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Matthäus Strebl
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Frage von Jürgen W. •

Frage an Matthäus Strebl von Jürgen W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Strebl,

leider gibt es zig Tarifverträge mit Armutslöhnen, die nicht dem Art.4, Nr. 1 europäische Sozialcharta und der Definition eines gerechten Lohnes in der katholischen Soziallehre entsprechen, wozu auch die tariflichen Armutslöhne des AMP/CGZP-Tarifvertrages gehören.

Dazu ein Zitat der CDA (Herr Zimmermann):
"..Die katholische Soziallehre kennt den Begriff des „gerechten Lohns“.
Dieser soll es dem Arbeiter ermöglichen, „sein und der Seinigen materielles, soziales, kulturelles und spirituelles Dasein angemessen zu gestalten.“
...
Zitat aus Gaudium et spes, 67; zum Argument Päpstlicher Rat für
Gerechtigkeit und Frieden, Kompendium der Soziallehre der Kirche. Freiburg: Herder 2006, 302..."

Das Mindest-Arbeitsentgelt wird vom Sachverständigenausschuss des Europarates mit 68 % des nationalen Durchschnittslohnes beziffert (ArbG Bremen vom 30.08.2000).

Wie kann es sein, das die 4 Mitgliedsgewerkschaften des CGZP für die eigenständige Branche der Arbeitnehmerüberlassung tarifzuständig sein sollen, obwohl in deren Satzungen (Organisationsbereiche) die eigenständige Branche der Arbeitnehmerüberlassung überhaupt nicht aufgeführt ist (siehe dazu das einschlägig bekannte BAG-Urteil vom 24.03.2004, Rz. 26)?

Bitte erklären Sie mir daher doch einmal, warum diese 4 Mitgliedsgewerkschaften des CGZP für die eigenständige Branche der Arbeitnehmerüberlassung zuständig sein sollen bzw. Tarifverträge für diese Branche unterzeichnen dürfen (was ich auf Grund der Satzungen und Grund des bekannten BAG-Urteils vom 24.03.2004 bezweifle).

Wie ist mit einer Gewerkschaft zu verfahren, die Tarifverträge für eine Branche abschließt, für die sich in ihrer eigenen Satzung (organisationsbereich) nicht zuständig erklärt hat?

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen W.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Wörmer,

Sie haben mich in meiner Eigenschaft als Bundesvorsitzender des Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschlands angeschrieben und haben Fragen an mich gerichtet, die sich mit der Zeitarbeit befassen.

Vorab müssen wir uns mit der Frage beschäftigen, was gerechter Lohn für gerechte Arbeit ist. Diese Frage ist nur sehr schwer zu beantworten, denn der Lohn ist Ausdruck des Wertes der Arbeit, die ein Mensch erbringt. Wie kann aber Arbeit gerecht bewertet werden?

Also muss es eine zweite Komponente geben. Arbeit wird nur solange nachgefragt, so lange der Arbeitgeber gewillt oder in der Lage ist, sie zu bestimmten Löhnen zu bezahlen. Deshalb ist der Lohn in einem Tarifvertrag auch immer ein Kompromiss, der zwischen der Arbeitgeberseite und der Gewerkschaft ausgehandelt worden ist, er ist kein Diktat des Arbeitgebers und genauso wenig ein Diktat der Gewerkschaft. Und der Lohn in einem Tarifvertrag ist der Mindeststandard für die jeweilige Branche.
Diese Grundsätze gelten für die Zeitarbeit genau so, wie für die Metall und Elektroindustrie oder den Einzelhandel.

Es existieren 670 Tarifverträge in Deutschland, die von DGB-Gewerkschaften abgeschlossen worden sind, die in der untersten Lohngruppe einen Stundenlohn von weniger als 7,50 Euro vorsehen. Ich berufe mich dabei auf eine Studie der DGB nahen Hans-Böckler Stiftung von 2008. Unser AMP Tarifvertrag sieht für die westdeutschen Bundesländer 7,35 Euro in der untersten Entgeltgruppe. Alle Tarifverträge wären dann aus Ihrer Sicht keine Tarifverträge, die Ihrem Anspruch einer gerechten Entlohnung nicht entsprechen. Was soll man aber tun? Werden die Lohnuntergrenzen in den untersten Entgeltgruppen deutlich erhöht, so geht das zu Lasten der besserqualifizierten Mitarbeiter. Es kommt zur Lohnnivellierung. Und auch das kann nicht gewollt sein, denn dann wird ein anderes Grundprinzip in der Frage der Entlohnung in Frage gestellt, das Prinzip der leistungsgerechten Entlohnung. Wenn der Ingenieur, der Facharbeiter und die Hilfskraft alle das Gleiche verdienen, obwohl sie sehr unterschiedlich hohe Verantwortung tragen und auch sehr unterschiedliche Leistung erbringen, dann ist das ebenso ungerecht. Deshalb verweise ich nochmals darauf, dass es sich bei Tarifergebnissen um Kompromisse handelt, und nicht alleine um Wünsche der einen oder anderen Seite.

Hinsichtlich Ihrer Frage zur Tarifzuständigkeit: Ihre Interpretation zu dem von Ihnen zitierte Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 24.03.2004 ist äußerst umstritten. Es wird nun in der zweiten Instanz beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg genau diese Frage in einem Gerichtsverfahren untersucht. Kommt als das Bundesarbeitsgericht zu der gleichen Erkenntnis, wie Sie, so hätte das zur Folge, dass es keine Tarifverträge in der Zeitarbeit geben kann. Denn auch bei den DGB Gewerkschaften ergibt sich aus deren Satzungen keine unumstrittene Tarifzuständigkeit für die Zeitarbeit. Ist das gewollt?

Ich hoffe auf Ihre Fragen und Anmerkungen ausreichend geantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen