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Jörg van Essen
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Frage von Sabrina L. •

Frage an Jörg van Essen von Sabrina L. bezüglich Kultur

Sehr geehrter Herr van Essen,

vielleicht ist es ratsamer, Sie persönlich aufzusuchen, denn wenn man es will, kann man mir unehrenhaftes Denken unterstellen. Leider...

Ich gehöre zur Generation, die 1980 geboren wurde. Was da in den Weltkriegen 1 und 2 abgelaufen ist, das will niemand mehr erleben, mit Blick auf die derzeitigen kriegerischen Auseinandersetzungen kann man mit Recht vermuten, dass die Menschen nicht lernfähig sind. Es geht wohl nur noch um GELD, Zinsen und MACHT. Ich empfinde das als pervers. Das menschliche Sein, die einzigartige Fähigkeit, über sich selbst nachzudenken, sich philosophisch zu betätigen, helfend ein Miteinander zu leben, sich Gedanken über das WARUM ist was ist, all diese Optionen verlieren sich im jetzigen Leben. Wäre ich ein hochwissender Exterrestrischer und käme in die Nähe dieses Planeten, mit Graus würde ich ihn schleunigst umfliegen, da die Menschheit prima damit selbst beschäftigt ist, sich selbst das SEIN schwerzumachen. Man muss nicht Krishnarmurti verinnerlicht zu haben, um das als wahr zu bestätigen.

Was ich möchte:

Ist es denkbar, dass uns das verfolgte und gemordete Volk Israel jemals vergeben wird? Verzeihen ist menschlich, vergeben ist göttlich. Es muss doch einmal mit der Sühne ein Ende haben. Genug Mahnmale sind da. Diese Art des animalischen Krieges, Menschen zu morden, wird sich auf Deutschland bezogen sowieso nie wieder vorkommen. Bei anderen Staaten wage ich nicht daran zu denken, was man dem Friedensbringer Bush zutrauen mag.

Ich möchte wissen, ob weise Männer aller Parteien dem Zentralrat die Bitte vortragen, ein für allemal den Enkeln des Krieges nicht nur zu verzeihen, sondern vielmehr zu vergeben. Das ist mein Wunsch an die Politik, als pazifistischer und empfindender Mensch. Für diese Bitte oder Frage habe ich ganz speziell Sie ausgewählt, denn aus Ihren Augen spricht Weisheit.

Ich wußte nicht, dass es mir so schwer fiel, diese Sätze zu formulieren. Ich fühle mich erleichtert und gebe Ihnen das Wort. Danke

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Lesch!

Haben Sie herzlichen Dank dafür, dass Sie mit mir Ihre Gedanken zu den unmenschlichen Verbrechen der deutschen Nazidiktatur teilen.

Die Taten, die im Dritten Reich von den Nationalsozialisten verübt worden sind, waren Gräuel. Familien wurden durch den Größenwahn eines totalitären Regimes zerstört, Millionen Menschen ermordet. Ich finde es daher richtig und wichtig, dass die deutschen Verfassungsorgane gemeinsam Anfang des Jahres in einer Gedenkstunde im Deutschen Bundestag den Opfern des Nationalsozialismus gedacht haben.

Sie haben Recht, dass Ihre Generation – also die heute jungen Erwachsenen - nicht an den Untaten beteiligt war. Aber diese Zeit, darauf hat auch unser Bundespräsident Horst Köhler 2005 in seiner Ansprache vor der Knesset hingewiesen, ist Teil unserer deutschen Identität. Einen Link zu dieser beeindruckenden und bewegenden Rede finden Sie hier: http://www.bundespraesident.de/Reden-und-Interviews-,11057.622155/Ansprache- von-Bundespraesident.htm?global.back=/-%2c11057%2c0/Reden-und-Interviews.htm %3flink%3dbpr_liste%26link.sTitel%3dknesset

Die grausame Zeit des Nationalsozialismus ist untrennbar mit unserer Geschichte verbunden. Sie muss uns gleichsam ein Mahnmal sein, dass Vergleichbares an keinem Ort jemals wieder passieren darf. Dazu ist es wichtig, dass gerade die junge Generation darüber aufgeklärt wird, was in der dunkelsten Zeit deutscher Geschichte passiert ist.

Verzeihen und Vergeben können uns aber nur einzelne Menschen, einzelne Familien. Umso mehr freut es mich, dass wir inzwischen wieder viele starke und engagierte jüdische Gemeinden in Deutschland haben, Synagogen selbstverständlich das Bild unserer Städte mitprägen und jüdische Feiertage zu unserem Alltag gehören. Auch gibt es vielfältige Begegnungen zwischen Israel und Deutschland, auf allen Ebenen, nicht nur politisch, sondern vor allen Dingen zwischen den Bürgern beider Staaten.

Es ist gut und wichtig, dass es eine intensive Zusammenarbeit mit den großen Religionsgemeinschaften in Deutschland, insbesondere dem Zentralrat der Juden gibt. Auch die FDP sucht den Dialog mit allen großen Religionsgemeinschaften. So hat es noch zu Beginn dieser Woche ein gemeinsames Gespräch zwischen dem Zentralrat der Juden und dem FDP-Bundespräsidium gegeben, an dem ich auch teilgenommen habe.

Der fruchtbare israelisch-deutsche Dialog, der u.a. durch die Besuche der deutschen Bundespräsidenten in Israel und auch dem Besuch von Premierminister Olmert vor zwei Wochen in Berlin bekräftigt wurde, zeigt, dass wir weiterhin in eine gemeinsame friedvolle Zukunft gehen. Um noch einmal mit den Worten des von mir sehr geschätzten Bundespräsidenten zu sprechen: Es ist Ihre Generation, es sind die jungen Menschen von heute, die darüber entscheiden, welchen Weg die deutsch-israelischen Beziehungen nehmen werden. Israel und Deutschland müssen den Weg in die Zukunft weiter gemeinsam gehen.

Mit freundlichen Grüßen

Jörg van Essen, MdB