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Frage von Daniel H. •

Frage an Martin Burkert von Daniel H. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Burkert,

ein immer dringender werdendes Problem, das bundespolitisch zu lösen ist, wird die Abwehr von millionenfacher Altersarmut bzw. die Verhinderung der Lebensstandardsenkung für alle heutigen und zukünftigen RentnerInnen sein. Diese Problematik betrifft weit über 90% der Bevölkerung in unserem Land. Es handelt sich also keinesfalls um ein Randproblem.

Folgende Fragen stelle ich Ihnen diesbezüglich:

1. Lebensstandard im Alter sichern: Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die gesetzliche Rentenversicherung wieder das ursprüngliche Ziel bekommt, den Lebensstandard im Alter zu sichern und dazu das Rentenniveau auf einen Stand anzuheben, wie er vor 1990 erreicht war?

2. Altersarmut verhindern: Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Staat wirksame Maßnahmen ergreift, die Altersarmut verhindern?

3. Erwerbstätigenversicherung: Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die verschiedenen gesetzlichen Altersversorgungssysteme zu einer solidarischen Rentenversicherung zusammengefasst werden, in die alle Erwerbstätigen einzahlen?

4. Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung stärken: Werden Sie sich dafür einsetzen, die finanzielle Basis der gesetzlichen Rentenversicherung zu stärken, indem z.B. sämtliche nicht beitragsgedeckte Leistungen aus Steuermitteln kompensiert werden und Förderungsbeträge zur privaten Rentenversicherung zukünftig zur Finanzierung der gRV umgeleitet werden?

5. Rentenpolitische Fehler korrigieren: Werden Sie sich dafür einsetzen, fehlerhafte rentenpolitische Entscheidungen zu korrigieren, insbesondere: Riester-Rente, nachgelagerte Besteuerung, doppelte bzw. nachträgliche Verbeitragung in die Kranken-/ Pflegeversicherung, Privatisierung der Berufsunfähigkeitsrente, Zwangsverrentung von Hartz-IV-Empfängern, die immer noch nicht erfolgte Gleichstellung von Ost- mit West-Renten?

Erläuterungen zu den Fragen finden Sie hier: http://rentenpolitikwatch.de/wp-content/uploads/2016/02/fuenf_fragen-1.pdf

Freundliche Grüße
Haaser

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Haaser,

vielen Dank für die Zusendung Ihrer Fragen. Gerne möchte ich diese wie folgt beantworten:

Zu Ihrer ersten Frage:
Teilweise: Die Herausforderungen des demografischen Wandels für die Alterssicherung können nur bewältigt werden, wenn wir die Lasten gerecht zwischen den Generationen und verschiedenen Formen der Finanzierung verteilen.
Deshalb brauchen wir gleichermaßen die Stärkung der ersten Säule, der umlagefinanzierten gesetzlichen Rente einerseits und eine möglichst flächendeckende kapitalgedeckte betriebliche Altersvorsorge andererseits. Zu ersterem gehört auch eine Stabilisierung der Rentenversicherung mit Hilfe zusätzlicher Steuermittel. Letzteres muss stärker als bisher durch die Sozialpartner (Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften) organisiert und mit einer stärkeren Einbeziehung von Geringverdienern verbunden werden. Ein Rentenniveau wie vor 1990 werden wir allenfalls auf Basis dieser beiden Säulen der Alterssicherung wieder erreichen können.

Zu ihrer zweiten Frage:
Ja: Bereits vorhandene oder drohende Altersarmut hat vielfache Ursachen. Ein sinkendes Rentenniveau ist nur eine davon. Altersarmut geht vor allem auf brüchige und unstete Erwerbsbiografien zurück: durch Phasen der Arbeitslosigkeit, Familienphasen, geringfügige Beschäftigung, langanhaltende oder gar dauerhafte Teilzeitbeschäftigung, nicht abgesicherte Selbständige Tätigkeiten. Hinzu kommt das Armutsrisiko Niedriglohn. Deshalb müssen wir auch an unterschiedlichen Stellen ansetzen, um Altersarmut zu verhindern: Dabei gilt in erster Linie der Zusammenhang Gute Arbeit, gute Löhne, gute Rente. Deshalb haben wir den gesetzlichen Mindestlohn eingeführt. Deshalb versuchen wir die Tarifbindung wieder zu stärken. Deshalb verbessern wir die Bedingungen für gleiche Teilhabe von Frauen am Arbeitsleben. Deshalb stärken wir in dieser Legislaturperiode das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit – für Frauen und Männer ebenso wie in der Leiharbeit. Aber auch in der Rentenpolitik wurden und werden in dieser Legislaturperiode wichtige Schritte zur Bekämpfung von Altersarmut unternommen. Dies gilt für Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente, für die Stärkung von Prävention und Rehabilitation und für die im Koalitionsvertrag verabredete Einführung der solidarischen Lebensleistungsrente. Damit werden kleine Rentenanwartschaften durch Steuermittel aufgewertet.

Zu Ihrer dritten Frage:
Ja: Als Sozialdemokraten setzen wir uns für eine möglichst umfassende Einbeziehung aller Beschäftigten in die sozialen Sicherungssysteme – also auch in die Rentenversicherung – gemäß dem Konzept einer Erwerbstätigenversicherung ein.
Allerdings kann das nur schrittweise gelingen. Denn zum einen ist das Berufsbeamtentum in Deutschland verfassungsrechtlich geschützt. Zum anderen hat die gesetzliche Rentenversicherung in der Vergangenheit bestimmte Gruppen von Selbständigen und Freiberuflern nicht einbezogen, weshalb sich in vielen Berufen berufsständische Versorgungswerke gegründet haben.
Deshalb sollten wir den Fokus in erster Linie auf die Einbeziehung von Selbständigen in die gesetzliche Rentenversicherung richten, die nicht in einem berufsbezogenen Versorgungswerk pflichtversichert sind.
Daneben sollten neue Beamtenverhältnisse nur in solchen Bereichen entstehen, in denen das unbedingt notwendig ist: Justiz, Polizei, Justizvollzug. Beispielsweise Lehrer/innen oder Professoren/innen müssen nicht unbedingt Beamte sein.

Zu Ihrer vierten Frage:
Ja: Versicherungsfremde Leistungen und gesamtgesellschaftliche Aufgaben sind konsequent und vollständig aus Steuermitteln zu finanzieren. Hierbei sind wir in Regierungsverantwortung der SPD auch bereits große Schritte vorangekommen. Zur Finanzierung versicherungsfremder Leistungen, die im Rahmen der deutschen Einheit entstanden sind, hat Rot-Grün Steuermittel aus der Ökosteuer bereitgestellt. Dennoch gibt es hier weiterhin eine Finanzierungslücke, insbesondere für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder (Mütterrente). Diese Lücke muss geschlossen werden. Damit kann auch das Rentenversicherungssystem insgesamt stabilisiert werden. Dennoch bedarf es auch weiterhin einer zweiten kapitalgedeckten Säule der Alterssicherung, für die auch eine Förderung vor allem für Geringverdiener erforderlich ist. Diese sollte stärker auf die betriebliche Altersversorgung ausgerichtet und zielgenauer ausgestaltet werden.

Zu Ihrer fünften Frage:
Teilweise: Rentenpolitische Entscheidungen der Vergangenheit müssen immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden. Die Anpassung und Weiterentwicklung unseres Systems der Alterssicherung ist eine ständige Aufgabe der Politik. Das Problem der Zwangsverrentung von Hartz-IV-Beziehern soll noch in dieser Legislaturperiode entschärft werden. Zwar bleiben die Leistungen des SGB II nachrangig, es darf aber in Zukunft kein Rentenantrag durch das Jobcenter stattfinden, wenn dadurch der Abschläge der Bezug von Altersgrundsicherung droht. Die Anpassung von Ost- und Westrenten in einem System hat die SPD in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt. Die versprochene Umsetzung muss nun auch kommen. Da sich die Riester-Rente in ihrer jetzigen Form nicht bewährt hat, brauchen wir neben der Stärkung der gesetzlichen Rente eine grundsätzliche Reform der kapitalgedeckten Alterssicherung. Dabei setzt die SPD vor allem auf eine stärkere Verbreitung der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersvorsorge – organisiert durch die Sozialpartner und mit einer besseren Förderung von Geringverdienern.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Burkert, MdB