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Markus Uhl
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Frage von Peter K. •

Frage an Markus Uhl von Peter K. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Uhl,

ich habe 1990 eine betriebliche Altersversorgung als Direktversicherung abgeschlossen. Diese Versicherung wurde jetzt fällig. Von der Auszahlungssumme 25.568,02 € muss ich nach einer Gesetzesänderung der Rot-Grünen Regierungskoalition von 2003 120 Monate lang monatlich 38,46 € (= 4615,20 €!!!) an meine Krankenkasse überweisen.
Diese nachträgliche Gesetzesänderung ist ein Unding, was das Vertrauen und die Verlässlichkeit unserer Politiker auf das Handeln ihrer Bürger gegenüber gewaltig schrumpfen lässt.
Das Thema ist derzeit in den Medien präsent. In der Politik spricht man eventuell schon von einem Rückzieher der Gesetzesänderung.
Mittlerweile gibt es den Verein Direktversicherungsgeschädigte e.V. (DVG e.V) - Verein im Kampf gegen Krankenkassen- und Pflegebeiträge auf Direktversicherungen, dem ich mich aufgrund seiner Aktivitäten anschließen werde.

Meine konkrete Frage an Sie lautet: was haben Sie konkret bereits zu diesem Thema unternommen bzw. wann kann ich mit einem Stopp der Mehrfachverbeitragung meiner Direktversicherung rechnen?

Mit freundlichen Grüßen
P. K.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Kirsch,

zunächst vielen Dank für Ihre Anfrage, mit der Sie sich an mich gewandt haben. Ihre Einschätzung des Sachverhaltes möchte ich gerne beantworten. Erlauben Sie mir vorab bitte noch eine allgemeine Bemerkung zu meinem Politikverständnis: Politik beginnt damit, dass man den Menschen zuhört, Probleme aufnimmt und im zweiten Schritt nach Lösungen sucht. Dies bedeutet im politischen Prozess der Demokratie, dass man Mehrheiten suchen und finden muss. Wir als CDU haben dies auf dem Parteitag im Dezember 2018 getan und uns klar positioniert.

Der mit großer Mehrheit und auch mit meiner Stimme angenommene Antrag zitiere ich Ihnen gerne hier:
"Die CDU Deutschlands bekennt sich zum Drei-Säulen-Modell der Altersvorsorge und will die betriebliche Altersvorsorge weiter stärken. Deshalb ist die Problematik der vollen Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge auf Versorgungbezüge wie z. B. auf Betriebsrenten und auf Direktversicherungen erneut zu prüfen, um für alle Beteiligten eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Eine Rückabwicklung für die Jahre seit 2004 ist aus finanziellen Gründen ausgeschlossen. Eine künftige Reduzierung des Beitragssatzes soll für die gesetzliche Krankenversicherung beitragsneutral erfolgen, beispielsweise durch erhöhte Steuerzuschüsse in die gesetzliche Krankenversicherung."

Lassen Sie mich noch kurz die Ausgangslage beschreiben, damit die heutigen Zwänge und vermeintlichen Missstände in einen gesamtheitlichen Kontext eingebunden sind.
Direktversicherungen sind einer von fünf Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung. Bereits seit 1983 besteht eine grundsätzliche Beitragspflicht für Kranken- und seit 1995 zur sozialen Pflegeversicherung auf Versorgungsbezüge, nur bei Kapitalauszahlungen gab es das Privileg der Beitragsfreiheit.
Demgegenüber hatten Direktversicherungen, welche bis 2004 abgeschlossen wurden, folgende Vorteile:
- Einzahlungen wurden bis 1.752 Euro im Jahr pauschal besteuert und waren sozialabgabenfrei, wenn diese aus Sonderzahlungen (z. B. Weihnachts-/Urlaubsgeld) geleistet wurden.
- Kapitalauszahlungen aus einer Direktversicherung waren nicht beitragspflichtig und in der Regel steuerfrei.
Somit bestand auch im Rahmen von Altverträgen die Möglichkeit der sozialabgabenfreien Einzahlung: Das Argument, dass "alle" Beiträge aus dem Netto bezahlt wurden, stimmt daher nicht. Dies gilt auch für Einzahlungen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze, weil für diese Einkommen ohnehin Beitragsfreiheit bestand; gerade diese Personengruppe hatte den größten steuerlichen Vorteil.
Zu Beginn der 2000er Jahre reagierte die Politik auf die immer schwierigere Lage der Kranken- und Rentenkassen. Das Bundessozialgericht bemängelte zudem die fortbestehende Ungleichheit zwischen freiwillig Versicherten und Pflichtversicherten. Dies alles führte im Jahr 2003 zu einer parteiübergreifenden Gesundheitsreform, welche die rot-grüne Bundesregierung mit Zustimmung der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag beschlossen hat. Dabei wurden auch drastische Einschnitte in viele Bereiche der Vorsorge vorgenommen. Diese waren schmerzlich, leider jedoch nicht zu vermeiden. Exemplarisch einige Beispiele: Einführung Praxisgebühr, höhere Zuzahlungen, Sterbegeld, Entbindungsgeld, nicht medizinisch notwendige Sterilisation, Sehhilfen/ Brillen und Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung wurden gestrichen, Zuschüsse zur künstlichen Befruchtung halbiert.
Gleichzeitig wurde ein voller Beitragssatz auf Betriebsrenten sowie die Streichung des Privilegs der Beitragsfreiheit bei Kapitalauszahlungen als Elemente eines umfassenden Kostendämpfungs- und Reformpakets vorgenommen.

Eine rückwirkende Änderung der Gesetzesänderung aus dem Jahr 2003 kann es jedoch nicht geben. Hierzu ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes sehr deutlich und wurde im Laufe der Zeit auch immer wieder bestätigt (BVerfG, Beschluss vom 28. September 2010 - 1 BvR 1660/08; BVerfG, Beschluss vom 6. September 2010 - 1 BvR 739/08; BVerfG, Beschluss vom 7. April 2008 - 1 BvR 1924/07).
Dabei wird klar geurteilt, dass es keinen Vertrauensschutz auf zeitlebens unveränderte Beitragsbelastungen geben kann.

Im Bundestag gibt es aktuell eine fraktionsübergreifende Initiative meines Unionskollegen Maik Beermann, die zum Ziel hat, hier Änderungen zu erreichen. Dieser Initiative haben sich einige Abgeordnete aus allen Fraktionen angeschlossen. Ich persönlich habe großes Verständnis für Ihr Anliegen, empfinde es ebenso als ungerecht und problematisch im Hinblick auf den Vertrauensschutz. Es wäre einfach, sich dieser Initiative anzuschließen. Als einer der jüngeren Abgeordneten im Deutschen Bundestag tue ich mich allerdings schwer damit. Massive Einnahmeausfälle wären die Folge. 2,5 Milliarden Euro wären dies, bei der Halbierung der Beitragssätze auf Betriebsrenten. Eine komplette Rückabwicklung des "Gesundheitsmodernisierungsgesetzes" würde insgesamt 40 Milliarden Euro kosten und hätte jährliche Einnahmeausfälle von rund 3 Milliarden Euro zur Folge. Dies würde bedeuten, dass auch einkommensschwache Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen diese finanzielle Lücke schließen müssten. Vor dem Hintergrund, dass die Anzahl der Rentner und die Ausgaben stetig steigen und damit die sogenannte "junge Generation" zukünftig wesentlich höhere Solidarbeiträge zahlen werden muss als dies noch von vorherigen Generationen getätigt werden musste, sehe ich eine vollständige Rückabwicklung vor dem Hintergrund einer "generationengerechten" Politik problematisch.

Meine Antwort wird Ihnen inhaltlich sicherlich nicht passen, doch gehört es auch zu einer verantwortungsvollen Politik, die Realität so darzustellen wie sie ist und das Gesamtwohl im Auge zu haben. Ich werde die weitere Entwicklung aufmerksam beobachten und meinen Teil dazu beitragen, dass der von der CDU getroffene Parteitagsbeschluss umgesetzt werden kann.

Mit freundlichen Grüßen
Markus Uhl

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