Portrait von Nicole Maisch
Nicole Maisch
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Nicole Maisch zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Sven M. •

Frage an Nicole Maisch von Sven M. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Maisch,

im Bundestagsradar des Spiegel habe ich erkennen können, das Sie im Ausschuss "Recht und Verbraucherschutz" engagiert sind.

Im Rahmen eines Zivilprozesses habe ich rein zufällig durch einen Inkassounternhemer erfahren, dass es in Zukunft für Inkassobüros möglich sein soll, den Gläubiger vor Gericht zu vertreten.

Es geht da ja nicht einfach um ein "Wegbrechen" einer Einnahmequelle für Anwälte, sondern es geht darum, dass dann unqualifizierte rechtliche Vertretung vor den Amtsgerichten um sich greift.

Begründung hierfür: die Verbraucherzentralen berichten in einer Studie darüber, dass selbst bei begründeten Forderungen von Inkassobüros sehr häufig unbegründete Nebenforderungen verlangt warden.

Diese Studie des VZBV spricht doch Bände:

http://zap.vzbv.de/45648cb7-7640-45b2-a8ff-f34458e690c9/Inkasso-Auswertung-vzbv-Stand_2014.pdf

Besonders die Kreisgrafik der Auswertung dort.

Nur 1 % der untersuchten Forderungen waren klar berechtigt.

15 % waren unklar.

Der gesamte Rest von 84 Prozent war klar unberechtigt.

Das beweist, dass Inkassobüros in Deutschland derzeit zum großen Teil Rechtsdienstleistungen ausführen, deren Qualität äußerst zweifelhaft sind. Die Folgen daraus, wenn man diesen Unternehmen jetzt auch noch den Zugang zu den Verfahren an Amtsgerichten eröffnet, wären fatal. Hierfür fehlt diesen Unternehmen ganz offensichtlich sowohl die fachliche als auch die ethische Qualifikation.

Angesichts der 84 Prozent ungerechtfertigter Forderungen würde die Möglichkeit einer Klage des Inkassobüros vor dem Amtsgericht als weiteres unlauteres Druckmittel zur Beitreitung nicht bestehender Ansprüche wirken - auch wenn in Wirklichkeit eine Klage gar nicht beabsichtigt wird.

Mich würde Ihre Meinung hierzu interessieren - gleichwohl wie einen Hinweis, ob Ihnen diese Pläne bekannt sind.

Mit freundlichen Grüßen

Sven Mayer

Portrait von Nicole Maisch
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Mayer,

das Thema unseriöses Inkasso hat mich und die Fraktion B90/ Die Grünen in der letzten Legislaturperiode stark beschäftigt.
http://www.gruene-bundestag.de/parlament/bundestagsreden/2012/juni/unserioeses-inkasso_ID_4384275.html
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/118/1711837.pdf
http://www.gruene-bundestag.de/presse/pressemitteilungen_ID_2000147/2013/mai/abzocke-bei-inkasso-und-abmahnungen-wirksam-bekaempfen_ID_4388403.html

Meiner Auffassung nach war das von schwarz-gelb verabschiedete Gesetz ( http://npl.ly.gov.tw/pdf/8449.pdf ) nicht ausreichend, um Abzocke mit Inkassoforderungen einen Riegel vorzuschieben.

Was die Vertretung vor Gericht angeht, ist das meiner Information nach nichts Neues. Soweit ich sehen kann, gilt hier § 79 Abs. 2 Satz 4 ZPO, wonach Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen in bestimmten Fällen und im begrenzten Umfang bereits jetzt als Bevollmächtigte vertretungsbefugt sind ( http://dejure.org/gesetze/ZPO/79.html ).
Siehe auch:
https://www.berlin.de/imperia/md/content/senatsverwaltungen/justiz/formularserver/rechtsberatung/merkblatt_zur_rechtsberatung.pdf?start&ts=1256660743&file=merkblatt_zur_rechtsberatung.pdf

Soweit ich mich erinnern kann, wurde dieser Aspekt auch nicht als Verbraucherschutzproblem in den Anhörungen thematisiert.

Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, das Gesetz zu evaluieren; das müsste dann in diesem Herbst geschehen. Dann wird die politische Debatte um Inkasso sicher noch einmal eröffnet werden.

Mit freundlichen Grüßen

Nicole Maisch