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Joachim Spatz
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Frage von Wolf Michael K. •

Frage an Joachim Spatz von Wolf Michael K. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Spatz,

Ich möchte Sie diesmal mit zwei Fragen aus unterschiedlichen Bereichen "überfallen":

Ihr Kollege Dr. Rösler macht sich auf abgeordnetenwatch.de leider rar, daher nehme ich mir die Freiheit, folgende Frage an Sie zu richten. In der Spiegel-Ausgabe 33/2010 lese ich, dass Rabattverträge großer gesetzlicher Krankenkassen nach Einflußnahme der Pharmaindustrie wieder rückabgewickelt werden. So hat es die AOK geschafft, ein Blutverdünnungspräparat von einem Ausgangspreis von 170 Euro nach einem Ausschreibungsverfahren auf einen Preis von 18 Euro einzudampfen, ein enormer Dienst an dem Patienten. Wie passt das mit Ihrem erklärten Ziel zusammen, die Kosten im Gesundheitswesen einzudämmen?

Zweite Frage: Ihre Partei fordert eine Lockerung der Bedingungen für die Enwanderung ausländischer Fachkräfte nach Deutschland. Einer Studie von Prof. Dr.
Hermann Adrian (1) zufolge zahlen Deutsche in Summe 63% Prozent Ihres Einkommens für Steuern, Tendenz steigend aufgrund der demographischen Katastrophe, auf die Deutschland mangels Familienzentrierter Politik zusteuert. Wieso sollten ausländische Arbeitnehmer es als ihr Lebensziel ansehen, mit ihren Steuern das Altenheim Deutschland zu finanzieren?

Mit freundlichen Grüßen,
Wolf Michael Kröger

Quellen
(1) Der Spiegel, Leserbrief von Prof. Dr. Hermann Adrian zum Thema "Rekrutierung ausländischer Fachkräfte in Deutschland" in der Ausgabe 33/2010

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Sehr geehrter Herr Kröger,

mit dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (/AMNOG/) hat die christlich-liberale Koalition einen weiteren Schritt zur bedarfsgerechten Neuaufstellung des Gesundheitswesens in Deutschland gemacht. Alle Beteiligten - Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Steuerzahler und Leistungserbringer - mussten ihren Teil zur finanziellen Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) beitragen. Es wäre den anderen Beteiligten gegenüber nicht vermittelbar gewesen, hätten wir hier jemanden außen vor gelassen.

Im Entwurf des AMNOG war daher ursprünglich eine Absenkung des Großhandelszuschlags um 400 Millionen Euro vorgesehen. Die entsprechende Regelung haben wir jedoch im Laufe des parlamentarischen Verfahrens geändert: Wir haben die aus dem Kreis der Betroffenen geäußerten Bedenken und Vorschläge aufgegriffen und nun entsprechend vorgesehen, dass Apotheker und Großhandel im gleichen Umfang, jeweils mit rund 200 Millionen Euro, zur Konsolidierung der GKV-Ausgaben beitragen sollen.

Konkret wurde beschlossen, den Apothekenrabatt zugunsten der Krankenkassen auf 2,05 Euro in den Jahren 2011 und 2012 zu erhöhen. Ab dem Jahr 2013 ist die Anpassung des Apothekenrabatts wieder von der Selbstverwaltung zu verhandeln. Auf Seiten des Großhandels wird der Großhandelszuschlag für rezeptpflichtige Arzneimittel auf einen preisunabhängigen Festzuschlag von 70 Cent je Packung und einen rabattfähigen Zuschlag von 3,15 Prozent auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmens abgesenkt. Es ist das Ergebnis entsprechender Verhandlungen zwischen Apothekern und Großhandel, in welchem Umfang aus dem rabattfähigen Teil des Zuschlags Funktionsrabatte an die Apotheker weiter gegeben werden. Dennoch nehmen wir die Sorgen hinsichtlich der von uns beabsichtigten fairen Aufteilung des Einsparbetrags sehr ernst. Entsprechend aufmerksam werden wir die Auswirkungen beobachten.

Die Pharmaindustrie trägt die Hauptlast dieser Reform. Von den insgesamt 2,4 Milliarden Euro müssen allein die Pharmahersteller 1,2 Milliarden Euro durch eine Erhöhung der gesetzlichen Herstellerrabatte für Arzneimittel ohne Festbeträge von 6 Prozent auf 16 Prozent aufbringen, einschließlich Preismoratorium bis 31. Dezember 2013. Dies wurde mit dem GKV-Änderungsgesetz bereits beschlossen. Nach Ende des Rabatts wird die Neuregelung der Nutzenbewertung zu Einsparungen führen. Außerdem können künftig die Impfstoffanbieter in Deutschland keine höheren Preise mehr verlangen als in unseren Nachbarstaaten, was ein Einsparvolumen von nochmals 300 Millionen Euro ausmacht. Mit der Einführung einer frühen Nutzenbewertung und Vereinbarung von Erstattungsbeträgen für alle neuen Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen sollen rund zwei Milliarden Euro pro Jahr eingespart werden. Diese Einsparungen wirken unbefristet. Sie lösen dauerhaft den befristeten gesetzlichen Herstellerrabatt ab, der am 31. Dezember 2013 endet.

Die Rabattverträge für patentfreie und wirkstoffgleiche Arzneimittel werden wettbewerblicher und patientenfreundlicher gestaltet. Die Patienten haben künftig über eine so genannte Mehrkostenregelung die Möglichkeit, ein anderes als das Rabattarzneimittel ihrer Krankenkasse auszuwählen. Eine solche Mehrkostenregelung ist auch für Generika vorgesehen, für die kein Rabattvertrag abgeschlossen wurde.

Bezüglich Ihrer Frage zum Fachkräftemangel, kann ich teilweise zustimmen. Deutschland ist im Wettbewerb um die weltweit besten Köpfe nicht nur weit zurückgefallen; Deutschland verliert derzeit sogar mehr Fachkräfte als im Gegenzug einwandern. Andere Staaten wie Kanada, Australien und natürlich die USA, aber auch Dänemark, ziehen die Besten der Welt an. Wir hingegen erlauben uns sogar, in Deutschland gut ausgebildete, zweisprachige Fachkräfte aus Drittstaaten auf dem Arbeitsmarkt nachrangig zu behandeln und sie lieber ziehen zu lassen, als hier zu beschäftigen. Wir erlauben es uns auch, mit hohen bürokratischen Hürden und einer mangelnden Zuwanderungskonzeption die Besten der Welt an Deutschland vorbei ziehen zu lassen.

Deutschland benötigt ein klares, transparentes, zusammenhängendes und nachvollziehbares Zuwanderungskonzept für Fachkräfte. Das bisherige Recht zur Arbeitsmigration ist unzureichend und voller bürokratischer Hemmnisse. Deutschland benötigt eine Willkommenskultur.

Mit dem neuen Fachkräftekonzept der Bundesregierung werden diese Probleme nun systematisch benannt und angegangen. Dazu gehören unter anderem eine Systematisierung des bestehenden Rechts zur Fachkräftezuwanderung, eine Vorrangprüfung von ausländischen Fachkräften innerhalb von zwei Wochen, eine Senkung des Mindesteinkommens auf 40.000 Euro sowie die Schaffung gezielter Anwerbemöglichkeiten. Deutschland hat lange international signalisiert, dass wir keinen Fachkräftezuzug brauchen. Dies muss sich ändern und an dieser Stelle sind auch alle gesellschaftlichen Akteure zur Mitarbeit aufgerufen.

Mit freundlichen Grüße

Joachim Spatz MdB