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Jürgen Trittin
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Frage von Else U. •

Frage an Jürgen Trittin von Else U. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Trittin,

mich würde doch einmal interessieren, warum man bei uns immer von einem
Renteneintrittsalter spricht und nicht von Rentenbeitragszeiten.
Denn ich bin der Meinung, wenn man z.B. nach 48 Jahren Beitragszeit mit 63 Jahren in Rente gehen möchte, sollten hier keine Kürzungen mehr vorgenommen werden. (Mir hat man mitgeteilt, dass ich aber nach dieser Beitragszeit (2016) trotzdem noch 9,3% Abzug in Kauf nehmen soll).
Sagen Sie mir doch bitte wo hier noch Gerechtigkeit ist, wenn man dann anderen Leuten nach 30Jahren eine Zusatzrente zugesteht.
Ich bin der Meinung, wenn man grundsätzlich alle Menschen gleich behandelt, dann sollte man die Rentenbeitragsjahre berücksichtigen und nicht immer vom Alter aus gehen.
Ferner sollte man grundsätzlich auch die Beamten und selbstständigen mit in die BFA einzahlen, dann sind alle gleich und die Beamten bekommen dann keine 75% -80% vom letzten Brutto, obwohl nie etwas bezahlt wurde und der normale Bürger soll immer weniger, in Zukunft bis zu 43% nur noch vom letzten Netto bekommen. Von den ganzen anderen Vorteilen abgesehen (Beihilfe in der KV billig privat versichert und vieles mehr). Wo ist hier noch Gerechtigkeit.
Auch die Steuer auf die Rente sollte nach einem normalen Drittsatz gerechnet werden. Denn schließlich wissen Sie aufgrund der Beitragsleistung in der BFA, wieviel Jahre ohne Berücksichtigung bei der Einkommensteuer Beiträge geleistet worden sind.
z.B. bei mir falls ich mir 63Jahren in Rente gehe von 48Jahren konnte ich nur ab 2005 11Jahre meine RV Nettoabzüge steuerlich berücksichtigen. Soll aber dann 89% der Rente versteuern. Bei mir würde das rechnerisch aber nur 50% AGA + 11,5% gleich 61,5% ausmachen. Erklären Sie mir warum ich 27,5% mehr versteuern soll. Dieses nur weil ein Beamter geklagt hatte. Nur der hat nie von versteuertem Geld AN RV Beträge bezahlt.
Aber auch hier hat ja mal wieder nur der Beamte die Entscheidung getroffen und der normale Bürger darf immer nur bezahlen. MFG

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Uterhardt,

Viele Leute sind der Meinung, dass eine längere Lebensarbeitszeit Bürgerinnen und Bürger mit kurzen Versicherungszeiten bevorzugt. Das trifft nicht zu. Es tritt zu, dass manche Versicherte nur wenige Jahre in die Rentenkassen einzahlen. Dies wirkt sich allerdings auch bei der Höhe der Rente aus. Die Höhe der Rente hängt von der Höhe der Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung _und_ von der Dauer der Einzahlung ab. Je länger Versicherte in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, um so höher kann im Ruhestand ihr Alterseinkommen ausfallen.

In unserer Fraktion bestehen erhebliche Bedenken gegen den Vorschlag, das Renteneintrittsalter von der Dauer der Einzahlungen abhängig zu machen. In einem derartiges System könnten Versicherte z.B. nach 45 Jahren einen Antrag auf Rente stellen. Versicherte, welche mit 15 Jahren berufstätig geworden wären, könnte ihre Rente mit 60 Jahren beantragen. Versicherte, welche erst mit 20 Jahren berufstätig geworden wären, könnte erst mit 65 Jahren in Rente gehen. Selbst wenn die Beiträge dieser Versicherten ansonsten vollkommen identisch wären (45 Jahre Beitragszahlung in identischer Höhe), würden sie deutlich unterschiedliche Leistungen erhalten, wenn auch ihre Lebenserwartung identisch wäre. Der erste Teil der Versicherten könnte 5 Jahre länger Rente beziehen.

Die Besteuerung von Renten erfolgt durch den Übergang zur sogenannten nachgelagerten Besteuerung. Dieser Übergang wurde schrittweise organisiert und wird erst im Jahr 2040 abgeschlossen sein. Dies bedeutet, dass wenn die Rentenlaufzeit in diesem Jahr beginnt wird sie nur zu 64% der Einkommensteuer unterworfen. Die übrigen 36% sind steuerfrei und bleiben dies auch, denn maßgeblich für den Besteuerungsanteil ist das Jahr des Rentenbeginns. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass frühere Rentenbeiträge bei der Einkommensteuer nicht absetzbar waren. Auch die Absetzbarkeit der Rentenbeiträge steigt schrittweise auf 100%. Hier wird die volle Abzugsfähigkeit bereits im Jahr 2025 erreicht. Die von Ihnen genannten 89% hingegen gelten erst bei einem Renteneintritt im Jahr 2029. Dann gilt bereits für einige Jahre die volle Abzugsfähigkeit und für sehr viele Jahre eine hohe Absetzbarkeit. So erreicht die Abzugsfähigkeit schon jetzt etwa 50% des Arbeitnehmerbeitrags.

Diese Art der Übergangsregelung halten wir für vertretbar. Sie führt im Übrigen dazu, dass die meisten Rentner heute keine Steuern zahlen. Eine durchschnittliche Rente ist zu gering um bei einem Besteuerungsanteil von 50 bis 64% zu einem zu versteuernden Einkommen oberhalb des Grundfreibetrags der Einkommensteuer zu führen. Daher sind im Moment nur Rentner betroffen, die über überdurchschnittliche Renten verfügen oder die neben ihrer Rente noch über andere Einkommensquellen verfügen. Das ein Übergang zu einem anderen Besteuerungssystem nicht in jedem Fall die genau zutreffende Besteuerung erreicht werden kann, sondern pauschaliert werden muss, halten wir aus Gründen der Einfachheit des Steuersystems für eine notwendige Folge. Die im Gesetz festgelegte Übergangsregelung trifft aber einen mittleren typischen Fall recht gut, weshalb Klagen dagegen keinen Erfolg hatten.

Mit freundlichen Grüßen,

Jürgen Trittin