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Klaus-Heiner Lehne
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Frage von Gerhard R. •

Frage an Klaus-Heiner Lehne von Gerhard R. bezüglich Finanzen

Die EZB sollte primär die Inflation steuern. Wie ist es möglich, dass auf politischem Druck immer wieder die EZB den Griechen unter die Arme greift? Ist es Zufall, dass alle mediteranen EU-Länder Probleme haben?
Jüngste Umfragen ( Infratest ) ergaben, dass die Mehrheit der Deutschen gegen weitere Hilfen für diese Länder ist.
Ein Referendum in den 4 Geberländern zur aktuellen Europapolitik würde euch Politikern den Weg weisen. Es kann und darf nicht sein, dass hunderte Milliarden€ von Nord nach Süd transferiert werden und das ohne Ende.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Partei, die in Brüssel den Willen der Bürger vertritt, auch die nächste Bundestagswahl gewinnt, ist groß.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Ritter,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch.

Ich teile nicht Ihre Ansicht, dass die Europäische Zentralbank unter politischem Druck den Griechen unter die Arme greift. Die Regeln für die Europäische Zentralbank sind ganz eindeutig und in den Verträgen und der Satzung festgelegt. Die Europäische Zentralbank bewegt sich bei ihren Handlungen in diesem Rechtsrahmen. Das so genannte Targetsystem, in dem den Zentralbanken der Eurostaaten über die Europäische Zentralbank Geldmittel zur Verfügung gestellt werden, ist vertraglich vereinbart und notwendig, um die Liquidität im Euroraum aufrechtzuerhalten. Die entsprechende Vereinbarungen und Regelungen wurden lange Zeit vor der Krise zum Zeitpunkt der Einführung des Euro getroffen. Die Europäische Zentralbank ist zudem nach ihrer Satzung berechtigt, am Sekundärmarkt Staatsanleihen zu kaufen. Sie darf dies nicht am Primärmarkt, d.h. unmittelbar von den Staaten, weil das eine unmittelbare Finanzierung der Staaten wäre. Am Sekundärmarkt gehandelte Wertpapiere sind jedoch Wertpapiere wie jedes andere. Natürlich kauft die Europäische Zentralbank am Sekundärmarkt die Papiere auch nur zu ihrem tatsächlichen Marktwert, den sie zum Zeitpunkt des Erwerbes haben. Sofern in diesem Zusammenhang es zu einer möglichen Ausweitung der Geldmenge kommen kann, nimmt die Europäische Zentralbank diese Geldmenge an anderer Stelle wieder vom Markt.

Es ist natürlich kein Zufall, dass alle mediterranen EU-Länder Probleme haben. Das hat viel mit der Psychologie der Märkte zu tun. Marktbewegungen sind nur zum Teil faktenbasiert und zu einem großen Teil psychologisch motiviert. Spanien z.B. stand vor der Krise deutlich besser als Deutschland dar, ist aber nun durch die psychologischen Effekte der Krise auch in schwieriges Fahrwasser gekommen. Italien ist überwiegend im Inland verschuldet. Beide Länder müssen im Augenblick relativ hohe Zinssätze an den Anleihmärkten bezahlen, schaffen es aber regelmäßig sich selbst zu refinanzieren. Dass die Schuldenkrise alleine kein spezifisches Problem der Mittelmeer-Euro-Staaten ist, belegt aber auch die Tatsache, dass Irland und Portugal sich bereits unter dem Rettungsschirm befinden. Dort greifen aber die Reformen und es ist absehbar, dass sich die Situation in diesen Ländern in den nächsten Jahren nachhaltig verbessert. Es ist zwar richtig, das jüngste Umfragen belegen, dass eine Mehrheit der Deutschen gegen weitere Hilfen für diese Länder ist. Nicht immer ist die Meinung der Mehrheit aber auch die Richtige. Unser Wohlstand in Deutschland ist im Wesentlichen abhängig von unserem Export. Zur Sicherung dieser Exportmärkte ist die Stabilität der Eurozone unabdingbar. So exportieren wir z.B. auch heute noch mehr Produkte nach Italien als nach China. Ein Ausscheiden der südeuropäischen Staaten aus der Eurozone würde unsere Exporte dorthin extrem verteuern und zu gewaltigen Wettbewerbsnachteilen führen. Für Deutschland hieße dies Rezession und Arbeitslosigkeit.

Ich stimme auch nicht mit der Verwendung des Begriffes "Geberländer" überein. Die Rettungsschirme der Europäischen Union werden anteilig von den Mitgliedstaaten der Eurozone garantiert. Bei der Hilfe für Irland kam zudem noch Großbritannien hinzu. Deutschland haftet also nur mit einem Anteil von etwas mehr als einem Viertel. Die anderen Mitglieder der Eurozone haften mit dem Rest der garantierten Beträge. Ich persönlich bin der Überzeugung, dass es keine Alternative dazu gibt zu helfen. Natürlich unter strengen Bedingungen und Auflagen. Reformen und Hilfe müssen Hand in Hand gehen. Genau das ist auch die Politik der aktuellen Bundesregierung und der CDU/CSU im Europäischen Parlament.

Mit freundlichen Grüßen,

Klaus-Heiner Lehne