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Helge Braun
CDU
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Frage von Tassilo K. •

Frage an Helge Braun von Tassilo K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Braun,

ich habe mit Erschrecken zur Kenntnis genommen, dass die schwarz-rote Bundesregierung durch ihre parlamentarischen VertreterInnen (zu denen Sie für den Wahlkreis Gießen gehören) im Bundestag nach dem es bereits einmal vom Verfassungsgericht gekippt wurde, von neuem ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung beschließen will.
Wenn sie als CDU Mandatsträger für Gießen neben dem SPD Abgeordneten Rüdiger Veit dieses Gesetz mit abnicken, dann zeigen Sie mir als Wähler dieses Wahlkreises und der gesamten Bevölkerung in Deutschland den ausgestreckten Mittelfinger. Mit der Vorratsdatenspeicherung aller Daten also auch derer unschuldiger BürgerInnen fahren Sie voll auf der Linie Generalverdacht gegen das ganze deutsche Volk.
Ich bitte Sie hiermit, verweigern Sie im Bundestag als Mandatsträger dem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung ihre Unterstützung und lehnen Sie dieses ab. Dies ist ein weiteres Gesetz, dass zur Aushöhlung der Grund- und Bürgerrechte in der Bundesrepublik Deutschland dient. Anders ist das Speichern von Daten unschuldiger Menschen nicht zu verstehen.
Ich möchte nicht in einem orwellschen Staat leben wie er in dem Roman "1984" Wirklichkeit geworden ist. Ich fordere Sie daher auf, nehmen Sie bitte die Bedenken von neben meiner Bedenken auch die zahlreicher angesehener Bürgerrechtsexperten ernst und lehnen Sie das Gesetz ab.
Die Abteilungen der Kriminalpolizei machen in der Aufklärung von politischer Kriminalität einen hervorragenden Job. Trotz umfangreicher Überwachungsgesetze und einem immer eingeschränkteren Freiheit, lassen sie Terroranschläge nicht verhindern wie die unzähligen Beispiele Frankreichs, Spaniens und der USA zeigen. Somit kann der einzige Schluss sein, dass mit diesem Gesetz die Überwachung außerparlamentarischer demokratischer Bewegungen und Gruppierungen in die Wege geleitet werden soll.
Ein mehr oder weniger an Sicherheit bewirkt dieses Gesetz nicht.

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Köhler,
vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch. Die Bundesregierung beabsichtigt dem Deutschen Bundestag Änderungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG) und der Strafprozessordnung (StPO) mit dem Ziel, eine Speicherung von Verbindungsdaten zu ermöglichen, vorzuschlagen.
Ihre Einschätzung, dass ein solches Instrument bei der Verfolgung und Vereitelung von Schwerstkriminalität unwirksam sei, wird von den Sicherheitsbehörden mehrheitlich nicht geteilt. Allerdings haben Sie Recht, dass eine verhältnismäßige Abwägung zwischen dem Nutzen des Instrumentes und der Wahrung der Grundrechte der Betroffenen auf Datenschutz, Achtung des Privatlebens und des Telekommunikationsgeheimnisses sowie auf informationelle Selbstbestimmung nötig ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der betreffenden Urteile des Bundesverfassungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes.
Das Bundesministerium für Justiz hat am 15. April Leitlinien vorgestellt, aus denen ich im Folgenden zitieren möchte:
„Gespeichert werden müssen im TKG genau bezeichnete Verkehrsdaten, die bei der Telekommunikation anfallen. Das sind insbesondere die Rufnummern der beteiligten Anschlüsse, Zeitpunkt und Dauer des Anrufs, bei Mobilfunk auch die Standortdaten, sowie IP-Adressen einschließlich Zeitpunkt und Dauer der Vergabe einer IP-Adresse.
Nicht gespeichert werden dürfen: Inhalt der Kommunikation, aufgerufene Internetseiten und Daten von Diensten der elektronischen Post.
Hinsichtlich der Speicherdauer wird differenziert zwischen den Standortdaten und den weiteren Verkehrsdaten. Für die Standortdaten wird eine Speicherfrist von vier Wochen, im Übrigen eine Speicherfrist von zehn Wochen bestimmt.
Der Abruf der Daten ist nur zur Verfolgung von katalogmäßig aufgeführten schwersten Straftaten zulässig, die auch im Einzelfall schwer wiegen müssen. Dabei ist der Katalog im Vergleich zu dem Katalog, der nach der vorhergehenden, vom BVerfG verworfenen Regelung maßgeblich war, deutlich reduziert und lehnt sich an den Katalog zur Wohnraumüberwachung an. Erfasst werden insbesondere terroristische Straftaten und Straftaten gegen höchstpersönliche Rechtsgüter, insbesondere Leib, Leben, Freiheit und sexuelle Selbstbestimmung.
Die Leitlinien sehen einen umfassenden Richtervorbehalt für den Abruf der Daten durch die Strafverfolgungsbehörden vor. Eine Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft besteht – wie bei der Wohnraumüberwachung nach §§ 100c, 100d StPO – nicht. Der Abruf der Daten ist keine verdeckte Maßnahme. Die betroffenen Personen sind grundsätzlich vor dem Abruf der Daten zu benachrichtigen. Ist eine heimliche Verwendung nach gerichtlicher Prüfung ausnahmsweise zulässig, bedarf es einer nachträglichen Benachrichtigung, von der nur mit richterlicher Bestätigung abgesehen werden kann.“
Ich halte diese Leitlinien für vernünftig und verhältnismäßig. Detaillierter können Sie sie unter http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/20150415-Leitlinien-HSF.pdf finden. Sollten Sie im Laufe des parlamentarischen Verfahrens den Eindruck gewinnen, dass Grundrechte unverhältnismäßig eingeschränkt werden, können Sie sich gerne wieder an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Helge Braun

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