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Hermann Ott
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Frage von Walter S. •

Frage an Hermann Ott von Walter S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag, Herr Ott

halten Sie es für richtig, das die ARD und das ZDF für die deutsche Fußball-Liga und den Übertragungsrechten für eine Spielzeit zusätzlich 620 Millionen Euro bezahlt.

Mit freundlichen Grüßen
Walter Schmidt

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu diesem durchaus kontroversen Thema – entschuldigen Sie bitte meine späte Antwort darauf.
Ihre Frage ist überaus berechtigt, denn die Summen, die von den öffentlich-rechtlichen Sendern für die Bundesliga-Übertragungsrechte ausgegeben werden, sind enorm. Allerdings fallen diese nach meinem Kenntnisstand geringer aus, als von Ihnen angegeben. Spiegel Online berichtet am 17. April 2012 beispielsweise, dass die gesamten Einnahmen der Deutschen Fußball-Liga aus den Übertragungsrechten jährlich im Schnitt zwischen 628 und 673 Millionen Euro betragen. Die Übertragungsrechte verteilen sich allerdings auf mehrere Rechteinhaber, sodass auch diese Summen geteilt werden: Der Pay-TV-Anbieter Sky hat beispielsweise Rechte im Wert von 486 Millionen Euro pro Jahr erworben, wie die Süddeutsche Zeitung am 18. April 2012 online berichtet. Die Kosten für die ARD belaufen sich jährlich auf ca. 100 Millionen Euro, das ZDF zahlt fast 20 Millionen Euro. Die Kosten für die öffentlich-rechtlichen Sender sind damit recht stabil, doch selbstverständlich muss die Diskussion geführt werden, ob diese Ausgaben nicht dennoch zu hoch sind.
Ich sehe die Sache zwiespältig, wenn die öffentlich-rechtlichen Sender beispielsweise bei den Geboten für die Champions League die Preise selbst noch höher treiben, als sie ohnehin sind. Damit wird die bestehende Preisspirale weiter in Bewegung gehalten, die mittlerweile absurde Beträge produziert. Diese Entwicklung sehe ich als sehr problematisch an. Darüberhinaus wäre es sinnvoll, dass die öffentlich-rechtlichen Sender noch weit mehr Sportarten jenseits des Mainstreams zeigen und somit sehenswerte Alternativen ins Programm nehmen.
Andererseits ist die Übertragung sportlicher Großereignisse eine Chance, viele ZuschauerInnen ins Programm der öffentlich-rechtlichen Sender zu ziehen. Somit kommt durch die Sportübertragungen ein weitaus größeres Publikum in den Genuss von öffentlich-rechtlicher Fernsehqualität und kann diese Sender für sich entdecken. Und es ist fraglich, welche Alternative ARD und ZDF bei der Vergabe der Übertragungsrechte überhaupt besitzen: In den öffentlich-rechtlichen Programmauftrag fällt auch die Übertragung von Sport und damit von Fußballspielen – und das öffentliche Interesse ist bei der Fußball-Bundesliga besonders ausgeprägt.
Daher nehmen die Grünen insgesamt eine differenzierte Haltung ein: Die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten müssen bei ihren Ausgaben für Sportrechte wirklich gut begründen, warum solch eine hohe Summe für gerade diese Rechte ausgegeben wird. Die Kosten und der zu erwartende Nutzen für die ZuschauerInnen müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Ebenso muss das finanzielle Verhältnis der Sportübertragungen zu den anderen Sendungen, die für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags notwendig sind, stimmen.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Dr. Hermann Ott