit einen Kuchen vergleichbar, der mehr oder weniger gerecht verteilt werden kann. Das freie Spiel der Kräfte leistet das nicht von sich aus (obwohl es neoliberale Ideologen gibt, die das ungeachtet aller gegenteiligen Erfahrungen immer noch glauben). Allerdings handelt es sich bei diesem „Kuchen“ nicht um Mutters Kuchen oder den aus der Konditorei nebenan, sondern es ist ein abstrakter Kuchen, der – zugegeben – das Vorstellungsvermögen schon etwas strapazieren kann. Dieser volkswirtschaftliche „Kuchen“ wird unaufhörlich neu gebacken und noch während er gebacken wird sofort verteilt. Dabei bestehen sehr komplexe Wechselwirkungen zwischen den Herstellungspotentialen und -prozeduren, die darüber entscheiden, wie der „Kuchen“ in jedem logischen Augenblick zustande kommt, beschaffen ist, und wie groß er wird, und den Verteilungsmodalitäten, die darüber entscheiden, wer von den Bäckern (und ihren vielen Helfern) welche Anteile des „Kuchens“ wann, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Turnus erhält, und wer diese Regeln bestimmt. Die Wechselwirkungen zwischen Backprozeß und Verteilungsprozeß zu erkennen und zu verstehen ist unabdingbar, wenn man auf vernünftige Weise in das Geschehen eingreifen möchte. Was unvernünftige Eingriffe bewirken, können wir am Beispiel der gegenwärtigen wirtschaftlich-sozialen Abwärtsspirale unserer Gesellschaft sehr gut sehen. Insofern ist soziale Gerechtigkeit nicht nur eine ethisch-moralische Forderung, sondern auch ein Gebot wirtschaftspraktischer Vernunft.

Die beste Lösung für das Problem der Verteilungsgerechtigkeit ist ein gerechtes, weil einfaches und für die Steuerzahler verständliches Steuersystem. Da stimmen wir insofern überein, daß ein solches Steuersystem zumindest wesentlicher Teil einer Problemlösung sein kann. Inwieweit gleich das ganze Problem dadurch gelöst werden kann, ist für mich allerdings immer noch eine sehr weit offene Frage, bei deren konkreter Beantwortung weder Sie noch andere Politiker mir bisher geholfen haben. Wie die Verteilungsgerechtigkeit genau aussehen soll und wie das Steuersystem im Detail gestaltet werden soll, da sehe ich entscheidende Diskrepanzen zwischen unseren Vorstellungen. Für mich erscheinen unverzichtbar: Keine Ausnahmeregelungen für Sonderinteressen, Einbeziehung der sozialen Vorsorgeaufwendungen für das Alter, die Gesundheit und die Pflege auf der einen wie der Sozialtransfers oder Subventionen, die der Allgemeinheit dienen, auf der anderen Seite. Betriebliche und private Einkünfte müssen dabei getrennt werden (was heute schon in jeder kleinen Handwerker-GmbH oder Ltd geschieht), damit im betrieblichen Bereich ein niedriger, international wettbewerbsfähiger Steuersatz möglich wird, der – wenn man ihm wie Ihre Partei auch auf die privaten Einkünfte ausdehnen würde – die Ziele der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und der Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen unmöglich machte. Die privaten Einkommen müßten deshalb – auch schon wegen der empfehlenswerten Einbeziehung aller Sozialabgaben – deutlich höher und zwar linear-progressiv besteuert werden.

Zu der Frage 4: Was wollen Sie konkret unternehmen, um endlich nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch eine Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zu gewährleisten, indem z.B. verhindert wird, daß hohe Einkommen mit legalen Tricks heruntergerechnet oder durch Verlagerung des Wohnsitzes des Steuerpflichtigen in ein Nachbarland vermieden werden?

Daß Steuersätze nicht nur auf dem Papier stehen, sondern in dieser Höhe auch tatsächlich gezahlt werden, wollen Sie mit einem einfachen Steuersystem ohne Ausnahmetatbestände erreichen. Soweit, so gut. In der Zielsetzung sind wir uns einige. Nun sind Sie, glaube ich, aber ebenso realistisch wie ich und gehen davon aus, daß in dieser Hinsicht der „große Wurf“ auch nach einer Neuwahl und voraussichtlich noch für lange Zeit ausbleiben wird. Dafür werden schon diverse Lobbys sorgen, und wie Politiker dann reagieren, wissen wir ja aus der Vergangenheit. Also bleibt die Frage, wie Sie unter diesen Umständen wenigstens die fatale Umverteilung von unten nach oben stoppen wollen, die – wer weiß, welcher Teufel die geritten haben mag – ausgerechnet von einer Regierung gestartet wurde, die sich „sozial“ nennt – und die uns wirtschaftlich und gesellschaftlich immer mehr in Schwierigkeiten bringt? Wie kann – und will – die FDP zur Lösung dieses Problems, die einen vermutlich jahrelangen zähen Kampf gegen die Profiteure des Status quo erfordert, beitragen? Ich vermisse dazu in Ihren umfangreichen Beiträgen konkrete, nachvollziehbare und überzeugende Aussagen.

Das Problem der Steuerflucht wollen Sie bzw. die FDP – nach Ihren Aussagen überhaupt nicht angehen und haben auf meine diesbezüglichen Argumente sogar polemisch reagiert. Da frage ich mich: ist es falsch, zu vermuten, daß Sie und die FDP keine Einwände gegen die legale Steuerflucht haben, diese auch weiterhin ermöglichen wollen, und auch die steuerliche Förderung der Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland beibehalten möchten? In einem Konzept des freien Spiels der Kräfte wäre das ja durchaus schlüssig. Nur sozial gerecht ist es nicht. Und wen das nicht interessiert, der sollte sich fragen, ob bei der Zulassung von Steuervermeidung, die nur von einer Minderheit mit hohen Einkommen genutzt werden kann, nicht ein Verstoß gegen das Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung vorliegt.

Zu der Frage 5: Was wollen Sie konkret unternehmen, um endlich den unheilvollen Einfluß der Lobbys auf die Parlamentarier zu unterbinden, der durch die Doppelrolle vieler Abgeordneter als Volksvertreter und zugleich durch ihre Nebentätigkeiten als Vertreter privater Interessen institutionalisiert ist?

Mehr Transparenz ist sicher von Vorteil, wenn auch dadurch der Bürger wohl nicht mehr erfahren wird, als er jetzt schon weiß. Befriedigend ist Ihre Aussage zu diesem Problem nicht. In einer Gesellschaft, in der die Raffgier schneller um sich greift als die auch immer häufiger werdenden Waldbrände und Überflutungen in einigen Regionen der Welt, sollten sich die Abgeordneten zur Frage der Sicherstellung ihrer Unabhängigkeit mehr einfallen lassen. Andernfalls könnte ihre Reputation bei den Bürgern noch weiter beschädigt werden. Auch wäre es m.E. wert, einmal darüber nachzudenken, wie das Parlament die Bevölkerung besser repräsentieren könnte. Bisher repräsentiert es vor allem Interessenverbände und die Staatsbürokratie. Sie beklagen in Ihrem ersten Beitrag, daß viele Abgeordnete gar keinen richtigen Beruf hätten, von dem sie außerhalb der privilegierten Zone des Parlaments und ihrer Parteien und Verbände leben könnten. Das erklärt auch die so häufig zu beklagende Praxisferne des Gesetzgebers und einen Teil des fatalen Einflusses der Lobbys, die ihre Fachleute gegen die Laien Gesetzgeber in Stellung bringen und ihnen sogar noch Formulierungshilfen leisten. Aber wie bekommen wir hochqualifizierte Bürger ins Parlament, die nicht bereit sind, sich irgendeiner Parteidisziplin zu unterwerfen, sondern – wie es das Grundgesetz fordert – tatsächlich unabhängig und nur ihrem Gewissen unterworfen sind?

Zu der Frage 6: Was wollen Sie konkret unternehmen, um endlich die mit dem unter 5. genannten Übel zusammenhängenden und vom Standpunkt des Allgemeinwohls schädliche Subventionen für starke Lobbygruppen zu beseitigen?

Weil das im vorigen Punkt angesprochene Problem der Unabhängigkeit und der Praxiskompetenz der Abgeordneten nicht gelöst werden wird, dürfte es auch schwierig werden, die Herrschaft der Lobbys einzudämmen. Da Lobbys aber die Vorkämpfer für Sondervorteile auf Kosten der Allgemeinheit sind, und Deutschland durch den ungehemmten Egoismus dieser Interessenverbände bei der Sanierung der Haushalte und bei der Umgestaltung von Steuer- und Sozialsystemen zunehmend in Schwierigkeiten gerät, können wir es uns nicht leisten, einfach zu resignieren. Für mich stellt sich deshalb die Frage, wie Sie Ihre Vorschläge zum subventionsabbau, die für mich auf den ersten Blick durchaus diskussionswürdig sind, gegen die Lobbys – sicherlich auch gegen starke Kräfte im Klientel Ihrer eigenen Partei – und den oder die Koalitionspartner durchsetzen wollen. Denn für gute Absichten allein gibt der Wähler nichts.

In diesem Zusammenhang erinnere ich auch daran, wie unverschämt die Strom- und Gasmonopole die Verbraucher durch überhöhte Preise ausbeuten und Industriebetriebe mitsamt ihren Arbeitsplätzen aus dem Land treiben. Was Sie bzw. Ihre Partei dagegen tun wollen, weiß ich nicht. Vermutlich nichts, denn im Rahmen der Ideologie des Neoliberalismus ist solches Verhalten ja in Ordnung. Die Betroffenen müssen sich eben etwas einfallen lassen. Der Stärkere siegt. Sie werden verstehen, daß Sie damit bei mir nicht durchkommen, und ich bin sicher, auch bei der überwältigenden Mehrheit der Deutschen nicht.

Zu der Frage 7: Was wollen Sie konkret unternehmen, um endlich wirkungsvoll gegen Machtmißbrauch und Korruption in Wirtschaft und Verwaltung vorgehen und die sich ausbreitende Selbstbedienungsmentalität bannen zu können?

Da habe ich bei Ihnen nur ein Achselzucken vernommen: Schwarze Schafe gebe es eben überall. Mehr ist Ihnen dazu nicht eingefallen. Sie werden mir sicherlich zustimmen, daß dies kein Argument ist, sondern Ausdruck einer beschämenden Hilflosigkeit. Als Politikerin und Juristin geben Sie damit eine extrem schwache Vorstellung. Obwohl die „schwarzen Schafe“ inzwischen in Massen auftreten und man ohne Übertreibung schon von einer Epidemie sprechen kann, die unsere Gesellschaft auf Dauer zersetzen kann, scheint das für Sie und die FDP kein Problem zu sein.

Zu der ergänzenden Frage 8: Was wollen Sie konkret gegen den zu beobachtenden Verfall der Rechtsmoral unternehmen und wie könnten Ihrer Meinung nach die Politiker dabei mit gutem Beispiel vorangehen?

Ich würde die sich häufenden Fälle von Mißwirtschaft, Machtmißbrauch, Betrug, Selbstbedienung und Korruption an Ihrer Stelle nicht bagatellisieren. Zumal immer deutlicher wird, daß es sich ganz offensichtlich nur um die Spitze eines Eisbergs handelt. Jeder einzelne Fall ist ein schlechtes Beispiel, das andere anregt zu versuchen, auf die gleiche Weise schnell und ohne viel Arbeit zu Geld zu kommen. Bedenken Sie bitte, daß in einer Kultur, in der Geld (fast) alles ist, für Geld auch alles getan wird. Das ist übrigens in der Geschichte auch keine Neuigkeit und führt auch nicht zum erstenmal zum Niedergang eines Staates. Der durch schlechte Vorbilder verursachte allgemeine Verfall der Rechtsmoral breitet sich – wie wir schon lange beobachten können – in alle Schichten und Lebensbereiche der Gesellschaft aus, im Straßenverkehr, bei der Zahlungsmoral, in den nachbarschaftlichen Beziehungen, um nur diese wenigen Beispiele zu nennen. Ich habe dazu in meinem 2. Beitrag auch schon etwas gesagt.

Gesetze, für deren Befolgung nicht zuverlässig gesorgt wird, werden auch nicht zuverlässig eingehalten. Sofern sich Rechtsverletzungen im Verhältnis zu drohenden Sanktionen (finanziell) lohnen, werden kalkulierende Täter die Gelegenheit um so häufiger nutzen, je geringer das Risiko ist erwischt zu werden. Wer Straftaten kalkulierender Täter verhindern möchte, kann dies um so effektiver erreichen, je zuverlässiger er dafür sorgt, daß ihre Rechnung nicht aufgeht. Wer das – vielleicht durch die ideologische Brille falsch verstandener Liberalität schauend – nicht sieht, ist mit verantwortlich für die Schäden, die der Mehrheit gesetzestreuer Bürger durch solche Straftaten entstehen und darf sich nicht wundern, wenn die Rechtsmoral durch einen fatalen negativen Lerneffekt immer weiter den Bach heruntergeht. Eine wirkungsvollere Verbrechensbekämpfung mit dem lapidaren Hinweis abwimmeln zu wollen, man sei für den Rechtsstaat, ist absurd. Denn inwiefern sollte es die Rechtsstaatlichkeit (besser: Rechtswegestaatlichkeit) beeinträchtigen, wenn ihre Funktion, die sie – da sind wir uns doch sicherlich einig – für die große Mehrheit der gesetzestreuen Bürger zu erfüllen hat, verbessert wird?

Mein Fazit: Die FDP ist noch weit davon entfernt, dem Bürger ein zumindest in den Grundzügen schlüssiges und entscheidungsreifes Konzept vorlegen zu können, das ihm eine rationale Wahlentscheidung unter Wahrnehmung seiner berechtigten Belange ermöglichen würde. Trotz zahlreicher bedenkenswerter Ideen und Vorschläge gelingt es der Partei nicht, dem (verständigen und kritischen) Bürger wenigstens eine gute Chance plausibel zu machen, Deutschland mit ihrem Programm aus der verhängnisvollen sozialen und wirtschaftlichen Schieflage zu befreien und die sich beschleunigende Abwärtsspirale zu stoppen.

Obwohl ich inhaltlich Vieles und auch Grundsätzliches an dem auszusetzen habe, was Sie mir vorgelegt haben, zahlreiche meiner (unbequemen) Fragen unbeantwortet geblieben sind, und auf diesem Wege natürlich bei weitem nicht alles so ausdiskutiert werden konnte, wie es wünschenswert wäre, danke ich Ihnen, sehr geehrte Frau Iraschko-Luscher, dafür, daß Sie sich – im Gegensatz zu den meisten Ihrer Kandidatenkolleginnen und -kollegen – auf diesen Dialog eingelassen haben. Die Zukunft unseres parlamentarischen Systems wird m.E. maßgeblich mit davon beeinflußt werden, inwieweit die Abgeordneten die Wirklichkeit der großen Bürgermehrheit, die nicht in Parteien und Interessenvereinen organisiert ist, an sich heran lassen und sich damit auseinanderzusetzen bereit sind. Wenn es den etablierten politischen Kräften nicht gelingt, die Bürger mit nachvollziehbaren schlüssigen Konzepten davon zu überzeugen, daß Wohlstand für alle wieder möglich ist, dann werden es bald Demagogen tun.

Mit freundlichen Grüßen
Manfred Rüdenauer

Portrait von Stephanie Iraschko-Luscher
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Rüdenauer,

Deutschland ist schon mehrmals in seiner Geschichte wirtschaftlich und finanziell am Ende gewesen. Die FDP hat das mutigste Programm um das Ruder in der jetzigen Situation herumzureißen. Auch die FDP hat in der Vergangenheit nicht immer alles richtig gemacht. Sie besitzt jedoch auch genug Selbstreferenz und Offenheit um daraus zu lernen. Anders als andere hat die FDP die Zeit in der Opposition intensiv für eine programmatische Erneuerung genutzt.

Pensionen werden u.a. vom DUDEN Fremdwörterbuch und auch von wikipedia als Bezüge für Beamte im Ruhestand definiert. Dass Sie daraus schlussfolgern, dass ich in einer anderen Welt leben würde, kann ich nicht nachvollziehen. zu einem Missverständnis gehören immer zwei. Ich freue mich über jeden Erkenntnisgewinn. Die FDP hat ein stimmiges und in sich schlüssiges Konzept vorgelegt. Die Idee einer Beispielrechnung finde ich interessant; allein hinsichtlich der seriösen Realisierung bin ich skeptisch, sind doch schließlich alle Menschen individuell und alle für sich einzigartig. Ich bin überzeugt, dass es mit einer mutigen Politik mittelfristig auch wieder aufwärts gehen wird in Deutschland. Der Staat muss sich wieder auf seine Kernaufgaben konzentrieren. Der Staat hat sich übernommen. Die Eigenvorsorge wird eine zunehmend wichtigere Rolle spielen müssen - dafür sprechen allein die nackten Zahlen. Hierfür möchte die FDP Anreize schaffen, statt den Menschen Sand in die Augen zu streuen und Ängste zu schüren.

Sie sind gern eingeladen sich in den Willensbildungsprozess der FDP miteinzubringen.

Die FDP ist aus guten Gründen davon überzeugt, dass auch im Bereich der niedrigeren und mittleren Einkommen das Deutschlandprogramm, das sie vorgelegt hat, am besten geeignet ist, um eine neue Zuversicht verbunden mit einer optimistischen Geisteshaltung im Land zu verbreiten. Das Liberale Bürgergeld und die Steuerreform sind die richtigen Instrumente um Rahmenbedingungen für mehr Arbeitsplätze zu schaffen und das Arbeiten attraktiver zu machen als die Degradierung zum Empfänger von Sozialtransfers. Hiervon profitieren vor allem die Betroffenen. Soziale Gerechtigkeit ist immer eine sehr subjektive Sache. Sobald der Staat sich über die Maßen regulierend einbringt, führt dies zu neuen Ungerechtigkeiten. Ich möchte Ihnen in diesem Zusammenhang nicht einen Beitrag frei aus dem Dänischen vorenthalten, der mich hin und wieder an die Diskussionen in Deutschland erinnert (auch wenn sich keine 1:1-Parallelen ziehen lassen):

Es waren einmal 10 Personen, die jeden Tag gemeinsam essen gingen. Die gemeinsame Rechnung belief sich jeden Tag auf genau 1000 Euro; man kann sagen, man ließ es sich gut gehen. Diese 10 Leute haben die Rechnung ungefähr nach dem Prinzip aufgeteilt, wie in diesem Lande Steuern bezahlt werden. Die ersten vier, die Ärmsten unter den Zehn, bezahlten daher gar nichts. Der Fünfte bezahlte 10 Euro, der Sechste 30 Euro, der Siebte 70 Euro, der Achte 120 Euro und der Neunte 180 Euro. Der Zehnte, der durch Erbschaft und unternehmerische Tätigkeit zu großem Reichtum gekommen war, bezahlte 590 Euro. Sie aßen und tranken jeden Tag alle gemeinsam, und waren alle glücklich und zufrieden, mit der Methode, nach der sie ihre Rechnung bezahlten. Nachdem nun viele Wochen, Monate, vielleicht sogar Jahre vergangen waren, machte der Gastwirt einen Vorschlag: "Ihr seid schon lange meine treuesten Kunden. Ihr kommt jeden Tag in mein bescheidenes Restaurant und esst, trinkt und bezahlt eure Rechnung ohne zu murren. Ich möchte euch von nun an einen Rabatt geben. Von nun an sollt ihr nur noch 800 Euro für euer Essen bezahlen." Unsere Zehn Personen sollten nun also jeden Tag 200 Euro sparen und freuten sich über dass großzügige Angebot des Wirtes. Sie waren gemeinsam der Meinung, sie sollten die Ersparnis auf die sechs Leute verteilen, die die Rechnung bezahlen. Für die ersten vier würde sich also nichts ändern. Sie kamen zu dem Entschluss, dass sie die 200 Euro durch 6 teilen wollten, sodass jeder einen Rabatt von genau 33,33 Euro bekommen würde. Dass hätte aber dann bedeutet, dass der Fünfte und der Sechste eigentlich Geld für das tägliche gemeinsame Essen bekommen müssten, also eine Lösung, die nicht wirklich anwendbar war. Sie dachten lange über die Lösung Ihres Problems nach und kamen nicht recht zu einer Lösung. Nach langem Grübeln machte der Wirt folgenden Vorschlag: Es wäre doch eigentlich nur fair, wenn alle einen Rabatt passend zu dem Beitrag bekämen, den sie zur Gesamtrechnung bezahlen würden. Alle waren einverstanden und so setzte sich der Wirt also hin und rechnete die neuen Anteile aus. Von nun an sollte also auch der Fünfte nichts mehr bezahlen, der Sechste nur noch 20 Euro, der Siebte nur noch 50 Euro, der Achte noch 90 Euro und der Neunte nur noch 120 Euro. Der Zehnte, der Reichste unter den Zehn sollte von nun an nur noch 520 ? bezahlen. Eigentlich sollte es ein gutes Geschäft für alle sein, jeder würde weniger bezahlen und die ersten vier würden weiterhin ihr Essen umsonst bekommen. Doch was geschah? Eines Tages standen sie nun vor dem Restaurant und fingen an zu vergleichen, was sie denn nun gespart hatten. "Ich habe nur 10 Euro von den 200 Euro bekommen" fing der Fünfte an und zeigte auf den Zehnten "aber du hast 70 Euro bekommen. Das ist unfair!" "Genau!" schimpfte der Sechste. "Auch ich habe nur einen Zehner bekommen. Es ist absolut nicht gerecht, dass er sieben mal so viel bekommen soll wir ich!" "Das ist wahr" sagte die siebte Person. "Warum soll er 70 Euro bekommen, wenn ich nur 20 Euro bekomme? Die Reichen wollen immer mehr haben als die anderen." "Passt mal auf" stimmten nun auch die Vier ärmsten ein: "Wir haben überhaupt nichts bekommen; das System nutzt die Armen unter uns aus!" Die Neun waren sich einig, dass die Zehnte Person eine Tracht Prügel verdient habe und verprügelten ihn mit all´ Ihrer Kraft. Am nächsten Tag erschien der Zehnte nicht mehr zum gemeinsamen Essen. Die übrigen Neun gingen aber trotzdem in das Restaurant und aßen und tranken, wie sie es seit jeher gewohnt waren. Als der Wirt nach dem Essen mit der Rechnung kam, stellten sie erstaunt fest: Ihnen fehlten 520 Euro, um die Rechnung zu begleichen.

Wie ich Ihnen bereits in meinem letzten Beitrag geantwortet habe, will die FDP das Problem Steuerflucht energisch angehen. Polemik kann ich darin nicht erkennen:

Die FDP-Bundestagsfraktion hat bereits im Januar 2004 einen Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht, der u.a. die Besteuerung von Kapitalerträgen mit einer Abgeltungssteuer von 25 %´vorsieht. Die auszahlende Stelle hat demnach den Betrag einzubehalten und an das zuständige Finanzamt abzuführen. Die Steuer hat Abgeltungswirkung. Damit wird die Position des deutschen Finanzplatzes im internationalen Wettbewerb gestärkt. Der Sparerfreibetrag kann wegen des niedrigen Steuertarifs entfallen. Das heutige Besteuerungsverfahren mit der evtl. notwendigen Aufteilung des Sparerfreibetrags und der Kontrolle dieser Aufteilung durch das Bundesamt für Finanzen sowie der Erstellung der auch für Fachleute nicht verständlichen Steuererklärung wird grundlegend vereinfacht. Beispiele in anderen Ländern wie Österreich zeigen, dass eine Abgeltungsteuer mit moderatem Steuersatz von den Bürgern akzeptiert wird, Steuerhinterziehung vermeidet und auf Dauer zu stabilen Steuereinnahmen führt. Auch ein strafbefreiendes Angebot zur Rückführung von Fluchtkapital und bisher nicht versteuertem Kapital in den legalen Wirtschaftskreislauf wird nur dann erfolgreich für den Staat sein, wenn die Besteuerung von Kapitalerträgen in dieser Weise akzeptabel geregelt wird.

Zu Ihrer Frage 5 habe ich Ihnen ausführlich geantwortet. Die FDP-Fraktion besteht aus hochqualifizierten Bürgerinnen und Bürgern, die in der Regel zumindest mit einem Bein im Berufsleben stehen. Das ist auch gut so. Faktische Offenbarungseide, wie sie von SPD und Grünen gefordert werden, führen nur dazu, dass die Quote der öffentlich-rechtlichen Bediensteten und Mitglieder funktionärischer Kasten weiter in die Höhe getrieben wird. Das kann niemand wollen. Auch gibt die FDP Quereinsteigern eine Chance. Bestes Beispiel: Ingo Wolf, der ganz ohne Ochsentour und viel Stallgeruch FDP-Innenminister in NRW geworden ist.

Ich habe Ihnen ausführlich erklärt, dass Wettbewerb und nicht ein Mono- oder Oligopole Ziel liberaler Politik ist. Sollte das in Kraft getretene Energiewirtschaftsgesetz den Wettbewerb auf den Strom- und Gasmärkten nicht ausreichend gewährleisten, muss die Möglichkeit einer Entflechtung des Energiesektors erwogen werden.

Gegen Missbrauch und Korruption muss mit allen im Rahmen des Rechtsstaates zur Verfügung stehenden Mitteln vorgegangen werden. Hier ist es wie auf allen Feldern der Kriminalität: Vermehrte und ausführlichere Berichterstattung in den Medien, führt dazu, dass die Anzahl und Schwere der Fälle in der Wahrnehmung ständig zunimmt, ohne dass dies tatsächlich der Fall ist. Von knapp sechshundert Mitgliedern des Deutschen Bundestages ist die überwältigende Mehrheit - und hier spreche ich nicht nur für meine Partei - in erster Linie an der besten Lösung, auch wenn hier die Meinungen weit auseinander gehen, und nicht an eigenen Pfründen interessiert. Ihre Sanktionierungsvorschläge sind z.T. jenseits des verfassungsmäßig gebotenen Rahmens der Verhältnismäßigkeit. Das hat nichts mit vermeintlich falsch verstandener Liberalität, sondern tatsächlich mit Rechtsstaatlichkeit zu tun.

Auch wenn ich Ihr Fazit nicht teile, danke auch ich ihnen für diese im Wesentlichen konstruktive Auseinandersetzung, bei der man einmal tiefer in und mehr im Zusammenhang in bestimmte Materien hat einsteigen und diese hat darlegen können, als dies in medialen Schlagworten oft der Fall ist, auch wenn ich nicht das Raum-Zeit-Kontinuum durchbrechen kann und mir zwischen Familie, Beruf und Wahlkampf nicht das manchmal wünschenswerte Maß an Zeit für dieses Forum bleibt.

Mit freundlichen Grüßen
Stephanie Iraschko-Luscher