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Frage von Gerd Z. •

Frage an Horst Wehner von Gerd Z. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Wehner,

wie stehen Sie dazu, wenn in Deutschland Bürgern ihre zustehenden Sozialleistungen verweigert werden, bzw. sie nicht über ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt werden?

Ist es für Sie moralisch vertretbar wenn einem Bürger die Leistungen des Integrationsfachdienstes verweigert werden?

Haben Sie Verständnis dafür, dass ein Arbeitnehmer vom Facharbeiter zum Hilfsarbeiter gemacht wird, nur weil man ihm Anpassungsqualifizierung in seinem erlernten Beruf verweigert?

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Antwort von
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Sehr gegehrter Herr Zettel,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich wie folgt beantworten möchte:

> wie stehen Sie dazu, wenn in Deutschland Bürgern ihre zustehenden
> Sozialleistungen verweigert werden, bzw. sie nicht über ihre Rechte und
> Pflichten aufgeklärt werden?

Die Bewilligung von Sozialleistungen ist in den Sozialgesetzbüchern oder einer ihrer Nebengesetze geregelt. Mit Verweigerung meinen Sie bestimmt die Ablehnung von Leistungen auf einen Antrag. Eine Verweigerung so allgemein wie Sie das formulieren würde ich inakzeptabel finden.
Wird ein Antrag abschlägig verbeschieden, besteht die Möglichkeit der rechtlichen Überprüfung dieser Entscheidung zunächst im Widerspruchsverfahren. War dies nicht erfolgreich, kann eine gerichtliche Überprüfung angestrengt werden. Die Gewährung von Leistungen ist nach den geltenden Rechtsvorschriften an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Die Aufklärung über diese erfolgt in aller Regel über die zuständigen Leistungsträger entweder durch deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder durch Informationsbroschüren.

> Ist es für Sie moralisch vertretbar wenn einem Bürger die Leistungen des
> Integrationsfachdienstes verweigert werden?

Nach der Definition vermitteln Integrationsfachdienste (IFD) geeignete schwerbehinderte Bewerber für eine Ausbildung oder Beschäftigung in einen Betrieb.
Zum Angebot der IFD gehören insbesondere die einarbeitung und psychosoziale Begleitung des Menschen mit Behinderung sowie die Beratung des Arbeitgebers, zum Beispiel über den Umgang mit Menschen mit Behinderung, aber auch Informationen über mögliche Förderleistungen.
Näheres ist hierzu in §§ 109 SGB IX geregelt. Die gesetzliche Regelung halt ich nicht für verwerflich.
Die Anwendung und Auslegung der Vorschriften erfolgen mir allerdings oftmals zu restriktiv.

> Haben Sie Verständnis dafür, dass ein Arbeitnehmer vom Facharbeiter zum
> Hilfsarbeiter gemacht wird, nur weil man ihm Anpassungsqualifizierung in
> seinem erlernten Beruf verweigert?

Nein. Allerdings kann ich mir diese Fallkonstellation auch so nicht vorstellen. Möglicherweise ist Ihre Frage vielleicht auch anders gemeint, aber in diesem Rahmen möchte ich nicht spekulieren.
Lassen Sie mich aber darauf hinweisen, dass es immer auf die Situation im Einzelfall ankommt. Zum Beispiel das Problem der Leistungen der Rentenversicherung in dem großen Gebiet „Teilhabe am Arbeitsleben“ ist ja, dass diese nicht gewährt werden wenn eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung gezahlt wird. Bei einer befristeten Rentenzahlung, was ja der Regelfall ist, sollte meines Erachtens dieser strikte Grundsatz teilweise aufgegeben werden. Es würde sich beispielsweise bei der befristeten Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung durchaus anbieten, schon während des Rentenbezuges zu prüfen, welche Tätigkeiten nach Fristablauf ausgeübt werden könnten und entsprechende Qualifikationen zu beginnen. Das würde aber nur Sinn machen und keine Vergeudung von Ressourcen darstellen, wenn der Versicherte tatsächlich wieder arbeiten will und nicht nach erfolgter Trainingsmaßnahme oder Qualifizierung einen Antrag auf Weitergewährung der Rente stellt. Bei der Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente stellt sich die Sache natürlich ganz anders da, weil eben die Erwerbsfähigkeit nicht mehr gegeben ist. Wer nur noch unter 3 Stunden täglich für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsatzfähig ist, der kann auch keine berufliche Umschulung oder Weiterbildung absolvieren. Ich denke, dass werden auch Sie so sehen, dass es natürlich wenig Sinn macht und zu Lasten der Versichertengemeinschaft geht, wenn eine teure Qualifizierung kurz vor dem Erreichen der Regelaltersrente gewährt würde und dann die entsprechende Tätigkeit nicht mehr oder nur sehr kurz ausgeübt werden kann. Das ist bitte nur ein Beispiel.

Nochmals vielen Dank für Ihre Fragen. Ich wünsche Ihnen alles Gute und sende freundliche Grüße!

Ihr
Horst Wehner

PS
Ich konnte leider nicht früher antworten. Ich befinde mich zur Zeit zur Reha und bin nicht ständig im Netz.