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Frage von Roland K. •

Frage an Rainer Tabillion von Roland K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Lieber Genosse Rainer.
Ich bin am 25.07.1965 geboren und Arbeite seit 25 Jahre bei der DSK und bin seit 25 Jahre bei der SPD. Warum Hast Du die Rente Mit 67 unterstützt?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Klein,
lieber Roland,

vielen Dank für Deine Frage, auf die ich ausführlicher antworten möchte.

Aus meiner Sicht war es ein Fehler bei den Koalitionsverhandlungen die von der CDU geforderte Rente mit 67 nicht in ein Paket flexibler Regelungen und sozialer Abfederungen für einen individuellen Übergang in die Rente eingebunden zu haben.

Bei der Abstimmung in der Fraktion habe ich deshalb gegen das Gesetz gestimmt, weil ein entsprechendes Paket für einen flexiblen individualisierten Übergang in die Rente nicht zeitgleich verabschiedet wurde. Bei der Abstimmung im Bundestag war für mich das mit ganz großer Mehrheit erfolgte Votum der SPD-Bundestagsfraktion maßgeblich. Die Beachtung dieses Mehrheitsprinzips ist Grundlage jeder demokratischen Meinungsbildung im parlamentarischen und insbesondere im gewerkschaftlichen Bereich.

Allerdings hat die Fraktion eine Arbeitsgruppe gebildet, die zum Hamburger Parteitag Ende Oktober konkrete Eckpunkte für ein flexibles Renteneintrittskonzept vorlegen wird.

Ein modernes Rentensystem muss viele Möglichkeiten für den gleitenden Übergang in die Rente anbieten. Neben einer öffentlichen Förderung spielen bei der Gestal­tung von Altersteilzeit, Teilrente, kontinuierlicher Qualifikation und Kompensation von Rentenabschlägen Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen eine immer wichtigere Rolle.

Darüber hinaus ist das Renteneintrittsalter nur eines von vielen Kriterien die das künftige Niveau der Renten bestimmen. Die gesetzliche Rente wird ganz entschei­dend davon abhängen wie es gelingt, die Wertschöpfung unserer Gesellschaft zu erhöhen und mehr Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen. Deshalb unterstütze ich auch nachhaltig die Forderungen der Gewerkschaften nach deutlichen Lohn­erhöhungen und nach Mindestlöhnen. Die Einkommensentwicklung ist jedenfalls wesentlich wichtiger für die künftige Rentenhöhe, als die Erhöhung des Renteneintrittsalters.

Die Zukunftssicherung der Renten erfordert auch einen Paradigmenwechsel von staatlich gefördertem und gewerkschaftlich mitgetragenem Abbau von Arbeitsplätzen älterer Arbeitnehmer vor allem in Großunternehmen, hin zu einer Politik für eine insgesamt höhere Beschäftigungsquote bei über 50-Jährigen und bei Frauen.

Der sich abzeichnende Fachkräftemangel in den kommenden Jahren, auch eine Konsequenz aus der aktuellen demografischen Entwicklung, wird die Rolle älterer Arbeitnehmer aus meiner Sicht entscheidend prägen. Dann werden es sich die Unternehmer nicht mehr erlauben können, auf ihre älteren und somit erfahrenen Arbeitnehmer zu verzichten.

Diesem sich jetzt schon abzeichnenden Mangel an qualifizierten Arbeitskräften können wir nur mit einer Doppelstrategie begegnen: Investitionen in die Bildung der jungen und immer fortschreitende Qualifizierung der älteren Arbeitnehmer. In jedem Fall wird es 2012, bevor die Rente mit 67 zu wirken beginnt, eine Überprüfung der dann gegebenen arbeitsmarktpolitischen Rahmenbedingungen geben und ich bin überzeugt, dass diese bei den Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmer ganz anders aussehen werden als heute.

Darüber hinaus gilt es gerade bei jüngeren Menschen ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die individuelle Rente immer mehr davon abhängt, wie es gelingt, die Betriebsrente zu einem flächendeckenden Standbein der Versorgung im Alter zu machen und wie jeder Einzelne mit staatlicher Förderung eine zusätzliche private Altersversorgung aufbaut.

Wesentliche Teile der Gewerkschaften und viele Betriebsräte sind übrigens auch der Ansicht, dass man sich einer konstruktiven Auseinandersetzung mit der Zukunfts­fähigkeit der Rente nicht verweigern kann. Und in der Tat werden einige Kernfragen der Rente ja auch auf der betrieblichen Ebene zu lösen sein. Ich würde es deshalb sehr begrüßen, wenn Gewerkschaften und die SPD diesen konstruktiven Dialog über die Ausgestaltung eines flexiblen sozial ausgewogenen Renteneintrittskonzepts zu einem guten Ergebnis bringen würden.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Rainer Tabillion, MdB