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Stefan Müller
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Frage von Torsten G. •

Frage an Stefan Müller von Torsten G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Müller,

der Direktor der Pariser "Schule für Wirtschaftskrieg" hat bereits in den 90er Jahren vor den Gefahren der US-amerikanischen Abhörpraxis im Internet gewarnt.
Quelle: http://www.ingenieur.de/Branchen/IT-Telekommunikation/Harbulot-Wir-Kolonie-US-kontrollierten-Internets

1. Können Sie bestätigen, dass der CDU/CSU dieses nicht bekannt war?

2. Welche konkreten Maßnahmen hat die Regierung auf den Weg gebracht, um die Bürger vor der Überwachung zu schützen?

mit freundlichen Grüßen

Torsten Gerdes

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Sehr geehrter Herr Gerdes,

zu Frage 1)

Mitte der 90er Jahre war ich noch nicht Mitglied des Deutschen Bundestages und kann Ihnen auch nicht sagen, wer damals im Internet Artikel eines Schuldirektors aus Paris gelesen hat oder nicht.

Zu Frage 2)

Unser Staat hat die Pflicht, seine Bürger zu schützen und seine Freiheiten und Grundrechte zu achten. Die Union ist die einzige Partei, die diesen /beiden// /Dimensionen staatlicher Aufgaben eine hohe Priorität einräumt. Nur wenn es ein ausreichendes Maß an Sicherheit in einer Gesellschaft gibt, können die Bürgerinnen und Bürger ihre Freiheiten auch tatsächlich nutzen. Die Freiheitsrechte unserer Verfassung richten sich nicht nur gegen den Staat, sondern sie verlangen zugleich auch seinen aktiven Schutz gegenüber Straftätern und Gefährdern sowie Übergriffen anderer Staaten.

Sowohl der Freiheit als auch der Sicherheit können wir nur gerecht werden, wenn wir uns am *Verhältnismäßigkeitsprinzip* orientieren. Das heißt ganz konkret: Wenn es um die Suche nach einem Mörder, Entführer oder Terrorverdächtigen geht, kann ein Richter in Deutschland oder die dafür beim Bundestag eingerichtete G-10-Kommission die Überwachung der Kommunikation anordnen. Dies ist in solchen Fällen notwendig und völlig angemessen. Bei weniger gravierenden Gefahren oder Straftaten wie zum Beispiel einem Ladendiebstahl sind nach unserem Verständnis andere Maßnahmen ausreichend.

Der Zweck heiligt also nicht alle Mittel, sondern Zweck und Mittel müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Wir werden daher selbstverständlich auch zum Zweck der Sicherheit nicht alles gesetzlich zulassen, was technisch möglich ist. Wir wollen unseren Sicherheitsbehörden daher auch künftig nur einen gezielten Zugriff auf Daten unter strengen rechtsstaatlichen Maßgaben erlauben. *Eine ziellose und allumfassende Sammelwut lehnen wir jedoch strikt ab. Darin unterscheidet sich unser Sicherheits- und Freiheitsverständnis von demjenigen der US-Regierung.*

In Zeiten der Globalisierung, des Internets und des ständig steigenden Reiseverkehrs haben die stärksten Bedrohungen für unsere innere Sicherheit ganz überwiegend eine internationale Dimension. Dies gilt in besonderem Maße für den Terrorismus: Islamisten lassen sich etwa durch das Internet radikalisieren (auf Seiten, die im Ausland betrieben werden), reisen dann in Ausbildungslager für Terroristen im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet oder kämpfen im Syrienkonflikt mit und kehren anschließend nach Deutschland zurück. Um zu verhindern, dass solche Extremisten Anschläge verüben, ist es unabdingbar, dass sich unsere Sicherheitsbehörden mit Sicherheitsbehörden unserer Verbündeten eng austauschen. *Durch die Zusammenarbeit mit der NSA konnten Anschläge in Deutschland verhindert werden, wie konkret etwa durch die Sauerlandgruppe oder die Düsseldorfer Terrorzelle.*

Wenn deutsche Staatsbürger im Ausland entführt werden, ist es geboten, dass unsere Sicherheitsbehörden eng mit unseren Verbündeten kooperieren. Das haben bisher alle Bundesregierungen so gehandhabt. Wenn es im Netz einen Austausch über Bombenbauanleitungen gibt, dann darf sich der Staat nicht künstlich blind machen. Schließlich ist es ein Gebot praktischer Vernunft, bei einem multilateralen Einsatz von Soldaten wie in Afghanistan sich in Sicherheitsfragen mit den Partnern auszutauschen. *Ein angemessener* *Datenaustausch sichert das Leben unserer Soldaten im Ausland und unserer Bürger im In- und Ausland.*

Der Schutz digitaler Daten deutscher Internetnutzer durch deutsches oder europäisches Datenschutzrecht hat in der Praxis Grenzen. Denn Daten fließen selbst bei einer E-Mail eines T-Online-Kunden an einen anderen Server in Deutschland möglicherweise über transnationale Kabel. Die Daten folgen nicht der Geographie, also dem kürzesten Weg zwischen Absender und Empfänger einer E-Mail, sondern den jeweils aktuellen Kosten für Datentransporte. Daher überqueren sie häufiger als wir denken nationale Grenzen und unterliegen dann nicht mehr der Hoheitsgewalt deutscher Behörden und dem Geltungsbereich des Grundgesetzes.

Der Staat spielt zudem eine wichtige Rolle bei der Forschungsförderung, bei der Entwicklung und auch der Zertifizierung von sicheren IT-Produkten. Wir müssen aber *unsere Anstrengungen um eine bessere IT-Sicherheit intensivieren* etwa im Hinblick auf Verschlüsselungsmöglichkeiten, die missbräuchliche Datenausspähung erschweren.

Bei allen Maßnahmen müssen wir uns aber bewusst sein und sollten dies offen und aktiv kommunizieren: Bürger und Unternehmen müssen letztlich eigenverantwortlich unterscheiden zwischen Kommunikation, die ihnen wichtig und besonders schützenswert ist, und jener herkömmlichen Versendung von Daten im Internet, welche leicht ausgelesen werden kann und der Vertraulichkeit allenfalls einer Postkarte entspricht. *Der Staat kann dem Bürger beim Surfen, Chatten, Mailen oder Posten seine Eigenverantwortung nicht abnehmen. *

Da die Daten beim Internetsurfen oder Mailen transnational fließen, helfen rein nationale Regelungen wie unser Bundesdatenschutzgesetz nicht weiter. Daher werden wir mit der Bundesregierung auf internationaler Ebene sowohl im Rahmen der EU als auch bei den Vereinten Nationen für einen intensiveren Datenschutz eintreten. Wichtig ist auch der Vorstoß von Minister Dr. Friedrich, im Rahmen der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA eine digitale Grundrechte-Charta einzufordern und diese zum Verhandlungsgegenstand zu machen.

Das Auswärtige Amt führt mit dem amerikanischen Außenministerium derzeit Verhandlungen für einen Verbalnotenwechsel über die Aufhebung der Verwaltungsvereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika von 1968 zum G10. Ebensolche Verhandlungen werden mit den anderen Westalliierten, Großbritannien und Frankreich, auch geführt.

Die Gespräche mit Amerika auf Expertenebene über eventuelle Abschöpfungen von Daten in Deutschland werden fortgesetzt, in Deutschland wie in den USA. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat eine Arbeitseinheit „NSA-Überwachung“ eingesetzt, deren Ergebnisse natürlich auch - wie alles andere - dem Parlamentarischen Kontrollgremium berichtet werden.

Das Auswärtige Amt setzt sich als federführendes Ressort auf internationaler Ebene dafür ein, ein Zusatzprotokoll zu Art. 17 zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte der Vereinten Nationen zu verhandeln. Inhalt eines solchen Zusatzprotokolls - es wäre im Übrigen das dritte Zusatzprotokoll - sollen ergänzende und den heutigen modernen technischen Entwicklungen entsprechende internationale Vereinbarungen zum Datenschutz sein, die auch die Tätigkeit der Nachrichtendienste umfassen.

Auf europäischer Ebene treibt Deutschland die Arbeiten an der Datenschutzgrund-verordnung entschieden voran. Die Beratungen laufen gerade, auch beim Justiz- und Innenministerrat. Wir wollen, dass in die Verordnung eine Auskunftspflicht der Firmen für den Fall aufgenommen wird, dass Daten an Drittstaaten weitergegeben werden. Hierzu gibt es auch eine deutsch-französische Initiative.

Deutschland wirkt darauf hin, dass die Auslandsnachrichtendienste der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeinsame Standards ihrer Zusammenarbeit erarbeiten. Der Bundeswirtschaftsminister setzt sich zusammen mit der Kommission der Europäischen Union für eine ambitionierte IT-Strategie auf europäischer Ebene ein, der eine Analyse der heute fehlenden Systemfähigkeiten in Europa zugrunde liegen muss.

National setzten wir einen runden Tisch „Sicherheitstechnik im IT-Bereich“ ein, dem die Politik - darunter auch das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik -, Forschungseinrichtungen und Unternehmen nach dem Vorbild des runden Tisches „Elektromobilität“ angehören. Es muss daran gearbeitet werden, gerade für Unternehmen, die Sicherheitstechnik erstellen, bessere Rahmenbedingungen in Deutschland zu finden.

Die Union ist die Partei der inneren und der äußeren Sicherheit. Keine andere Partei nimmt den Schutzauftrag des Grundgesetzes so ernst wie wir, wenn es um den Schutz von Leib und Leben unserer Bürger geht. Wir stehen für eine Politik, die mit Augenmaß und ohne Übertreibung in die eine oder andere Richtung unsere Freiheit und damit das friedliche Zusammenleben aller Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sichert. Die Vorstellungen der Opposition, deutsches Datenschutzrecht müsse weltweit in einer Art „Basta“-Politik oder gar mit der „Kavallerie“ erzwungen werden, sind weltfremd. Verhältnismäßigkeit und Augenmaß gelten auch hier. Wer das vergisst, sollte keine Regierungsverantwortung übernehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Müller

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