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Frage von Mathias M. •

Frage an Marion Caspers-Merk von Mathias M. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Abgeordnete.

Ich möchte eine Frage an Sie stellen, die m.E. zu den dringlichsten Fragen des 21. Jahrhunderts gehört - wenn sie nicht sogar DIE allesentscheidende Frage ist.

Sämtliche aktuellen Forschungsergebnisse, Prognosen und Szenarien belegen, daß der Klimawandel schneller und heftiger stattfindet als man noch vor einem Jahr befürchtet hat. Ob nun der Mensch, respektive das durch ihn ausgestossene CO2, oder zyklische Veränderungen die Ursache sind, spielt m.E. keine Rolle.

Fakt ist ( so zumindest wird in den Medien berichtet), daß wir weltweit mit extremsten Veränderungen unserer Lebensumstände rechnen müssen. Ein Anstieg des Meeresspiegels um mindestens einen Meter und Versteppung / Verwüstung ( im Sinne des Wortes) werden die bewohnbaren Gebiete unseres Planeten drastisch reduzieren. Es ist fraglich, ob die Erde im Jahr 2100 noch wenigstens 50% der derzeitigen Bevölkerung der Welt ernähren kann.

1. Stimmen sie mir soweit zu?
2. Weshalb kommt die Politik nicht zum Schluss, das Dinge wie Bankenkrise, Engagement in der OEF und ISAF etc zwar fortzutreiben sind, aber der Sicherung der Existenz der MENSCHHEIT eine weit grössere Bedeutung zukommt?
3. Halten Sie die Schritte der Bundesregierung ( Reduzierung des CO2-Ausstosses um 20%, steuerliche Begünstigungen für Einsparung etc.) für ausreichend? Wenn nicht, was gedenken SIE dagegen zu tun?
4. Was spricht aus Ihrer Sicht gegen effektive Sofortmassnahmen wie Tempo 130 auf BAB, Aufforstungsprojekte etc.?
5. Würden Sie eine komplette Neuordnung des Energiemarktes und des Umweltministeriums unterstützen?

Gerne würde ich ein direktes Gespräch mit Ihnen führen. Ich kann mich des Gefühles nicht erwehren, das Industrie, Politik, Gesellschaft und die Weltgemeinschaft des dringendsten Problemes der Menschheit nicht annimmt. Sämtliche Bemühungen der Politik und der Wirtschaft wirken wie ein Tropfen auf dem heissen Stein - Kopf in den Sand Taktik?

In Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich mit freundlichem Gruß.

M. Maresch

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Maresch,

Sie sprechen in der Tat eines der dringlichsten Themen unserer Zeit an: Was können wir tun, um den Klimawandel aufzuhalten? Bevor ich Gesundheitspolitikerin geworden bin, war ich über 10 Jahre Umweltpolitikerin im Bundestag und noch länger umweltpolitisch in der Region aktiv. Die Frage war und ist die gleiche: Wie können wir uns weiterentwickeln, ohne dass wir unsere Existenzgrundlage dabei aufs Spiel setzen? Ich teile aber nicht Ihre Meinung, Politik und Gesellschaft gingen dieser Frage aus dem Weg. Zumindest für meine Partei kann ich Ihnen guten Gewissens widersprechen.

Zunächst aber stimme ich Ihnen in Ihrer Analyse zu: Wir erleben einen Wandel des Weltkli-mas und eine Steigerung der Temperaturen, die bereits heute für viele Menschen gefährliche Ausmaße angenommen hat: Besonders betroffen sind die ärmsten Länder. Verantwortlich dafür ist hauptsächlich der überhöhte Energieverbrauch in den Industrieländern. Die Erderwärmung ist nicht nur eine ökologische Bedrohung, sondern auch eine ökonomische und soziale. Sie gefährdet die Entwicklung und den
Wohlstand in allen Teilen der Erde.

Während Investitionen in den Schutz des Klimas und in die Begrenzung der Erderwärmung lediglich bis zu einem Prozent des weltweiten Sozialproduktes pro Jahr kosten und sogar noch wirtschaftliches Wachstum verstärken können, belaufen sich die Kosten der Erderwärmung auf bis zu 20 Prozent des weltweiten Sozialprodukts. Der Klimawandel ist mehr als eine ökologische Gefahr. Er ist auch eine Gefahr für Frieden, Sicherheit und Stabilität. Krieg um Wasser, andere Ressourcen sowie große Flüchtlingsbewegungen sind bei einer weiteren Erderwärmung eine reale Gefahr.

Da die Industriestaaten die Verantwortung für den Klimawandel tragen, sind sie zur Vorreiterrolle aufgefordert. Vor allem sie haben die technologischen Voraussetzungen, um wirtschaftliches Wachstum, ökonomischen Erfolg und einen erfolgreichen und ambitionierten Klimaschutz in Einklang zu bringen. Aufgrund der wirtschaftlichen Dynamik und des Bevölkerungsreichtums müssen aber auch die großen Entwicklungsländer mitziehen. Ihre Treibhausgasemissionen steigen derzeit schneller, als die Industrienationen ihre mindern können.

Zu solchen Schlussfolgerungen sind wir übrigens schon 1998 gekommen, als die Enquête-Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt - Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung“ unter meinem Vorsitz ihren Abschlussbericht vorgelegt hat. Auch daher sage ich mit Nachdruck: Die SPD steht für eine gerechte Klimaschutzpolitik. Unsere Leitidee ist eine nachhaltige Entwicklung, die alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit betont – die Ökologische, die Ökonomische und die Soziale. Sie ist die sozi-aldemokratische Antwort auf die Herausforderung, die nicht nur klare Reduktionsziele aufstellt und die technologischen Kräfte auf den Klimaschutz konzentriert, sondern auch den Menschen in den Industriestaaten sowie in Schwellen- und Entwicklungsländern die Perspektive von Sicherheit, Gerechtigkeit und sozialer Balance eröffnet.

Gemeinsam mit unseren Europäischen Partnern haben wir uns zur Vorreiterrolle bekannt und uns selbst hohe Ziele gesteckt:

• Europa wird seine Treibhausgasemissionen unilateral um mindestens 20 Prozent bis zum Jahr 2020 im Vergleich zu den Emissionen des Jahres 1990 abbauen.
• Europa bekräftigt die Bereitschaft zu noch stärkeren Verringerungen der Treibhaus-gasemissionen (um 30 Prozent bis 2020 und um 60 – 80 Prozent bis 2050)
• Wir wollen eine Steigerung der Energieeffizienz in Europa um 20 Prozent bis 2020.
• Und beim Ausbau der erneuerbaren Energien wollen wir Vorreiter sein und ihren Anteil im europäischen Durchschnitt auf 20 Prozent am Primärenergiebedarf heben.

Deutschland hat als größter Verursacher von Treibhausgasen in der EU eine besondere Verantwortung für den Erfolg dieser Beschlüsse. Kurzfristig stehen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) seit 2008 400 Mio. € aus dem Verkauf von Emissionshandelszertifikaten zur Verfügung. Damit wurde eine Klimaschutzinitiative gestartet. Mehr Informationen zur Klimaschutzinitiative erhalten sie Sie auf den Internetseiten des BMU (www.bmu.bund.de).

Mittel- bis langfristig hat sich die Bundesregierung auf sehr ehrgeizige Ziele verpflichtet. Wir wollen beispielsweise weiter als unsere europäischen Partner gehen und bis 2020 unsere CO2-Emissionen um 40 Prozent reduzieren. Dazu wurde 2007 vom Bundeskabinett ein Klima- und Energiepaket mit 30 konkreten Einzelmaßnahmen verabschiedet. 13 dieser Maß-nahmen wurden im Juni 2008 vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Der Schwerpunkt der Maßnahmen liegt bei der Energieeffizienz und der Förderung erneuerbarer Energien. Mehr Informationen dazu erhalten Sie auf den Internetseiten der SPD-Fraktion (www.spdfraktion.de).

Mehr Energieeffizienz und die Umstellung der Energieproduktion auf erneuerbare Energie-träger erfordern vor allem neue Technologien und Infrastrukturen. Dies birgt zugleich eine enorme Chance: Bereits heute arbeiten im Bereich der erneuerbaren Energien mehr als 250.000 Menschen. Bis 2020 können sogar 500.000 Jobs in dieser Branche entstehen. Allein 2006 sind 265.000 Wohnungen und Häuser mit dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm erneuert worden. Wir haben damit Investitionen in Höhe von 11 Mrd. Euro ausgelöst und rund 1 Million Tonnen CO2-Ausstoß jährlich dauerhaft vermieden.

Die zentrale Aufgabe politischen Handelns ist es nicht, neue Vorschriften für den privaten Konsum zu erlassen. Auch eine organisatorische Neuordnungen in der Verwaltung, wie Sie vorschlagen, halte ich für nicht wirklich hilfreich. Wir müssen vielmehr neue Technologien in der Produktion und im Verbrauch von Energie fördern. Unser Ziel ist der Umbau der Ener-giebasis der Industriegesellschaften und nicht der Ausbau von Verbotsvorschriften. Für die SPD-Bundestagsfraktion stehen die Preiswahrheit, die Steigerung der Investitionen in For-schung und Technologie, mehr Wettbewerb auf dem Energiemarkt, attraktive Marktanreiz-programme sowie befristete steuerliche Anreize im Vordergrund.

Und übrigens, ein Tempolimit von 130 Km/h auf Autobahnen halte ich allein schon aus Grün-den der Verkehrssicherheit und des Lärmschutzes für durchaus überlegenswert. Wie sie sicherlich wissen, setzen wir uns bei der SPD Breisgau-Hochschwarzwald und der SPD Lörrach besonders dafür ein, dass auf der A5 zwischen Freiburg und der Grenze in Weil ein durchgehendes Tempolimit von 130 Km/h eingeführt wird.

Mit freundlichen Grüßen
Marion Caspers-Merk, MdB