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Max Stadler
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Frage von Armin S. •

Frage an Max Stadler von Armin S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Stadler,
zufällig bin ich auf ihren Austausch mit H. Stadler gestoßen.
Mir persönlich geht es auch um die Überrepräsentierung der Beamte in allen staatlichen Gewalten, zuarbeitende Fachexperten, Verwaltung etc.

Ursache für die Überrepräsentanz in Parlament und Regierung:
Dem wettbewerbsfreien öffentlichen Dienst fällt es nicht schwer seinen Beschäftigten Zeit für politische Arbeit zu geben und eine umfassende Rückkehrgarantie zu gewähren. Dieser Startvorteil führt zu einem Überangebot aus dem öffentlichen Dienst. Da der Wähler nicht nur nach dem Kriterium der beruflichen Herkunft entscheidet führt das letztendlich auch zum Überangebot in den politischen Institutionen.

Auswirkungen:
Nahezu jede sozial- oder steuergesetzliche Änderung wird unter besonderer Berücksichtigung der Belange von Beamten durchgeführt. Beamte sind auch kaum von Leistungskürzungen und Kostensteigerung betroffen. Kosten für deren Absicherung werden direkt oder mittelbar vom Steuerzahler erstattet (Verwaltungskosten..) oder nicht ausgewiesen (Kündigungsschutz, Überversicherung, Pension..) Viele gesellschaftliche Aufgaben werden ohne entsprechende Erstattung auf Sozialsysteme abgewälzt.

Eine Lösung:
Einheitliche Sozialsysteme für alle. In einer geschlossenen Volkswirtschaft kann es per Saldo auch keine höheren Kosten für den Gesamtstaat (incl. Sozialsysteme) geben. Durch Anpassung der Finanzströme kann die finanz. Auswirkung für alle Beteiligten neutralisiert werden. Für Nicht- oder Nicht-mehr-Beamte würde sich das in höheren Brutto- und Nettoentgelten aber niedrigeren Renten auswirken. Ein umfassender Kündigungsschutz lässt sich vertraglich vereinbaren. Verwaltung und Gesetzgebung vereinfacht sich.

Wie kann man den Startvorteil für Beamte bei anderen kompensieren um eine ausgewogene Parlament- und Regierungszusammensetzung zu erreichen? Wie stehen Sie zu einheitlichen Sozialsystemen? Welchen Ansatz haben Sie für eine gerechtere Interessenvertretung?

Freundliche Grüße
A. Stecher

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Stecher,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre Frage vom 7. August 2008, die ich mit Interesse gelesen habe.

Völlig zu Recht weisen Sie auf die hohe Zahl von Angehörigen des öffentlichen Dienstes im Deutschen Bundestag hin. Der Bundestag soll aber einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung abbilden. Die FDP hält daher daran fest, dass den Abgeordneten auch weiterhin die Möglichkeit gegeben werden muss, neben der Ausübung des Mandates einer beruflichen Tätigkeit ob als Selbständiger, Freiberufler oder eben auch als abhängig Beschäftigter nachgehen zu können. Viele Abgeordnete scheiden nach nur einer Legislaturperiode aus dem Bundestag aus und müssen dann den Wiedereinstieg in ihren alten Beruf finden. Dies mag bei Angehörigen des öffentlichen Dienstes sowie bei Gewerkschaftsfunktionären mit Rückkehrgarantie unproblematisch sein. Bei Freiberuflern und Angestellten in der freien Wirtschaft ist dies schon schwieriger. Der Bundestag hat 2005 mit der Mehrheit von Rot-Grün eine Verschärfung der Verhaltensregeln für Abgeordnete mit umfangreichen Offenlegungspflichten beschlossen. So müssen bspw. Rechtsanwälte Angaben über die von ihnen übernommenen Mandate machen. Gerade Freiberufler werden sich aufgrund dieser Rechtslage sehr genau überlegen, ob sie für den Deutschen Bundestag kandidieren werden. Für sie ist es daher außerordentlich wichtig, dass sie als Abgeordnete auch neben dem Mandat ihren Beruf weiter ausüben können. Eine Einschränkung von Nebentätigkeiten führt in der Konsequenz dazu, dass sich immer weniger Mittelständler und Freiberufler für eine Kandidatur für den Bundestag entscheiden werden. Es dient aber gerade der politischen Arbeit sehr, wenn z.B. Handwerksmeister ihre persönliche Erfahrung aus dem laufenden Betrieb unmittelbar in die parlamentarische Diskussion einbringen können.

Zu Ihrer Frage nach einem einheitlichen Sozialsystem, in das auch die Beamtenschaft einzubeziehen wäre, ist zunächst festzustellen, dass für die FDP das Berufsbeamtentum in der Bundesrepublik Deutschland als eine der Säulen des Rechtsstaats unverzichtbar ist. Die den Beamtinnen und Beamten auferlegten besonderen Pflichten - Streikverbot, Unparteilichkeit der Amtswaltung, Loyalität zum Dienstherren etc., verlangen Sonderregelungen, die - anders als im Tarifbereich - einseitig durch den Gesetzgeber festgelegt werden können. Der Bundesgesetzgeber hat bei der Ausgestaltung des Beamtenrechts für den Bundesbereich in der Vergangenheit darauf geachtet, die Entwicklung in der gesetzlichen Sozialversicherung zu berücksichtigen und, soweit systemgerecht möglich, auch zu übernehmen. Das besondere Beamtenrecht soll den Betroffenen keine Insel der Glückseligen verschaffen, sondern sie in die soziale Entwicklung unserer Gesellschaft unter Beachtung ihrer besonderen Pflichten einbinden. Die Beamtenschaft hat deswegen in der Vergangenheit durch Gehalts- und Versorgungskürzungen erhebliche Beiträge zur Konsolidierung der Haushalte in Bund, Ländern und Gemeinden geleistet. Durch Einbeziehung der Beamtenschaft in das allgemein geltende Sozialversicherungssystem gingen diese Vorteile verloren. Sie weisen zu Recht selbst darauf hin, dass eine einheitliche gesetzliche Rentenversicherung zu höheren Bruttoentgelten der Beamtinnen und Beamten führen müsste. Dies müsste neue weitere Haushaltsbelastungen nach sich ziehen. Besser ist es da, wie die FDP es seit langem gefordert und letztlich im Bund und einigen Ländern auch durchgesetzt hat, durch Versorgungsrücklagen und -fonds für die Kosten der Altersversorgung der Beamtenschaft rechtzeitig vorzusorgen.

Eine gerechtere Interessenvertretung, wie von Ihnen angeregt, wird sich nur erreichen lassen, wenn sich breitere Bevölkerungsschichten in den Parteien engagieren. Es ist erklärtes Ziel der FDP, gerade auch beruflich Erfolgreiche und Erfahrene für eine Mitarbeit zu gewinnen. Die FDP geht deshalb neue Wege in der Parteiarbeit und setzt insbesondere auch auf Möglichkeiten der digitalen Mitwirkung, z. B. im Internet-Landesverband „LV.Net“. Hier können Liberale von überall auf der Welt zu jeder Zeit mitdiskutieren, sich für liberale Politik einsetzen und Parteiarbeit in einer neuen Form gestalten. Damit trägt die FDP dem Umstand Rechnung, dass durch hohe berufliche Mobilität, lange Arbeitszeiten, Auslandsaufenthalte, Familiengründung oder auch Immobilität im Alter politisches Engagement für manche Menschen schwierig ist. Der Internet-Landesverband wurde gegründet, um diesen Menschen einen Ort zu bieten, an dem sie teilhaben können an politischen Entscheidungsprozessen. Darüber hinaus setzt sich die FDP-Bundestagsfraktion für mehr direkte Demokratie in Form von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden ein und hat hierzu auch entsprechende parlamentarische Initiativen in den Deutschen Bundestag eingebracht, die bislang an der ablehnenden Haltung der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD gescheitert sind, was wir ausdrücklich bedauern.

Ich hoffe, Ihre Fragen umfassend beantwortet zu haben, danke Ihnen für Ihr Interesse an unserer Arbeit und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
M. J. Stadler