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Jörn Wunderlich
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Frage von Wilfried M. •

Frage an Jörn Wunderlich von Wilfried M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Wunderlich,

auch Sie reden gern von "Kinderrechten", welche "gestärkt" werden sollten.

Dabei bedenkt man vielleicht zu wenig, daß die Kinder naturgemäß in der Regel am besten von ihren sie liebenden Eltern vertreten werden, eher nicht von selbst ernannten (und womöglich doch irgendwann Rechnungen schreibenden) Gruppierungen.

In Ihrer Rede vom 24.4.08 jedenfalls bezogen Sie sich auf die "Deutsche Kinderhilfe", welche Sie als Beispiel der Ihre Auffassungen zu dem Zugriffsparagraphen 1666 BGB stützenden Verbände anführten (1).

Die Organisation bezeichnet sich auf der Haupt- Netzseite aber nicht als Verband, sondern als überparteilich und überkonfessionell tätiger Verein und als "unabhängige Lobby für Kinder" (2).

Glauben Sie denn an die Unabhängigkeit dieser Organisation?

Welche Weltanschauung vertritt die "Deutsche Kinderhilfe", deren Zentrale sich im Haus der Bundespressekonferenz befindet?

Für Ihre raschen Antworten auf meine Fragen neulich danke ich (3). Dem Wortlaut der §§ 49/49 a FGG bzw. 162 FamFG ist ja keine Befugnis für die Datenübermittlung vom Gericht an das JA zu entnehmen, abgesehen von der Pflicht zur Benachrichtigung über den schließlich ergangenen Beschluß.

Würde nicht durch die Übersendung v. Gutachten neben Delikten nach § 203 Abs. 2 S.1 StGB sogar Rechtsbeugung zu besorgen sein, weil mit der Übermittlung sensibelster Daten (auch Irrtümer / Desinformationen) an das Jugendamt dessen gesetzl. geregelte (Beratungs-) Tätigkeit auf der Grundlage eigener befugter Datenerhebung (§§ 61 ff SGB VIII) und möglichst äquidistanter Beratung sabotiert würde zum Nutzen derer, welche obj. gesehen von der Streitverschärfung finanziellen Nutzen haben?

Mit frdl. Grüßen
W. Meißner
Gruppe Justizkontrolle Bayern/ Scientologyabwehr Deutschland

1. http://www.linksfraktion.de/rede.php?artikel=1389232423
2. http://www.kinderhilfe.de/index.php?p=ziele
3. http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-650-5524--f220130.html#q220130

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Meißner,
gern beantworte ich Ihre Nachfrage *abschließend* zu diesem
Themenkomplex wie folgt:

Gemäß § 162 II FamFG ist das Jugendamt in Kindschaftssachen auf Antrag Verfahrensbeteiligter. Das Akteneinsichtsrecht ergibt sich für Verfahrensbeteiligte aus § 13 I FamFG. Nach § 162 I FamFG ist das Jugendamt anzuhören. Dadurch wird es zwar nicht Beteiligter, dennoch kommt ein Akteneinsichtsrecht nach § 13 II FamFG in Betracht; dies ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Jugendamt nach § 162 III S.2 FamFG auch ohne Beteiligtenstellung beschwerdeberechtigt ist, zwanglos anzunehmen. Das Akteneinsichtsrecht - es umfasst grundsätzlich alle Prozessakten, beigezogenen Akten und Gutachten - ist Ausfluss des Anspruchs auf rechtliches Gehör, Art. 103 I GG. Nur wer über entscheidungserhebliche Tatsachen informiert ist, kann Entscheidungen bewerten. Natürlich ist das Akteneinsichtsrecht nicht schrankenlos gewährt, § 13 I 2 HS FamFG. Im Einzelfall können schwerwiegende Interessen des Einzelnen dem Anspruch entgegenstehen. Ob eine im Einzelfall rechtswidrige Übersendung von Akten eine strafbare Rechtsbeugung darstellt i.S. § 339 StGB, ist zu bezweifeln. "/Nicht jede unrichtige Rechtsanwendung stellt jedoch eine Beugung des Rechts i.S. vom § 339 //StGB dar; vielmehr enthält dieses Tatbestandsmerkmal ein normatives Element. Erfasst werden sollen nur elementare Rechtsverstöße, bei denen sich der Täter bewusst und in schwerer Weise von Recht und Gesetz entfernt."/ (BGH NStZ-RR 2001 Seiten 243,244). In meiner Rede vom 24.4.08 zum "Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls" (BT-Drs. 16/8914) habe ich in meinem Fazit klargestellt, dass allein gesetzliche Regelungen kein Mittel zur effektiven Bekämpfung der Kindesmisshandlung und -vernachlässigung sind. Vielmehr ist eine bessere personelle und sachliche Ausstattung von Jugendämtern und Gerichten zu fordern. Diese eindeutige und richtige Auffassung wird auch von der Deutschen Kinderhilfe vertreten.

Mit freundlichen Grüßen

Jörn Wunderlich