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Oskar Lafontaine
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Frage von Carsten L. •

Frage an Oskar Lafontaine von Carsten L. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Lafontaine,

die aktuelle Finanzkrise, die ja nicht nur eine Krise, sondern viel eher eine semikriminelle Katastrophe ist, hat seitens der amtierenden Politiker keine ernstzunehmenden Reaktionen hervorgebracht. Ein paar Phrasen hier, entsetztes Getue dort- aber nichts bewegt sich wirklich. Und die Schuldigen ziehen weiter.
Mir ist klar, wieviele Menschen inzwischen auf Erden leben und wie unmöglich eine wirklich gerechte Verteilung der Ressourcen ist. Aber was wir mit der Auflösung (Verschwunden? Nicht eher umverteilt- und wohin eigentlich ?) von zig Milliarden Dollar und Euro erleben, das ist doch nun weit jenseits des Erträglichen, wie ohnmächtig die Mehrheit dem ausgeliefert ist.
Sehen Sie Chancen, dem zynischen Treiben der Banken ein Ende zu setzen? Ist das überhaupt noch möglich in diesem ausgewachsenen System der fiktiven und erpreßten Wertschöpfungen? Wären wir ohne Börsen nicht viel weiter?
Über eine kurze Antwort würde ich mich sehr freuen.

Mit den besten Wünschen
Carsten Linke

Portrait von Oskar Lafontaine
Antwort von
BSW

Sehr geehrter Herr Linke,

Ihre Frage habe ich dem Kollegen Dr. Axel Troost (MdB) weitergeleitet. Ich übersende Ihnen seine Antwort:

Ob der Re-Regulierungsrhetorik der Regierung Taten folgen und welche, hängt nicht zuletzt von uns als Opposition und der medialen Berichterstattung ab. Eine entscheidende Kraft ist, dass immer mehr Menschen weitgehend unregulierte, völlig überdimensionierte Finanzmärkte ablehnen.

Im Idealfall wird die Regierung weiter an Glaubwürdigkeit verlieren bzw. Varianten unserer Forderungen zeitverzögert aufgreifen - wie z.B. bei der Einsicht in die Notwendigkeit, ein Konjunkturprogramm aufzulegen. Während die anderen Parteien sich aktuell im Wesentlichen auf Fragen der Finanzaufsicht beschränken, tritt DIE LINKE für eine Umverteilung zu Gunsten der realen Nachfrage ein, statt wachsende spekulative Geldvermögen um den Globus kreisen zu lassen. Deshalb fordern wir neben öffentlichen Investitionen etwa die flächendeckende Einführung des Mindestlohns, eine Stärkung der öffentlichen Rente und das sofortige Anheben des Arbeitslosengeldes II auf 435 Euro. Dies ist sozial- und wirtschaftspolitisch sinnvoll, zumal Einkommenserhöhungen in den unteren Einkommensgruppen vor allem in den Konsum fließen statt auf die Finanzmärkte.

Unsere steuerpolitischen Vorschläge - unter anderem die Wiedereinführung der Vermögensteuer - zielen ebenfalls auf Umverteilung. Eine Finanztransaktionsteuer würde den Wertpapier- und Devisenhandel entschleunigen: Auch Aktien könnten wieder ihre Funktion der Unternehmensfinanzierung erfüllen statt diese zu dominieren - dies umso mehr, je ausgeprägter die Mitbestimmung der Beschäftigten in den Betrieben ist. Auch in anderen Ländern gibt es Forderungen, Finanztransaktionen international koordiniert zu besteuern und einen Teil der Einnahmen für die Entwicklungsfinanzierung zu nutzen.

Vorschläge gibt es genug. Politische Veränderungen sind zugleich, Wahlkampf hin oder her, zumeist langfristige Prozesse. Die Gründung der Partei DIE LINKE und ihr sichtbarer Eingang in die Parteienlandschaft halte ich für nicht zu verachtende Schritte.

Mit freundlichen Grüßen
Axel Troost