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Josef Winkler
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Frage von Niklas B. •

Frage an Josef Winkler von Niklas B. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Winkler,

im Sozialkundeunterricht des Görresgymnasiums haben wir das Thema "Der Abgeordnete zwischen Fraktion, Gewissen und Wahlkreis - ein lösbares Spannungsverhältnis?". Dabei haben wir herausgefunden, dass sich Abgeordnete gegenüber ihrem Gewissen, gegenüber ihrer Partei und gegenübrer ihrem Wahlkreis verpflichten.

Einige Politiker berufen sich bei Abstimmungen auf ihre eigene Meinung, andere wiederum richten sich nach den Meinungen der Fraktionsspezialisten. Die meisten aber richten sich je nach Thematik (ethische Fragen, große parteipolitische Themen und Themen, die ihren Wahlkreis betreffen) nach einem anderen "Diktat".

Unser Interesse besteht darin, wie Sie sich konkreten Fällen verhalten. Nach welchem der drei o.g. Kriterien treffen Sie ihre Entscheidungen?

Über eine schnelle Antwort würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen
- Niklas Bildhauer, im Auftrage der Klasse 10b -

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Schülerinnen und Schüler der Klasse 10 b des Görres-Gymnasiums,
Sehr geehrter Herr Bildhauer,

Ihre Frage zum Abstimmungsverhalten wäre einfacher zu beantworten, wenn Sie nach konkreten Abstimmungen fragen würden und nicht so generell. Ich werde es daher nur generell beantworten können.

Meinem Gewissen bin ich immer verpflichtet, allerdings gibt es Dutzende Abstimmungen in jeder Sitzungswoche, bei denen die Gefahr eines Gewissenskonfliktes nicht besteht. Es ist die Regel, daß man sich an die Mehrheitsbeschlüsse der Fraktion auch dann hält, wenn man in der Fraktion der Minderheitsmeinung angehört. Ausnahmen bestätigen die Regel. In der letzten Wahlperiode hatten wir eine äußerst knappe Mehrheit im Bundestag und daher konnten schon fünf oder sechs abweichende Stimmen die Regierung ins Wanken bringen. Da mußte man in die Sachentscheidung dann eben die Möglichkeit von vorgezogenen Neuwahlen wegen Koalitionsbruches einkalkulieren und sein Abstimmungsverhalten danach ausrichten. In der Opposition ist das naturgemäß etwas lockerer zu handhaben. Selbstverständlich versucht man auch, sich so weit es eben geht an das Parteiprogramm und aktuelle Parteitagsbeschlüsse zu halten. Auch hier gilt es aber das Denken nicht abzuschalten. Auch reine Kirchturmspolitik für die eigene Region versuche ich soweit es geht zu vermeiden, schließlich gibt es auch übergeordnete Interessen zu beachten.

Bei bioethischen Grundsatzfragen und Militäreinsätzen gilt für mich der absolute Vorrang der Gewissenentscheidung vor allen anderen Maßgaben. Seien es Parteitagsbeschlüsse, Wünsche von Interessensverbänden, Druck aus der eigenen Fraktionsführung oder Parteiführung bzw. lokale Interessen.

Mit freundlichen Grüßen

Josef Winkler
Mitglied des Deutschen Bundestages

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