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Nicole Maisch
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Frage von Rüdiger L. •

Frage an Nicole Maisch von Rüdiger L. bezüglich Umwelt

Ich nahm letztes Jahr an einer Veranstaltung der SMA mit Herrn Dr.-Ing. Dipl.-Phys. Czisch in Kassel teil. Er hielt den Vortrag "100% regenerative STROMversorgung EUROPAS und seiner Nachbarn". Nach den Forschungen auf diesem Gebiet von ihm und seinen Kollegen ist es mit heute marktüblichen Techniken möglich diese Ziel zu erreichen - und auch bezahlbar.

Er sieht die Lösung des Energieproblems darin, dass in einem riesigen Gebiet (Nordkap - Sahelzone, Ural - Portugal) der gesamte Strombedarf EUROPAS mit Hilfe alternativer Kraftwerkstechnik gedeckt werden kann - also OHNE Kohle- und Kernkraftwerke. Es stehen in diesem Gebiet unterschiedliche Techniken zur Verfügung. Von der Wasserkraft in Norwegen, über Windparks (Offshore) an den Küsten von England, Frankreich, Nordafrika, in den Steppen Russlands, über solarthermische Kraftwerke (Parabolkraft) in Südspanien, Nordafrika, Saudiarabien, Griechenland bis hin zur Biomasse und Geothermie in Zentral- und Osteuropa. - Momentan sind überall im Land "hektische"Aktivitäten in Sachen "Windkraft" zu beobachten. Ich finde das im Prinzip lächerlich. Bei dem Klimaproblem, was wir derzeit haben, ist dieser Aktionismus in Bezug auf Energieerzeugung mit regenerativen Energien auf örtlicher Ebene "Kleinkram". Ich glaube nicht, dass man dieses Problem mit einer Vielzahl von kleinen Windparks usw. löst, sondern wir müssen uns von diesem Klein-Kleckerkram lösen und eine große Lösung - wie Herr Dr. Czisch sie vorschlägt - anstreben. Das Rettungspaket für die Banken bestand auch nicht aus 480 Millionen, sondern 480 Milliarden Euro. Die Bankenkrise wird in ein paar Jahren überwunden sein. Aber wenn wir das mit dem Klima nicht in den Griff bekommen, wird kurz über lang das Schcksal der zukünftigen Generationen auf dem Spiel stehen. Wir in Europa werden nur gerinfügig die Auswirkungen des Klimawandels spüren. In anderen Ecken der Welt sieht es jetzt schon aber ganz anders aus.

Wie stehen Sie und Ihre Partei zum Vorschlag von Herrn Dr. Czisch ?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Löwenstein,

vielen Dank für Ihre E-Mail.

Die Begrenzung des Menschen gemachten Klimawandels auf maximal 2 Grad Celsius ist eine der zentralen Aufgaben, die die Menschheit zu lösen hat. Die Lösung der Energiefrage ist eine der wichtigsten und schwierigsten Aufgaben in diesem Zusammenhang. Die Endlichkeit der fossilen Energieträger und ihr schädlicher Einfluss auf das Klima und die Gefahren der Atomenergie machen die Energiewende unvermeidbar. Weg von Öl, Kohle und Atom, hin zu erneuerbaren Energien.
Wir GRÜNEN haben vielseitige Konzepte entwickelt, wie Deutschland seine Energieversorgung langfristig sichern kann. Mehr hierzu finden sie unter: http://www.gruene-bundestag.de/cms/energie/rubrik/0/83.energie.html
Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung war das EEG (Erneuerbare Energien Gesetz), das zu rot-grünen Regierungszeiten beschlossen wurde und heute von keiner der im Bundestag vertretenen Fraktionen grundsätzlich in Frage gestellt wird.
Damit das Ziel 100% Erneuerbare Wirklichkeit werden kann, müssen die Potentiale für erneuerbare Energien in Deutschland bestmöglich ausgenutzt werden. Das geht nicht ohne die Windkraft.

Eine dezentrale Produktion hat aus unserer Sicht mehrere Vorteile. Ein Vorteil ist die Wertschöpfung, die in der Region bleibt und Arbeitsplätze auch in ländlichen Regionen wie Nordhessen schafft. Besonders interessante Ansätze bieten dazu Projekte wie Bürgerwindparks. Ein weiterer Vorteil der dezentralen Energieproduktion ist, dass die Energieverteilung und das Lastmanagement erleichtert werden. Der Wind weht nicht überall gleich. Wenn in dem einen Windpark Flaute herrscht, kann andern Orts Energie produziert werden.

Darüber hinaus ist es unter sicherheitspolitischen Gesichtspunkten gar nicht schlecht, bei der Energie zu einem Teil auch "Selbstversorger" zu sein. Denn Energie wird immer mehr zur geopolitischen Machtfrage. Ansätze wie die von Herrn Dr. Czisch werden von unserer Fraktion mit großem Interesse verfolgt, aber ich warne davor, seine Ideen gegen die dezentrale Energieversorgung auszuspielen und diese sogar als "Lächerlich" zu bezeichnen.

Der Boom, den das Erneuerbare Energien Gesetz in Deutschland ausgelöst hat und von dem nordhessische Firmen wie sms sehr profitiert haben, konnte nur Wirklichkeit werden, weil man vor Ort mit der Energiewende angefangen hat, statt auf die großen Lösungen zu warten. Auch finde ich den Ausdruck "Kleinkram" in Bezug auf die in Wolfhagen geplanten Windkraftanlagen nicht passend. Eine einzige 2 MW Anlage versorgt rund 500 Haushalte mit Strom-Kleinkram sieht für mich anders aus.

In Ihrer Heimatstadt Wolfhagen gibt es dazu einen besonders interessanten Ansatz. Die Stadtwerke Wolfhagen (www.stadtwerke-wolfhagen.de) wollen bis zum Jahr 2015 übers Jahr soviel Strom produzieren, wie in Wolfhagen verbraucht wird. Wenn viele Städte, Gemeinden oder auch Regionen diesem Ansatz folgen wird die Energiewende ein Erfolg. Wir unterstützen das Wolfhagener Modell, das eine direkte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vorsieht.
Die Grünen haben sich in Nordhessen in den letzten Jahren stark für einen naturverträglichen Ausbau der Erneuerbaren Energien eingesetzt und werden das auch weiterhin tun.

Mit freundlichen Grüßen

Nicole Maisch