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Stefan Müller
CSU
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Frage von Gert B. •

Frage an Stefan Müller von Gert B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Müller,

ihre Antwort auf meine vorhergehende Frage hat mich entsetzt.

Keine der von Ihnen vorgeschlagenen drei Massnahmen hätte auch nur eine der in den letzten Monaten vorgekommen Fälle der Abzocke verhindert.
Ich erwarte mir von Ihnen Verständnis für meine Besorgnisse und als mein MdB eine Vetretung meiner Interessen und nicht solche Placebo-Massnahmen.
Dass Sie im Zusammenhang mit solchen Firmen wie LoneStar für Fairness plädieren, kann ich nur als naiv empfinden.

Sie machen Sich viel Gedanken über die Interessen der Banken (Vorfälligkeitsentschädigung, Portofoliobereinigung und Freisetzung von Eigenkapital), verlieren aber kein Wort darüber, dass die Gefahr besteht, dass Kreditnehmer, die mitten drin in ihrer Tilgung sind und alles richtig machen, plötzlich enteignet werden können und alles Vermögen verlieren.
Auf wessen Seite stehen Sie bei diesem Thema ?
Und wessen Interessen vertreten Sie ?
Die der Bürger anscheinend nicht..

Ich hoffe, dass Sie diese Nachfrage zum Anlass nehmen, sich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen und zu einer akzeptableren Einstellung zu gelangen.

Entsetzt
Gert Büttner

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Antwort von
CSU

Herr Büttner,

selbstverständlich habe ich nicht nur Verständnis für die Sorgen der betroffenen Grundstückseigentümer, sondern sehe hier auch Handlungsbedarf. Aus diesem Grund habe ich auch eine Initiative gestartet, um erstens belastbare Informationen über die Zahl der möglicherweise Betroffenen zu erhalten und um zweitens Lösungsmöglichkeiten auszuloten.

Ich weiß, dass es nicht sein kann, dass sich Kreditnehmer, die sich jederzeit vertragstreu verhalten haben, einem solchen Risiko ausgesetzt sind. Hier ist aus meiner Sicht ein Fehler unter der Rot/Grünen Bundesregierung geschehen, der korrigiert werden muss. Deshalb finden derzeit Gespräche statt, um zu einer sachgerechten Lösung zu kommen.

Der Beitrag von Plusminus erweckt den Eindruck, dass der Erwerber einer Grundschuld jederzeit die Möglichkeit habe, unabhängig von Existenz und Höhe der zugrunde liegenden Forderung in das besicherte Immobilienvermögen in Höhe des Grundschuldbetrages zu vollstrecken. Dies ist so wie in dem Bericht vereinfacht dargestellt nicht richtig Ein Gläubigerwechsel kann durch Abtretung nach §§ 398 ff. BGB mit Hilfe einer Vertragsübernahme oder auf Grund gesetzlicher Anordnung der Rechtsnachfolge (z.B. Ausgliederung nach Umwandlungsgesetz) eintreten. In keinem Fall ändert sich der Inhalt der übertragenen Forderung. Bei einer Vertragsübernahme bleiben ebenso wie bei einer Forderungsabtretung alle Einreden und Einwendungen, die dem Schuldner schon gegenüber dem Altgläubiger zustanden, gemäß § 404 BGB erhalten, so dass der Schuldner bei einer Übertragung seiner Kreditforderung keine Verschlechterung seiner Rechtsposition erfährt. Der Kreditvertrag wird so, wie er zwischen Darlehensnehmer und der Bank vereinbart wurde, übernommen. Die Grundschuld ist nach deutschem Sachenrecht http://de.wikipedia.org/wiki/Sachenrecht das dingliche Recht http://de.wikipedia.org/wiki/Dingliches_Recht, aus einem Grundstück oder einem grundstücksgleichen Recht (beispielsweise einem Wohnungseigentum http://de.wikipedia.org/wiki/Wohnungseigentum oder einem Erbbaurecht http://de.wikipedia.org/wiki/Erbbaurecht ) die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zu fordern. Im Gegensatz zu Hypotheken http://de.wikipedia.org/wiki/Hypothek sind Grundschulden nicht akzessorisch http://de.wikipedia.org/wiki/Akzessorisch , sondern abstrakt d.h. sie sind nicht von Bestand und Umfang der gesicherten Forderung, beispielsweise Darlehen http://de.wikipedia.org/wiki/Darlehen, abhängig und können für sich allein übertragen oder genutzt werden. Grundschulden können daher -- anders als Hypotheken -- auch nach deren Bestellung noch für andere Forderungen als Sicherheit herangezogen werden, indem einfach die Sicherungsabrede http://de.wikipedia.org/wiki/Sicherungsabrede entsprechend erweitert wird. Das ist auch der Grund, weshalb in der Praxis Grundschulden den Hypotheken vorgezogen werden. Neben dem eigentlichen Grundschuldbetrag werden üblicherweise noch Grundschuldzinsen (dingliche Zinsen http://de.wikipedia.org/wiki/Dingliche_Zinsen ) und die Nebenleistung http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Nebenleistung&action=edit eingetragen. Die Grundschuldzinsen sichern höhere Forderungen mit ab, die z.B. durch Zahlungsverzug entstehen und den Grundschuldnominalbetrag übersteigen.

Trotz der rechtlichen Unabhängigkeit der Grundschuld von der gesicherten Forderung als persönlichem Anspruch http://de.wikipedia.org/wiki/Anspruch sind Grundschuld und gesicherte Forderung durch die Sicherungsabrede (Zweckerklärung für Grundschulden) verbunden. Nach der Rückzahlung aller durch die Grundschuld gesicherten Forderungen entsteht aus der Sicherungsabrede ein Rückgewähranspruch http://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%BCckgew%C3%A4hranspruch. Der Rückgewähranspruch kann auf Rückabtretung der Grundschuld, auf Verzicht durch den Gläubiger sowie auf Löschung der Grundschuld http://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%B6schungsbewilligung gerichtet sein. In der Praxis wird dieser Anspruch von Kreditinstituten http://de.wikipedia.org/wiki/Kreditinstitut aber meistens auf den Anspruch auf Erteilung einer Löschungsbewilligung beschränkt In der Praxis enthalten die Kaufverträge über Kreditforderungen oder Kreditportfolien in der Regel eine Klausel, wonach der Erwerber bei einer Vollstreckung aus der Grundschuld an die Sicherungsvereinbarung zwischen dem Veräußerer und Darlehensnehmer gebunden ist. Durch einen Verkauf ohne diese Klausel würde der Veräußerer gegen die Sicherungsvereinbarung (Zweckbestimmungserklärung) mit dem Darlehensnehmer verstoßen und sich diesem gegenüber schadensersatzpflichtig machen, sobald der Erwerber die Sicherheiten. Selbst wenn die Klausel nicht vereinbart werden würde, könnte der Erwerber aus der Grundschuld nicht ohne Berücksichtigung der Forderung vollstrecken Zwar kann der Eigentümer seine Einreden gegen die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld dann nicht geltend machen, wenn der Erwerber die Höhe der ausstehenden Forderung nicht kennt. In der Praxis ist es aber - anders als im Beitrag von Plusminus vom 20. November 2007 dargestellt -- eigentlich ausgeschlossen, dass der Forderungserwerber aus einer Grundschuld gutgläubig in vollem Umfang vollstreckt, obwohl die Forderung nur noch zum Teil valutiert. Des Weiteren ist deutlich hervorzuheben, dass die Investoren, die Kredite von Banken erwerben, sich bereits aufgrund ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der verkaufenden Bank stets und ausnahmslos an die Sicherungsvereinbarungen halten.

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Müller, MdB

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Sehr geehrter Herr Büttner,

ich komme zurück auf Ihre Frage vom 30. November 2007 zum Beitrag der ARD Sendung "Plusminus", in der es um Kreditverkäufe ging.

Diesbezüglich hatte ich eine Anfrage an das Bundesministerium der Finanzen gestellt, um in Erfahrung zu bringen, ob es sich hierbei tatsächlich um ein Problem handelt, das in der Praxis auftaucht, oder ob dies lediglich eine theoretische Möglichkeit ist. Der Beitrag selbst hat mich auch sehr beunruhigt, allerdings ist dem Finanzministerium kein einziger Fall bekannt, in dem es zu einer Vollstreckung in die Grundschuld gekommen ist, nachdem die Darlehensforderung weiterverkauft wurde. Der Schutz der Kreditnehmer durch das Bürgerliche Gesetzbuch scheint ausreichend zu sein.

Dennoch wird es am 23. Januar eine Anhörung im Finanzausschuss zum Risikobegrenzungsgesetz geben mit der Zielsetzung, hier einen klaren gesetzlichen Schutz für die Grundschuldgeber zu erreichen. Mit der geplanten Neuregelung soll ein Institut, das das Kreditgeschäft betreibt, auch Kredite anbieten müssen, deren Forderungen nicht veräußert werden dürfen.

Ich gehe davon aus, dass hiermit ein wichtiger Beitrag zu mehr Rechtssicherheit geleistet werden kann.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Müller, MdB

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