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Frage von Wilhelm D. •

Frage an Martin Schulz von Wilhelm D. bezüglich Europapolitik und Europäische Union

Sehr geehrter Herr Schulz,

nach dem Votum der Briten, die EU zu verlassen, kann ich Ihre Haltung, diesen Schritt rasch zu vollziehen nur voll unterstützen, so sehr ich auch die britische Entscheidung bedaure.
Allerdings frage ich mich, wie ein britischer EU-Abgeordneter weiterhin im Sinne der Gemeinschaft über uns entscheiden kann, wo er doch kein Interesse mehr an Europa hat? Sollten die britischen EU-Abgeordneten ihr Mandat nicht mindestens ruhen lassen - ohne weitere Zahlungen?
Ferner sind eine Reihe von britischen EU-Beamten bei den Behörden in Brüssel beschäftigt. Können diese noch im Sinne der Gemeinschaft handeln, wenn ihr eigenes Land mit dieser Gemeinschaft nichts mehr zu tun haben möchte?
Müssen wirklich weitere EU-Gelder nach GB fließen oder sollten diese Flüsse nicht unterbrochen werden bis zur vollständigen Klärung der Trennung. Dadurch würde vielleicht auch der Brexit beschleunigt werden können.
Insgesamt wünsche ich mir, dass die EU sich nicht hinhalten läßt, sonder eher den Prozess antreibt, um weiteren Schaden von der Gemeinschaft fern zu halten.

Mit freundlichen Grüßen
W. S.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage nach bestimmten institutionellen und finanziellen Konsequenzen des Referendums über die EU-Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs.

Gemäß den Verträgen der EU teilt ein Mitgliedstaat, der beschließt, aus der EU auszutreten, dem Europäischen Rat seine Absicht nach dem in Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) vorgesehenen Verfahren mit.

Artikel 50 (Absatz 3) EUV regelt das Verfahren zur notwendigen Neugestaltung der Beziehungen zwischen der EU und einem austrittswilligen Mitgliedstaat folgendermaßen: „Die Verträge finden auf den betroffenen Staat ab dem Tag des Inkrafttretens des Austrittsabkommens oder andernfalls zwei Jahre nach der in Absatz 2 genannten Mitteilung keine Anwendung mehr, es sei denn, der Europäische Rat beschließt im Einvernehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat einstimmig, diese Frist zu verlängern.“ Bis zu dem in Artikel 50(3) EUV genannten Zeitpunkt bleiben daher die Rechte und Pflichten des austrittswilligen Mitgliedstaates grundsätzlich aufrecht. Dementsprechend kommt es insoweit auch nicht zum selbsttätigen Erlöschen der Mandate von Abgeordneten, die im Vereinigten Königreich anlässlich der letzten Europawahlen ins Europäische Parlament gewählt wurden. Selbstverständlich bleiben die Rechte und Pflichten der betroffenen Abgeordneten für die jeweilige Dauer ihres Mandates weiterhin aufrecht, darunter auch Artikel 2 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, der folgendes besagt: "Die Mitglieder des Europäischen Parlaments üben ihr Mandat frei aus. Sie sind weder an Aufträge noch an Weisungen gebunden."

Ähnliches gilt insoweit auch für EU-Beamte: So lange das Austrittsabkommen der EU mit ihrem „Heimatmitgliedstaat“ nicht in Kraft getreten ist, bleiben auch ihre Rechte und Pflichten gegenüber der Europäischen Union aufrecht, insbesondere die Verpflichtung, sich bei der Ausübung ihres Amtes und in ihrem Verhalten ausschließlich von den Interessen der Union leiten zu lassen (Artikel 11 des EU-Beamtenstatuts).

Dasselbe Prinzip gilt insofern auch für die Beiträge zum EU-Budget, zu deren Entrichtung das Vereinigte Königreich verpflichtet ist, und für die Rückflüsse aus dem EU-Budget, auf die das Vereinigte Königreich Anspruch hat.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Schulz