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Frage von Dieter R. •

Frage an Sabine Zimmermann von Dieter R. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Zimmermann,

zum Thema Umwelt ( Vollbiologische Kläranlage )habe ich folgende Frage:
Ich wohne in Crimmitschau OT Lauenhain.
Der Ort Lauenhain hat ca. 650 Einwohner.Ein Teil der Anwohner ist an die zentrale Kläranlage angeschlossen,ca.200 Personen leiten die Abwasser über eine teilbiologisch Kläranlage in den Dorfbach ein.
Werden wir per Gesetz zum Neubau bzw.Umbau zu einer Vollbiologischen Kläranlage verpflichtet oder sind es Richtlinien der EU oder ist es ein Gesetz der Wasserwerke Zwickau.

Mit freundlichen Grüßen
Dieter Rösner

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Sehr geehrte Damen und Herren,

als kurzen Zwischenbescheid möchten wir darauf hinweisen, daß die Frage an einen kompetenten Mitarbeiter weitergeleitet wurde, der sich mit dem Thema intensiver befaßt und deshalb eine umfassendere Antwort geben kann. Daher bitten wir um etwas Geduld und Verständnis.

Vielen Dank und beste Grüße aus dem

Büro
MdB Sabine Zimmermann

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Sehr geehrter Herr Rösner,

die Anforderungen an die Klärung von Abwässern gründen auf EU-Seite auf der EG - Richtlinie 91/271/EWG über die Behandlung von kommunalem Abwasser (EG-Kommunalabwasser-Richtlinie), geändert durch die Richtlinie 98/15/EG, sowie der Wasserrahmen-Richtlinie (WRRL). Umgesetzt in deutsches Recht und ergänzt wurden die Richtlinien über den 7a des Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und den Anhang 1 der Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer (AbwV). Zudem gelten einschlägige Länderverordnungen. Insofern gelten EU-Recht sowie deutsches Recht auf Ebene von Bund und Ländern.

Auf dem Gebiet des Wasserhaushaltes hat der Bund das Recht, Rahmenvorschriften zu erlassen. Dies bedeutet, dass der Bund den Ländern einen rechtlichen Regelungsrahmen vorgeben kann. Die Länder müssen diesen Rahmen durch eigenes Landesrecht ausfüllen und können ergänzende Regelungen erlassen.

Der Verwaltungsvollzug aller wasserrechtlichen Vorschriften einschließlich der Bundesgesetze und damit insbesondere Erteilung der behördlichen Zulassungen ist Sache der Länder. Zu den traditionellen Pflichtaufgaben der Kommunen gehören nach Maßgabe der Landeswassergesetze die Trinkwasserversorgung und die Abwasserbeseitigung.

Was die Anforderungen an die jeweilige Kläranlage betrifft, müssen die Abwässer nach dem jeweiligen Stand der Technik so behandelt werden, dass die geklärten Abwässer anschließend in Flüsse, Seen oder das Meer geleitet werden können, ohne dass dies zu Schäden an den Gewässern führt. Laut EG-Kommunalabwasser-Richtlinie brauchen Gemeinden unter 2000 Einwohnergleichwerten weder eine zentrale Kanalisation einrichten, noch eine so genannte zweite Reinigungsstufe, d.h. eine Abwasserbehandlung durch eine biologische Stufe mit einem Nachklärbecken. Die Frage ist natürlich, ob Ihr Ortsteil als eigene Gemeinde gezählt wird, oder Lauenhain mit seinen 650 Einwohnern zu Crimmitschau gehört, das 24 000 Einwohner hat. Ich nehme an, zweites ist der Fall. Dementsprechend sind für die Stadt schon seit dem Jahr 2000 Kanalisation und zweite Reinigungsstufe vorgeschrieben.

Die Kommune kann nun ihre Einwohner dazu verpflichten, sich an die zentrale Kanalisation anschließen zu lassen. Ist die Einrichtung einer Kanalisation nicht gerechtfertigt, weil sie entweder keinen Nutzen für die Umwelt mit sich bringen würde oder mit übermäßigen Kosten verbunden wäre, so sind laut EG-Kommunalabwasser-Richtlinie individuelle Systeme oder andere geeignete Maßnahmen zugelassen, die das gleiche Umweltschutzniveau gewährleisten. Dies lässt auch das deutsche Wasserhaushaltsgesetz zu.

Die Umsetzung der EU-Mindestanforderungen obliegt, wie gesagt, in Deutschland den Länder-Wassergesetzen und den Kommunalabgabengesetzen der Länder. Die letzte Umsetzungsstufe sind dann die jeweiligen kommunalen Abwasser- und Gebührensatzungen.

Im Rahmen einer Neuorientierung der Förderpolitik im ländlichen Raum hat Sachsen im Jahr 2007 begonnen, auch Kleinkläranlagen "gleichberechtigt" zu fördern. Hierzu erklärte der damalige Dresdener Umwelt- und Landwirtschaftsminister Stanislaw Tillich (CDU) am 15.12.06: "Die wirtschaftlichste Lösung zählt." Ferner teilte der Minister mit, dass die Entscheidungen zwischen dezentralen und zentralen Varianten der Abwasserentsorgung künftig "vor Ort getroffen" werden sollen, "also bei der Kommune oder dem Abwasserzweckverband".

Nun konkret zu Ihrem Fall:
In teilbiologischen Kläranlagen - auch Mehrkammer-Ausfaulgruben genannt - wird das häusliche Abwasser zu etwa 35 % gereinigt. Eingeleitete Feststoffe setzen sich ab und durch einen natürlichen Faul-Prozess wird das Abwasser gereinigt. In vollbiologischen Kläranlagen wird das häusliche Abwasser dagegen durch Mikroorganismen zu etwa 95 % gereinigt.

Zum Neubau bzw. Umbau der ihrer teilbiologischen Kläranlagen zu einer vollbiologischen Kläranlage könnten Sie beispielsweise durch die Landesbehörden bzw. Kommunen verpflichtet werden, wenn Ihr Bach als Einleiter durch eine lediglich teilbiologische Behandlung zu stark belastet würde. Denn es gibt nicht nur einzuhaltende Einleitewerte der Kläranlagen nach dem oben genannten Anhang 1 der AbwV. Parallel dürfen die jeweiligen Gewässer auch durch die Summe der Einleitungen nicht überfrachtet werden - selbst wenn jede einzelne die geltenden Grenzwerte einhält. Dementsprechend können die Behörden strengere Einleitewerte festlegen, wenn ein Ökosystem droht Schaden zu nehmen. Ob dies in Ihrem Fall gerechtfertigt ist, kann ich nicht beurteilen. Bitte setzen Sie sich diesbezüglich mit einem kommunalen Abgeordneten der LINKEN in Verbindung.

Ohnehin müssen sämtliche Kläranlagen dem so genannten "Stand der Technik" entsprechen. Und tun sie das nicht, sind sie in angemessener Frist umzurüsten. Diese Pflicht nach § 7 a des Wasserhaushaltsgesetzes in Verbindung mit der Abwasserverordnung, welche eine biologische Reinigung auch bei Kleinkläranlagen fordert, soll in Sachsen bis spätestens Ende 2015 erfüllt sein. Denn bis zu diesem Datum fordert die EU-Wasserrahmenrichtlinie für alle Gewässer u. a. einen guten chemischen und guten ökologischen Zustand.

Die Sächsische Staatsregierung sieht deshalb vor, dass bis 2015 alle Kleinkläranlagen mit einer vollbiologischen Reinigungsstufe auszurüsten sind. Sie hat dafür ein Förderprogramm aufgelegt. Siehe: http://www.sab.sachsen.de/de/foerderung/programme/p_umwelt/fp_ul/detailfp_ul_2420.html

Aus Ihrer Anfrage wird im Übrigen nicht ersichtlich, ob die 200 Einwohner jeweils separate Hauskläranlagen haben oder es schon eine Ortskanalisation mit angeschlossener teilbiologischer Ortsteilkläranlage gibt. Sollte letzteres zutreffen, dann sollte man eine Variantenuntersuchung vorschlagen, welches Verfahren gleichermaßen preisgünstig wie ökologisch verantwortbar ist. Wenn im Anschluss an eine möglicherweise vorhandene teilbiologische Ortsteilkläranlage genügend ebenes Gelände zur Verfügung stehen würde, wäre dies vermutlich eine Pflanzenkläranlage. Das Ergebnis der Variantenuntersuchung hängt aber auch von dem Fremdwasserzufluss in der Ortskanalisation und in den Grundstücksentwässerungsanlagen sowie vor allem auch davon ab, ob es eine Mischwasser- oder eine Trennkanalisation gibt. Bei einer Mischwasserkanalisation würde eine Pflanzenkläranlage vermutlich bei größeren Niederschlagsereignissen mit zu viel verdünntem Abwasser beaufschlagt.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Zimmermann