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Frage von Andreas M. •

Frage an Peter Danckert von Andreas M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Danckert

was halten Sie von dem bedingungslosen Grundeinkommen?

Denken Sie nicht auch, dass es ungerecht ist, dass in einem
reichem Land wie Deutschland Menschen in Armut leben,
obwohl sie um Unterstützung vom Staat gebeten haben?

Sollten nicht 3,5 Millionen Deutsche, viele Kinder und Rentner die
Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, anstatt
nur ihre nackte Existenz abgesichert zu wissen?

Ein Wechsel zum Grundeinkommen würde soviele positive Dinge mit sich bringen.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen:
.. stärkt die Familie.
... fördert Innovation
... stärkt die Unternehmen.
... stärkt die Volkswirtschaft. Unproduktive Industrien und Wirtschaftszweige müssen nicht mehr subventioniert werden.
... ermöglicht einen umfassenden Abbau von Bürokratie, auch in den Sozialsystemen. Ein bedingungsloses Grundeinkommen ersetzt weitestgehend bestehende Sozialleistungen.

Das bedingungslose Grundeinkommen wird von vielen namenhaften Wissenschaftlern, unter ihnen zwei Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften gefordert.
Mehrere voneinander unabhängige Studien belegen eine Finanzierbarkeit.

Dass Menschen mit Kürzungen der Sozialleistungen zur Arbeit bewegt werden müssen, ist auch eine sehr fadenscheinige Praktik.

Wäre es nicht motivierender für Arbeitslose, wenn sie mehr als 20% von ihrem erarbeiteten Geld behalten können?
Denken Sie wirklich, ihre Wähler wollen hören, dass sie potentielle Faulenzer sind, die zur Arbeit gezwungen werden müssen?

Sollte sich die SPD nicht langsam von der eingestaubten Idee der Vollbeschäftigung lossagen und nach neuen, innovativen Lösungen suchen?

Ich glaube, es ist Zeit für eine wirkliche Verbesserung, nicht nur für Ausbesserungen an einem maroden System.
Was glauben Sie?

Freundliche Grüße
A.Milinski

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Milinski,

vielen Dank für Ihre Hinweise zur Umstellung der bestehenden Sozialsysteme auf ein bedingungsloses Grundeinkommen. Sie haben in Ihrer E-Mail eine ganze Reihe positiver Gesichtspunkte in diesem Zusammenhang dargelegt. Ich bin der Meinung, dass im Rahmen einer ergebnisoffenen Debatte aber auch mögliche Nachteile beleuchtet werden sollten:

Es gibt heute zweifellos zu wenig sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Auch dass es in Zukunft tatsächlich für jeden, der eine Arbeit sucht, einen Vollerwerbsarbeitsplatz geben wird, kann seriös nicht versprochen werden. Dennoch lohnt es sich, an dem Ziel „Arbeit für alle“ festzuhalten: Soziale und materielle Anerkennung, die dem Bedürfnis nach einer konstruktiven Auseinandersetzung mit der eigenen Umgebung entspricht, erlangen die Menschen in erster Linie über Arbeit. Sozialdemokratische Politik muss daher auch in Zukunft danach streben, eine Beschäftigungsperspektive für alle Menschen zu eröffnen.

Sicher wird es auch in kommenden Jahren Menschen geben, die keine Erwerbsarbeit finden oder auch keine finden wollen, wobei letzteres die absolute Ausnahme sein wird. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass die Schaffung einer bedingungslosen Grundsicherung der falsche Weg ist: Denn verlieren würden möglicherweise gerade diejenigen, die bereits heute keine ausreichenden Chancen haben, in ihrem Leben eine hinreichende Perspektive durch eigene Arbeit zu erhalten. Es bestünde die Gefahr, dass ihre Situation durch die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens dauerhaft verfestigt würde.

Man sollte bei dieser Problematik auch bedenken, dass Erwerbsarbeit nicht nur eine finanzielle Absicherung und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht, sondern auch Selbstwertgefühl vermittelt. Wer durch eigene Arbeit etwas schafft, was auch für Dritte einen Wert hat, verfügt über ein anderes Selbstbewusstsein als jemand, dessen materielle Basis über ein bedingungsloses Grundeinkommen gewährleistet wird und eben nicht durch einen eigenen Austauschprozess mit seinem gesellschaftlichen Umfeld. Die Einführung einer bedingungslosen Grundsicherung würde im Ergebnis auch dazu führen, dass Menschen das Gefühl bekommen, nicht gebraucht zu werden und sich in der Folge endgültig aus der Arbeitsgesellschaft zurückziehen. Somit würde ein bedingungsloses Grundeinkommen allgemein als "Stillhalteprämie" empfunden werden. Dies kann nicht Ziel sozialdemokratischer Politik sein.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Peter Danckert, MdB