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Marco Tullner
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Frage von Henning T. •

Frage an Marco Tullner von Henning T. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Guten Tag Herr Tullner!

Erlauben Sie mir, dass ich noch einmal nachhake. Ich begann meine
Frage mit der Feststellung, dass wir in den letzten Jahren (bis auf die Finanzkrise) durchgehend Wirtschaftswachstum und Exportüberschüsse erzielt haben. Stimmen Sie dieser Feststellung zu?
Wenn das so ist, wenn also bildlich gesprochen der zu verteilende Kuchen (also das Bruttoinlandsprodukt) absolut gesehen größer wird, und das trotz der derzeitigen demographischen Entwicklung, wieso ist es dann ein "Über die Verhältnisse leben", wenn wir versuchen, bestimmte öffentliche Angebote wie Bibliotheken, Schwimmbäder, Theater, Bildung usw. wenigstens in gleicher Qualität zu behalten? Wieso wächst der Schuldenberg ständig, obwohl in diesen Bereichen immer neue Sparanstrengungen unternommen werden? Wenn der verteilte Kuchen wächst und der Anteil dieser Politikfelder schrumpft, wohin geht der verbleibende wachsende Anteil des Kuchens? Und überhaupt: Bei wem haben "wir" die Schulden?

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie noch einmal konkret auf diesen Widerspruch eingehen könnten.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Thielemann,

natürlich ist das BIP in den letzten Jahren mehr oder weniger stark gewachsen. Auch Exportüberschüsse hat Deutschland volkswirtschaftlich gesehen, erzielt. Dennoch, und das ist ja meine Grundthese leben wir seit 30 Jahren über unsere Verhältnisse. Dieser schleichende Prozess ist erst in den letzen Jahren wirklich in das Bewusstsein unserer Öffentlichkeit (auch der Politiker!)gedrungen. Die Föderalismuskommission II und der Beschluss der Schuldenbremse haben hier, aus meiner Sicht als Finanzpolitiker endlich, Wirkung gezeigt.

Warum sich diese BIP-Zuwächse nicht in den Haushalten als entlastende Wirkung niederschlagen, liegt daran, dass große Teile des Bundesetats in Schuldendienst und Zuschüsse in die Sozialsysteme (Rentenkasse, Krankenversicherung, Pflegeversicherung etc.) fließen. Da immer weniger Jüngere einzahlen, wächst diese Unwucht beständig an.

Ähnliches ist auch in den Haushalten der Länder und der Kommunen zu konstatieren. Allein 10% des Landesetats (knapp 1 Mrd. €)zahlen wir für (derzeit niedrige) Zinsen. Da wird noch kein Euro getilgt! Daher muss es gelingen, aus dieser Spirale herauszukommen: 1. keine neue Schulden und 2. mit dem Abzahlen der alten Schulden zu beginnen.

Der dazu notwendige Sparkurs muss allerdings so gestaltet werden, dass trotz zurückgehender Bevölkerungszahlen die von Ihnen angeführten sogenannten "freiwilligen" Leistungen der Kommunen dem Grunde nach aufrechterhalten werden können. Ich glaube, dass wir hier mit klugen und intelligenten Lösungen Synergieeffekte erzielen können, um damit die Substanz trotz Einspardrucks erhalten und fortentwickeln zu können.

Die Schulden haben wir bei Banken und Investoren. Unser Landes-Finanzministerium veranstaltet dazu regelmäßige Präsentationsreisen nach New York, Hongkong, Shanghai, Tokio u.a. Finanzzentren, um die Schuldtitel zu verkaufen. Den Kurs dieser Anleihen können Sie z.B. in den Kurstiteln der großen deutschen Tageszeitung unter der Rubrik "Länderanleihen" nachvollziehen.

Herzliche Grüße

Marco Tullner

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