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Stephanie Iraschko-Luscher
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Frage von Jörg-Thomas H. •

Frage an Stephanie Iraschko-Luscher von Jörg-Thomas H. bezüglich Wirtschaft

Im FDP-Wahlprogramm steht, dass man den Schutz von Urheberrechten und Verwertungsrechten im Fall "Geistigen Eigentums" deutlich ausbauen will, was letztlich auf die staatliche Sicherung privater Monopole zielt und die Wettbewerbsintensität für die Besitzer der Verwertungsmonopole vermindert. 1. Inwieweit nützt der Ausbau privater Monopole dem Allgemeinwohl, 2. wo liegen für die FDP Grenzen, 3. und könnte der Befund von Wissenschaftlern richtig sein, das Schutzfristen von über 7 Jahren die Anreizwirkung auf die Produktion geistiger Güter nicht nennenswert erhöht, jedoch zu Lasten des Allgemeinwohls geht?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Hansche,

zunächst bitte ich um Verständnis, dass ich einige erläuternde Ausführungen zu dieser Thematik machen möchte. Nach Auffassung der FDP ist eine ausreichender Schutz geistigen Eigentums zu gewährleisten. Vor allem forschungsintensive Unternehmen sind auf einen wirksamen und sicheren Patentschutz ihrer Erfindungen angewiesen, um Chancen und Risiken von Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen richtig einordnen zu können. Daher heißt es im Wahlprogramm der FDP zu Recht, dass die digitale Welt ein starkes Urheberrecht braucht, denn erst ein wirksamer Schutz des geistigen Eigentums durch das Urheberrecht schafft die notwendigen Anreize für kreative Tätigkeit und für Investitionen in deren wirtschaftliche Verwertung. Nach Ansicht der FDP darf es daher kein Recht auf Privatkopien zu Lasten der Rechteinhaber geben. Digitale Privatkopien müssen auch künftig unter dem Vorbehalt technischer Schutzmaßnahmen stehen. Gegen illegale Angebote urheberrechtlich geschützter Werke im Internet (insbesondere in so genannten "Tauschbörsen") muss es einen effektiven Rechtsschutz geben. Nichtsdestotrotz muss es auch die rechtliche Möglichkeit der sog. "legalen Quelle" als notwendige Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit von Privatkopien geben. Die FDP fordert die Fortsetzung der Modernisierung des Urheberrechts. Notwendig sind dafür des Weiteren vor allem eine zeitgemäße Überarbeitung des urheberrechtlichen Abgabensystems sowie eine sachgerechte Erleichterung der Nutzung von Archivbeständen in neuen Nutzungsarten. Die Initiative zur europäischen Vereinheitlichung der Patentierungspraxis in Bezug auf computerimplementierte Erfindungen ist zu begrüßen. Die notwendige und sinnvolle Vereinheitlichung der Patenterteilungspraxis darf aber nicht zu einer materiellen Ausweitung des Patentschutzes für Software führen. Zentrales Abgrenzungskriterium für die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen muss der "technische Beitrag" sein. Nur damit lässt sich eine Qualitätskontrolle in der Patentierungspraxis gewährleisten und die Patentierung von so genannten Trivialpatenten verhindern.

Die FDP begrüßt auch, dass das Europäische Parlament am 06. Juli dieses Jahres den Entwurf für eine "Richtlinie über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen" (Softwarepatente-Richtlinie) in zweiter Lesung abgelehnt hat. Im Lichte verhärteter Fronten ist der Verzicht auf diese umstrittene Richtlinie besser als eine schlechte Richtlinie. Insbesondere für mittelständische Unternehmen hätte eine Softwarepatente-Richtlinie in der vom Ministerrat beschlossenen Fassung unabsehbare wirtschaftliche Folgen gehabt. Das Europäische Parlament hat nun den Weg frei gemacht für die notwendige Diskussion über ein europäisches Patentrecht aus einem Guss, in dem dann auch eine sachgerechte Regelung der Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen ihren Platz haben kann. Das Europäische Parlament hat mit seinem Votum eindrucksvoll seine Unabhängigkeit demonstriert und damit seine politische Handlungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Die Entscheidung des Europäischen Parlaments ist zugleich eine weitere Niederlage für die Bundesregierung, die bis zum Schluss und gegen den Willen aller Fraktionen im Bundestag den gemeinsamen Standpunkt des Ministerrates unterstützt hat. Die nächste Bundesregierung muss vor allem darauf hinwirken, dass eine mögliche Brüsseler Richtlinie um eine klare Definition des technischen Beitrags ergänzt wird. Der derzeitige Bundestag fordert interfraktionell außerdem den ausdrücklichen Verzicht auf gesonderte Programmansprüche sowie die Festschreibug eines "Interoperabilitätsprivilegs". Nur unter diesen Voraussetzungen können die durch die ursprünglich mit einer Richtlinie verfolgten ökonomischen und innovationsfördernden Effekte erreicht werden.

Nun zu Ihren Fragen:

zu 1.+2.) Mono- und Oligopole schaden dem Allgemeinwohl. Die FDP bekennt sich vorbehaltlos zur Sozialen Marktwirtschaft im Sinne Ludwig Erhardts. Die Soziale Marktwirtschaft ist sozial, weil sie das Privateigentum zähmt, weil sie Machtkonzentrationen und damit Ausbeutung entgegenwirkt. Sie hat damit eine sittliche Qualität. Unsittlich dagegen sind Monopole, Kartelle oder die privilegienorientierte Staatswirtschaft. Hier sieht die FDP auch klar die Grenzen.

Insbesondere die erfolgreiche Marktöffnung des Telekommunikationssektors hat gezeigt, dass Wettbewerb und Marktwirtschaft im Gegensatz zu staatlichen Monopolen zur besseren Qualität von Dienstleistungen führen, für sinkende Preise sorgen, Innovationen beschleunigen und neue zukunftsorientierte Arbeitsplätze hervorbringen. Ziel etwa von Privatisierungen ist es nicht vom Regen in die Traufe zu geraten und aus einem staatlichen ein privatwirtschaftliches Monopol zu machen. So besteht beispielsweise sicherlich Handlungsbedarf hinsichtlich der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen für den Wettbewerb auf den Energiemärkten. Dreh- und Angelpunkt liberaler Wirtschaftspolitik ist immer der Wettbewerb. Funktionsfähiger Wettbewerb ist Grundvoraussetzung für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand.

Rot-Grün, aber auch Teile der Union denken dagegen anders. Sie mißtrauen dem Wettbewerb und damit der Sozialen Marktwirtschaft. Sie schützen lieber ehemalige Staatsmonopole und verhindern damit neue, wettbewerbsfähige Arbeitsplätze bei Unternehmen, die in wettbewerblichen Strukturen groß geworden sind. Sie stärken politische Einflußnahme und schwächen unabhängige Wettbewerbsbehörden, die den Wettbewerb schützen sollen. Trauriges Beispiel: Ex-Bundesmonopolminister Müller, in dessen Amtszeit sein Staatssekretär Tacke die Ministererlaubnis der EON-Ruhrgas-Fusion gegen alle Bedenken des Kartellamts und der Monopolkommission unterzeichnet hat. Es entstand zudem der Eindruck, ihr Verhalten stehe mit der Berufung auf ihre Posten bei den EON-Töchtern RAG und Steag in einem Zusammenhang.

zu 3.) Ob dieser Befund von Wissenschaftlern richtig sein könnte, kann ich nicht beurteilen. Die urheberrechtlichen Schutzfristen sind in der Europäischen Gemeinschaft inzwischen harmonisiert. Die FDP hält die Fristen für angemessen und sieht derzeit keinen Bedarf für Änderungen der Fristen.

Mit freundlichen Grüßen
Stephanie Iraschko-Luscher