Joseph Wandl
DIE LINKE
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Frage von Mario A. •

Frage an Joseph Wandl von Mario A. bezüglich Kultur

Sehr geehrter Dr. Wandl,

während CSU (Joachim Herrmann), als auch SPD (Paul Gantzer) dafür votieren, Spiele mit Gewaltinhalten (sog. "Killerspiele") auch für Erwachsene gänzlich zu verbieten, formiert sich dagegen zunehmend Widerstand wie z.B. in Form der Aktion "Ich wähle keine Spielekiller!". Als Familienvater einerseits und Spieler andererseits würde ich gern wissen, wie Sie und Ihre Partei zu diesem kontroversen Thema stehen.

Mit freundlichen Grüßen

Mario Achenbach

Antwort von
DIE LINKE

Hallo Herr Achenbach,

danke für Ihr Mail. Sie bringen es auf den Punkt. Einerseits machen uns Menschen Spiele Spaß, dienen der Erholung und Entspannung. Soweit zumindest ist es in der Theorie des Spiels nachzulesen. Elektronische Spiele haben da aber im Unterschied zu Bewegungsspielen oder auch zu Brettspielen noch einen anderen Aspekt. Sie fordern vom Spieler nicht nur hohe Konzentration und schnelles Reaktionsvermögen, sondern bewirken zudem eine starke innere Anspannung und aktionsgeladene Beteiligung. Gleichzeitig ist der Körper, bis auf wenige Bewegungen in Ruhe. Der Adrenalinausstoß aber ist dennoch entsprechend hoch. Ein bewegter Körper wird damit durch muskuläre Aktionen leichter fertig. Beim körperlich ruhenden Spieler bleiben die hohen Werte viel länger in der Blutbahn. Nicht nur deshalb kann man bei angespannten Spielern oft erleben, dass sie auf kleinste Störungen mehr oder weniger aggressiv reagieren. Gleichzeitig, und dies ist zudem ein Grund dafür, haben sie eine starke Tendenz, immer weiter spielen zu wollen. Ob man hier von einer Art Sucht reden kann, vermag ich nicht zu beurteilen. In der Fachsprache taucht der Begriff "Spielsucht" aber immer häufiger auf.
Schon allein deswegen meinen manche, man sollte eine Reihe von Spielen verbieten. Noch deutlicher fordern dies jene, die glauben, ausrastende Spieler verhindern zu können, die wie etwa vor mehreren Jahren in Kleinrathberg bei Wegscheid geschehen, in einer Form von Realitätverlust plötzlich glauben, die Spielfigur (in jenem Fall "Jason") zu sein und dann mit der Axt auf die Cousine losgehen.

Natürlich darf so etwas nicht passieren. Politik und Gesellschaft haben hier eine wichtige Aufgabe. Dabei kann es aber nicht um blindwütiges Handeln gehen. Ein generelles Verbot solcher Spiele, die einfach auch aus unserer medialen Zeit heraus entstanden sind und vielen tausenden Menschen Spaß machen, halte ich für nicht sinnvoll. Bestenfalls sollte das für bestialische, menschenverachtende Spiele gelten, die z.B. auf Missbrauch und Misshandlung von Menschen, Menschengruppen, aber auch von Tieren hinauslaufen. Das gleiche gilt für rassistische oder volksverhetzende Inhalte oder die Vermittlung von Aggression als Mittel im Umgang mit anderen oder die Verherrlichung von Gewalt - auch militärischer Gewalt. Ich denke, alles was zur Verrohung mittels Spiel beiträgt, müsste psychologisch und pädagogisch genau geprüft werden. Hier sehe ich auch große Verantwortung bei den Herstellern. Es gibt ja auch eine Reihe von Spielen, in denen sich der Spieler selbst gut und ritterlich erleben darf und trotzdem erfolgreich im intelligenten strategischen Handeln sein kann.

So wie wir in der Medienpädagogik Kindern verantwortungsbewussten Umgang z.B. mit dem Fernsehen beizubringen versuchen, so sollten wir es auch mit den elektronischen Spielen tun. Und hier tangiert diese Problematik eine allgemeine unserer Erziehung, die ich wie folgt zusammenfassen möchte: Körperlich und geistig gesunde Kinder, d.h. Kinder, die in der Wirklichkeit einer behüteten Umgebung aufwachsen und sowohl in Elternhaus wie Schule zu starken, gefestigten Persönlichkeiten heranreifen dürfen, sind weit weniger anfällig für die Negativauswirkungen. Sie spielen zwar auch gern und es macht auch Spaß, mal mit einen fiktiven Gewehr zu schießen, aber sie wissen immer, dass das nicht "echt" ist. Ebenso haben sie in ihrem Inneren eine Schwelle, die ihnen sagt, wenn es echt wäre, dann würde ich das nicht tun. Solche Kinder in einem förderenden Erziehungs- und Schulsystem wachsen und reifen zu lassen ist viel wichtiger als große Diskussionen über Verbote zu führen, die man bei der gegebenen Technik sowieso nicht kontrollieren kann. - Trotzdem betone ich nochmal, dass wir nicht jeden Schund (damit meine ich jene Produkte, die Kinder manipulieren und sie in ihrer gesunden Entwicklung stören) zulassen müssen. Das tun sie als verantwortungsbewusster Vater für Ihre Kinder ja auch nicht. Und als Staat sollte man das ebenfalls nicht uneingeschränkt tun. Einzelne Spiele begründet verbieten, ja - Computerspiele generell aber nicht.

Ich hoffe, so für Sie geantwortet zu haben, dass es Ihrer Findung des für Sie richtigen Weges dient. Wenn Sie wollen, bleibe ich in dieser Sache gerne mit Ihnen in Kontakt (e-mail siehe www.dr-wandl.de ). Im Dialog ist nicht nur einer der Gebende und der andere der Nehmende. Ich bin sicher, dass ich auch einiges von Ihrer Sichtweise lernen kann.

Mit freundlichen Grüßen
Joseph Wandl