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Peter Lutz Engelmann
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Frage von Wolfgang R. •

Frage an Peter Lutz Engelmann von Wolfgang R. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Engelmann,

gerne würde ich ja einer liberalen Politik, mit weniger Staat, weniger Bürokratie und weniger Steuern, meine Stimme geben.

Anscheinend bin ich diesbezüglich bei Ihnen und der FDP aber wohl auch an der falschen Stelle.

Sie sprechen zwar davon, das "bürokratische Monster", Arbeitsagentur auflösen zu wollen. Aber nicht etwa um sich von diesem ineffizienten Verwaltungsmonstrum im Sinne von weniger Staat zu trennen. Nein, um es lediglich in drei kleinere "Monsterlein", bei gleichem Aufwand, in regionale Hoheit zu legen.

Sind Sie ernsthaft der Auffassung, diese "Monsterlein" könnten dann etwa die Unmöglichkeit vollbringen, 5 Mio. Arbeitslose in 300 Tsd. offene Stellen zu vermitteln?

Und wieviel soll alleine die neuerliche Umstrukturierung wieder kosten?

Sind die Beraterverträge schon formuliert?

Weiter schreiben Sie vom angeblich einfacheren, gerechten Steuersystem der FDP.

Nun, das Streichen der Ausnahmen und die Floskel "gerecht" sind eigentlich noch nichts, was die FDP hier von den anderen Parteien grundlegend unterscheiden würde.

Aber was an progressiven Steuersätzen (auch in Stufen) bitteschön überhaupt "gerecht" sein soll, will sich mir auch im fortgeschrittenen Alter nicht erschliessen. Es sei denn, man findet es gerecht, Leistung zu bestrafen. Oder können Sie es mir erklären?

Und welchen Gesetzen der "Vereinfachung" möchte bitte eine Berechnungsfunktion folgen, welche anstatt linear künftig in Stufen verlaufen soll?

Bei einer Senkung des Spitzensteuersatzes von 45% mit vielen Abschreibungsmöglichkeiten, auf immerhin noch 35%, aber dann ohne jede Abzugsmöglichkeit, ergibt sich eine "deutliche Entlastung" auf Basis bitte welcher Rechenkunst?

Ebenfalls entnehme ich, dass Sie nun auch noch die Vorschulkinder in den staatliche Erziehungsapparat hineinzwängen wollen. Die "Hoheit über die Kinderbetten" also auch ein Anliegen der FDP?!

Weniger Staat und Steuern? Wo denn bitte?

MfG
W. Renner

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Antwort von
FDP

Guten Abend Herr Renner,

haben Sie vielen Dank für Ihre Vielzahl von Fragen, die ich gerne zu beantworten versuche.

Vorab: Es mag ja sein, dass Sie nicht mit allen Punkten unseres Wahlprogramms einverstanden sind. Auch in einer Partei werden Programme fast nie mit 100 %iger Zustimmung beschlossen. Aber sie werden beim Vergleich der Programme schnell feststellen, dass keine andere Partei stärker für eine liberale Politik, weniger Staat, weniger Bürokratie und weniger Steuern eintritt als die FDP.

Bei der Auflösung der Bundesagentur für Arbeit geht es uns nicht um die Aufteilung einer großen Behörde in drei kleinere. Es geht um eine Neuregelung der Aufgaben, die auch künftig noch erledigt werden müssen. Wir sind der Auffassung, dass die BA mit ihren 90.000 Mitarbeitern, einem Budget von knapp 60 Mrd. Euro und einem Anteil von gerade einmal 18 % an den erfolgreichen Jobvermittlungen diese Erledigung nicht schafft und auch nicht schaffen wird.

Die Aufteilung in Versicherungsagentur, kleiner Arbeitsmarktagentur und Job-Center werden diese Aufgaben besser - und vor allem mit erheblich geringerem Aufwand - erfüllen können.

Dass nicht die BA - in der bisherigen oder zukünftigen Form - für zusätzliche offene Stellen sorgen kann, ist klar. Hier sollen auch die anderen arbeitsmarktpolitischen Forderungen der FDP greifen.

Langfristiges Ziel in der Steuerpolitik der FDP ist die Einführung eines einheitlichen Steuersatzes für alle Einkünfte (Flat Tax). Ein einheitlicher Steuersatz würde eine Vielzahl der heute bestehenden Probleme beim Nebeneinander direkt progressiver Einkommensteuer und proportionaler Körperschaftsteuer lösen, aber auch den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit gewährleisten. Das wäre der steuersystematisch ideale Weg einer einfachen, gerechten und rechtsformneutralen Besteuerung. Dass wir dieses Ziel gegenwärtig nicht realisieren können, liegt an den hohen Steuerausfällen, die heute mit einer solchen Umstellung verbunden wären.

Daher schlagen wir als Zwischenschritt den Stufentarif von 15, 25 und 35 % vor. Anders als im § 32a Einkommensteuergesetz kann damit jeder die auf ihn entfallende Steuerlast einfach und schnell nachrechnen - ganz ohne Steuertabellen - und auch schnell feststellen, wie viel ihm z. B. von einer Gehaltserhöhung bleibt:

- Jeder erhält einen steuerfreien Grundfreibetrag in Höhe von 7.700 Euro. - Für Einkommen von 7.701 bis 15.000 Euro sind 15 % Steuern zu zahlen.
- Für den Einkommensteil zwischen 15.000 und 40.000 Euro sind 25 % zu zahlen.
- Für den Einkommensteil über 40.000 Euro sind 35 % Steuern zu zahlen.

In Verbindung mit einer vergleichbaren Unternehmensteuerreform bedeutet dies eine nachgewiesene Entlastung im Umfang von 17 bis 19 Mrd. Euro.

Gerecht heißt in diesem Zusammenhang auch, dass diese Stufensteuersätze dann tatsächlich bezahlt werden müssen und die Verzerrung durch die vielen Ausnahmetatbestände, die zu Einzelfallgerechtigkeit führen sollten, aber zu einer großen Gesamtungerechtigkeit geführt haben, entfällt.

Richtig ist, dass wir (Schul-)Bildung früher beginnen wollen. Das hat aber nichts, aber auch gar nichts mit dem völlig unsäglichen Spruch des damaligen SPD-Generalsekretärs über die "Lufthoheit über den Kinderbetten" zu tun. Niemand würde auf die Idee kommen, schulische Bildung als solches zu bezeichnen.

Wir treten für den Eintritt der Kinder in die Schulausbildung ab dem vollendeten fünften Lebensjahr ein. Und wir möchten, um alle Kinder schulfähig zu machen, in einer "Startklasse" vor dem Schulanfang ein verbindliches Angebot zur Förderung des Sprach- und Zahlenverständnisses und zur Entwicklung der sozialen Kompetenz, zur Musikalität und zur Kreativität. Es geht um Chancengerechtigkeit am Anfang der schulischen Ausbildung, die heute leider nicht gewährleistet ist, die aber für erfolgreiche
Schullaufbahnen unabdingbar ist.

Mit nettem Gruß

Peter L. Engelmann