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Frage von wolfgang l. •

Frage an Reinhard Grindel von wolfgang l. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sie haben am 01.07.15 Herrn L. geantwortet, dass derzeit eine Abstimmung über Griechenlandhilfen nicht ansteht. Die Wirklichkeit hat Sie eingeholt, was eigentlich zu erwarten war. Sie wollen nach Ihren Worten einem weiteren Hilfeersuchen niemals zustimmen, weil die griechische Regierung keine notwendigen struktuellen Reformen wollte. Nun sind Reformen beschlossen worden, glauben Sie wirklich an deren Verwirklichung ? Werden Sie jetzt zustimmen ? Wieviel Hilfen werden noch folgen ?
Glauben Sie wirklich an eine Rückzahlung ? Haben Sie den Mut dagegen zu stimmen, denken Sie an § 38 G.G. und an die Verantwortung gegenüber unseren Enkeln und Urenkeln, die letztendlich für die unverantwortliche Verschuldung aufkommen müssen.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Lehmann,

haben Sie Dank für Ihre Anfrage zum Thema Griechenlandhilfe, zu der ich Ihnen die Beweggründe meiner Entscheidung gerne erläutern möchte.

Die Erfahrungen der letzten Wochen im Zeichen der Bankenschließung und einer nahezu chaotischen Lage in Griechenland haben bei der griechischen Regierung zu einer Änderung ihrer Haltung geführt. Im Bundestag und auch vor der Fraktion hat Minister Schäuble von einer „völlig anderen Welt“ gesprochen und einer erstmals anzutreffenden „Bereitschaft zu ergebnisorientierten Verhandlungen“.

Die Ergebnisse der Beratungen der Eurogruppe sind ein so hartes, von vielfältigen Konditionalitäten geprägtes, Programm, wie dies bisher keinem anderen Land (Spanien, Irland oder Zypern) auferlegt worden ist. Wolfgang Schäuble hat von den Kollegen in der Eurogruppe berichtet, dass diese allesamt nicht geglaubt hätten, dass die Griechen ein solches Programm so mitmachen und, auch das ist neu, nahezu alle kurzfristigen Verpflichtungen (Prior Actions) bereits im Parlament beschlossen haben.

Die Mittel, die jetzt nach Griechenland fließen, dienen zum erheblichen Teil einer Umschuldung. Es werden damit auch Rückzahlungsverpflichtungen an die EZB erfüllt, was indirekt auch Deutschland zu Gute kommt. Auch dies darf nicht übersehen werden. Ebenso zeigt der Verkauf von Anteilen an den Regionalflughäfen an die Fraport, dass die erhofften Privatisierungserlöse nicht völlig unrealistisch sind.

Die einzelnen Tranchen der Auszahlungen werden begleitet von einem intensiven und regelmäßigen Überprüfungsmechanismus, ob die Konditionalitäten von der griechischen Regierung auch wirklich eingehalten werden. An der Kontrolltätigkeit der Institutionen, das wird häufig übersehen, ist in jedem Fall auch der IWF beteiligt.

Für meine Entscheidung waren aber insbesondere auch zwei politische Gesichtspunkte maßgeblich. Erstens: ob es uns passt oder nicht, die Medien schauen nicht mehr auf die Inhalte, sondern nur noch auf die Frage, wird die Zahl der Abweichler in der CDU/CSU größer. Je größer diese Zahl in einer so fundamental wichtigen Frage werden würde, umso mehr würde unsere Bundeskanzlerin geschwächt, was mit Blick auf die kommenden Herausforderungen kaum zu verantworten gewesen wäre.

Und zweitens, noch wichtiger als das Griechenland-Thema wird in den kommenden Monaten und Jahren das Thema Asyl und Zuwanderung. Dabei sind wir auch auf europäische Solidarität angewiesen, weil das Flüchtlingsproblem nicht alleine von Deutschland, Schweden und Österreich geschultert werden kann. Wer glaubt denn im Ernst, dass uns als wirtschaftlich starkes Land in Europa unsere Partner Lasten beim Thema Flüchtlinge abnehmen würden, wenn wir jetzt bei der Frage Griechenland die Zustimmung verweigern. Auch diese Überlegungen mussten in eine Gesamtabwägung bei der Abstimmung mit einbezogen werden.

Insgesamt bin ich deshalb zu dem Ergebnis gekommen, dem Hilfsprogramm zuzustimmen. Das heißt nicht, dass alle Zweifel beseitigt sind und wir eine Garantie haben, dass dieses Programm erfolgreich sein wird. Aber in Wahrheit gibt es keine verantwortbare Alternative und auch aus einer gesamteuropäischen Verantwortung heraus ist die Zustimmung geboten.

Mit freundlichen Grüßen

Reinhard Grindel MdB