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Frage von Gerhard C. •

Frage an Karin Kortmann von Gerhard C. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Kortmann,

vielen Danke für Ihre ausführliche Antwort. Sie treffen sehr exakt die Situation.

Wie stehen Sie dazu, das die geplanten Änderung bei der Unterhaltszahlung exakt das Gegenteil bewirkt, was Sie behaupten, nämlich eine steuerliche Vergünstigung des Unterhaltsverpflichteten?

Zu der Begründung: es gibt es einen schwerwiegenden (und entscheidenden Fehler) in Ihrer Antwort:

Zitat: "Außerdem haben Sie natürlich die Möglichkeit, Unterhaltszahlungen für Ihre Exfrau und die beiden anderen Kinder auf Ihr zu versteuerndes Einkommen anzurechnen, wodurch sich Ihre reale Steuerlast deutlich reduziert."

Das ist falsch. Unterhaltszahlungen an die Kinder können NICHT abgesetzt werden.

Durch die geplante Gesetzesänderung, das Kinder vorrangig sind (gerade in Mangelfällen!) bekommt dann die nicht arbeitende Mutter kein Unterhalt mehr, der Kinderunterhalt erhöht sich. Dadurch kann ich noch weniger bei der EKS absetzen, somit werde ich (aber vor allem die Kinder) nochmals bestraft!

Können Kinder etwas dafür, wenn die Mutter sich für einen anderen entscheidet? Sie sind weder verantwortlich, noch können sie etwas ändern.

Aber ihre ZUKUNFTSCHANCEN werden verringert!

Mit freundlichen Grüßen Gerhard Collmann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Collmann,

vielen Dank für ihre Antwort und die erneute Nachfrage. In meiner vorherigen Antwort habe ich mich scheinbar missverständlich ausgedrückt: Sie haben Recht, die Unterhaltszahlungen für ihre Kinder sind nicht direkt absetzbar. Allerdings erhalten Sie für die Kinder, die bei Ihrer Exfrau leben und für die sie Unterhalt zahlen, den halben Kinderfreibetrag. Für die Kinder, die bei Ihnen leben, erhalten Sie natürlich den gesamten Steuerfreibetrag. Das ist (abhängig von der Höhe Ihres Einkommens) eine deutliche steuerliche Entlastung, die der Unterstützung der Kinder dient.

Außerdem weisen Sie auf die geplanten Veränderungen im Unterhaltsrecht hin. Diese werden voraussichtlich zum 1.1.2006 in Kraft treten. Mit der Reform wollen wir das Wohl der Kinder fördern und die nacheheliche Eigenverantwortung stärken. Kinder sind bei einer Trennung der Eltern besonders schutzbedürftig. Deshalb sollen ihre Unterhaltsansprüche gegenüber allen anderen Unterhaltsberechtigten Vorrang genießen.

Ein weiteres Ziel der Reform ist, der veränderten Lebenswirklichkeit Rechnung zu tragen. Mehr als ein Drittel aller Ehen wird heute geschieden und es sind vor allem die kurzen Ehen, die geschieden werden. 50% aller geschiedenen Ehen sind kinderlos und immer mehr Frauen mit und ohne Kinder sind berufstätig. Deshalb ist es aus meiner Sicht richtig, die nacheheliche Eigenverantwortung zu stärken und den Gerichten mehr Möglichkeiten zu geben, Unterhaltsansprüche für geschiedene Ehegatten zu befristen und zu begrenzen. Zugleich wird mit der Gesetzesänderung das Kindeswohl aller Kinder gleichgestellt. Nach heutiger Rechtslage muss sich das unterhaltsberechtigte minderjährige Kind den ersten Rang mit geschiedenen und aktuellen Ehegatten teilen. Innerhalb des ersten Ranges wird der erste Ehegatte in bestimmten Fällen gegenüber dem zweiten Ehegatten privilegiert. Beide Ehegatten wiederum sind gegenüber der nicht verheirateten Mutter (bzw. Vater) privilegiert. Diese befinden sich heute mit ihrem Unterhaltsanspruch wegen der Kinderbetreuung im zweiten Rang.
Die künftige Rangfolge wird konsequent auf das Kindeswohl ausgerichtet sein, weil Kinder im Gegensatz zu Erwachsenen nicht selbst für ihren Unterhalt sorgen können. Kindesunterhalt bekommt damit künftig Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen. Damit kann die Zahl minderjähriger Sozialhilfeempfänger ebenso reduziert werden wie die Zahl der als „arm“ geltenden Kinder.
Erst nach der Befriedigung der Unterhaltsansprüche der Kinder werden die der Erwachsenen befriedigt. Auch hierbei ist das Kinderwohl das entscheidende Kriterium. Konkret heißt das: Sowohl der erste als auch der zweite Ehegatte, der Kinder zu betreuen hat, aber auch die nicht verheiratete Mutter (der nicht verheiratete Vater) werden gleich behandelt, weil sie im Hinblick auf die Kinder in der gleichen Situation sind. Ebenso schutzwürdig sind Ehegatten bei langer Ehedauer, da hier über viele Jahre Vertrauen in die eheliche Solidarität gewachsen ist. Dieses Vertrauen bedarf auch nach der Scheidung, wenn die Kinder aus dem Haus sind, eines besonderen Schutzes. Auch diese Ehegatten sollen sich deshalb künftig im zweiten Rang befinden. Der geschiedene Ehegatte, der nur verhältnismäßig kurz verheiratet war und keine Kinder betreut, ist demgegenüber weniger schutzbedürftig. Er findet sich künftig im dritten Rang wieder.
Die Unterhaltsberechtigten, die „leer“ ausgehen oder nicht bedarfsdeckend Unterhalt erhalten, haben – wie schon heute – bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen (ergänzend) Anspruch auf Sozialhilfe nach dem SGB XII bzw. Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem SGB II.

Die vorgeschlagenen Änderungen haben das Ziel besonders den schutzbedürftigen minderjährigen Kindern eine angemessene und gesicherte Existenz zu sichern. Gerade im Mangelfall führen die geplanten Änderungen aus meiner Sicht zu einer höheren Verteilungsgerechtigkeit und zu mehr Eigenverantwortung der Ehegatten nach der Ehe. Die Änderungen passen das Unterhaltsrecht behutsam an eine geänderte gesellschaftliche Wirklichkeit und gewandelte Wertvorstellungen an.

Ich hoffe, Ihre Frage hiermit beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen,
Karin Kortmann