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Kerstin Müller
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Frage von Marco H. •

Frage an Kerstin Müller von Marco H. bezüglich Recht

Sehr geehrter Frau Müller

mich würde Ihre Meinung zur geplanten Jugendschutzgesetzänderung bezüglich gewalttätiger Computerspiele diesen Sommer interessieren. Da ich selbst seit über 20 Jahren Konsument Computerspiele aller Art aber eben auch dieser, mittlerweile von vielen Politikern verteufelter, Ego-Shootern bin. Ein Verbot solcher Spiele sehe ich als absurd an da Deutschland im weltweiten Vergleich bereits über den strengsten Jugendschutz verfügt.Gewalthaltige Computerspiele grundsätzlich zu verbieten ist absurd , schließlich werden entsprechende Bücher und Filme auch nicht verboten. Die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten sind ausreichend, um Kinder und Jugendliche vor nicht passenden Spielen zu schützen. Wobei auch die Eltern ein sehr große Rolle spielen besser darauf zu achten was ihre Kinder da so spielen. Habe nämlich schon oft genug erlebt daß viele nämlich gar keine Ahnung haben. Ich bin selbst Vater eines 6 jährigen Sohns und werde immer darauf achten da ich mich selbst gut genug damit auskenne.Computerspiele sind nicht die Ursache für Jugendgewalt! Alle bisherigen Untersuchungen auf diesem Gebiet haben das bewiesen. Wieder einmal fällt der Politik nichts anderes ein, als bestimmte Spiele verbieten zu wollen. So werden populistische Forderungen, insbesondere von Herrn Beckstein, durchgesetzt. Das Problem der Jugendgewalt wird damit aber nicht gelöst. Computerspiele sind ein fester Bestandteil der Kreativwirtschaft in Deutschland. Sogar die Politik fördert den Deutschen Entwicklerpreis für Computerspiele. Auf der anderen Seite bekämpft sie die gesamte Community.

Mich würde Ihre Haltung zu diesem Thema interessieren und wie Sie vorhaben im Sommer für dieses Gesetz zu stimmen?

Mit freundlichen Grüßen

Marco Hannes

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Hannes,

vielen Dank für Ihre Email. Gewalt hat in den Köpfen von Kindern und Jugendlichen nichts zu suchen. Auch aus diesem Grund hat Rot-Grün im Jahr 2003 den Jugendmedienschutz verschärft. Seitdem braucht ein Computerspiel eine staatliche genehmigte Alterskennzeichnung, um frei verkauft werden zu können. Gewaltverherrlichende, rassistische und die Menschenwürde verletzende Spiele können so auch verboten werden.

Doch genauso wie Sie war Bündnis 90/Die Grünen mit allen ExpertInnen einig, dass darüber hinausgehende Maßnahmen und Verbote keinen besseren Jugendschutz bieten könnten. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung sind die Bestimmungen des deutschen Jugendschutzes im internationalen Vergleich sehr streng. Aber im Internetzeitalter ist dessen Umsetzung schwieriger geworden, eben weil die Bestimmungen andernorts weniger streng sind. Mediale Gewalt lässt sich durch Gesetze allein nicht mehr aus den Kinderzimmern verbannen.

Die bestehenden Gesetze reichen aus, Computerspiele heute schon dem Markt zu entziehen oder ganz zu verbieten. Zwar halten wir manche Entscheidungen der USK für diskussionswürdig. Die Prüfkriterien müssen selbst geprüft werden. Generell aber hat sich das System der "regulierten Selbstregulierung" bewährt.

Nur die wenigsten Computerspiele sind sog. Killerspiele. Wir finden zudem diesen Begriff wenig tauglich für die Diskussion, weil schon die verurteilende Begrifflichkeit eine echte Auseinandersetzung mit den gemeinten Spielen verbaut. Eine rechtliche Definition des Begriffs "Killerspiele" existiert nicht. In die politische Debatte eingebracht wurde er vom bayerischen Innenminister Günther Beckstein. Gemeint sind demnach Spiele, bei denen das simulierte Töten wesentlicher Bestandteil des Spielerfolgs ist. Doch diese Egoshooter-Spiele machen nur 8% aller Computerspiele aus. Die undifferenzierte Debatte über sog. Killerspiele rückt aber die große Mehrzahl der Spiele in ein schlechtes Licht.

Es herrscht eine "digitale Kluft" zwischen jungen Spielenden und älteren Nicht-Spielenden, die zu gegenseitigem Unverständnis führt. Ziel muss es sein, dieses Unverständnis aufzulösen. Computerspieler müssen ernst genommen, Eltern, LehrerInnen und ErzieherInnen verstärkt im Umgang mit Computer und Computerspielen geschult werden. Im Gegensatz zu Filmen lassen sich manche Aspekte von Computerspielen nicht durch bloßes Anschauen bewerten, sie sind nur verständlich, wenn man sie aktiv spielt.

Wir brauchen eine "Kultur des Hinsehens". Erziehungsberechtigte müssen Verantwortung für ihre Schützlinge übernehmen und sich dafür interessieren, was ihre Kinder vor dem Computer machen, sie müssen Grenzen aufzeigen und attraktive alternative Angebote machen können, letztlich gilt: Statt Verboten müssen wir die Medienkompetenz stärken. Wer gelernt hat, kompetent mit Computerspielen umzugehen, wird in der Lage sein, die Realität von einer simulierten Welt zu unterscheiden. Außerdem müssen wir dafür sorgen, dass sich mehr hochwertige Spiele auf dem Markt etablieren. Dazu halten wir ein einheitliches Qualitätssiegel für sinnvoll, das Eltern bei der Kaufentscheidung helfen kann. Außerdem wollen wir, dass schon in der Entwicklung von Spielen Anreize für Qualität geschaffen werden. Gute Computerspielprojekte sollten schon in ihrer Entwicklungsphase finanziell unterstützt werden. Vorstellbar ist, die bestehende Filmförderung auf Computerspiele auszuweiten.

Bündnis 90/Die Grünen werden sich auch weiterhin differenziert mit dieser Problematik auseinandersetzen und eigene Lösungsvorschläge einbringen.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Müller, MdB