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Heinz-Peter Haustein
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Frage von Angelika H. •

Frage an Heinz-Peter Haustein von Angelika H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Haustein,

2006 wurde für Firmen der Bauwirtschaft infolge vieler unseriöser Anbieter die Präqualifikationsnummer eingeführt. Diese wird bei öffentlichen Ausschreibungen gern gesehen bzw. sogar in einigen Bundesländern gefordert. Meist nehmen die ausschreibenden Stellen bzw. die Architekten aus Kulanz aber auch noch nach VOB § 8 die einzelnen Nachweise der Betriebshaftpflicht, Nachweis Berufsgenossenschaft, Nachweis Ausbildung ect. entgegen.
Vergeben werden die Präqualifikationsnummern von 6 privaten Firmen mit eigener Preisgestaltung. Diese 6 Firmen befinden sich alle im westlichen Teil Deutschlands, einschl. Berlin, Kurfürstendamm. Die Nummer kostet dem Handwerksbetrieb im ersten Jahr 450 €, ab dem zweiten und folgenden Jahr ca. 75 % des ersten Jahres -ca. 337 €-.

Ich arbeite im Betrieb meines Mannes, welcher einen kleinen Handwerksbetrieb in Hainichen führt. Über die Innung erfuhren wir von dieser geldgierigen und sinnlosen Verordnung. Leider blieben die Proteste der Innung in Berlin ungehört. Die Handwerkskammer Chemnitz, welche auch der Handwerksnovellierung 2004 hilflos zugeschaut hat, unternimmt leider auch nichts für uns kleine Betriebe, obwohl wir auch dort Geldbeiträge leisten.
Der PQ-Verein in Bonn hat auf seiner Seite im Internet alle PQ-Betriebe aufgeführt. Erstaunlich für uns, dass unter der PLZ 09661 nur ein !!! Handwerksbetrieb (über 100 Beschäftigte) diese Nummer beantragt hat. Wir meinen, diese Präqualifikation, welche mit Geld zu erkaufen ist, verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz im GG, da bes. kleine Handwerksbetriebe neben den nicht unerheblichen Beiträgen für die Innung und die Handwerkskammer nicht auch noch diese Geldbeträge erarbeiten können.

Was meinen Sie dazu?

Mit freundlichen Grüßen
Angelika Hörner

Portrait von Heinz-Peter Haustein
Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Hörner,

vielen Dank für Ihre Frage nach meiner Haltung zu den so genannten Präqualifizierungsnummern! Zu der Situation im Vergaberecht und zu den aus unserer Sicht erforderlichen Maßnahmen möchte ich Ihnen Folgendes antworten:

Mit einem jährlichen vergaberelevanten Beschaffungsvolumen von bis zu 360 Mrd. Euro entfaltet die öffentliche Hand eine erhebliche wirtschaftliche Macht. Insbesondere der Mittelstand ist daher auf ein leistungsfähiges, transparentes und unbürokratisches Vergaberecht angewiesen, das einen diskriminierungsfreien Zugang zu öffentlichen Aufträgen gewährleistet. Das Präqualifizierungssystem, das die individuelle Beibringung auftragsunabhängiger Eignungsnachweise im Baubereich durch ein Zertifikat ersetzt, ist konsequent weiterzuentwickeln und auf Liefer- und Dienstleistungsaufträge auszuweiten. Dabei müssen Unternehmen ein Wahlrecht zur Bürokratie senkenden Lizenzierung erhalten, dass eine Diskriminierung nicht lizenzierter Unternehmen verhindert.

Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge bewerben, haben nach § 7 VOL/A bzw. § 7a VOL/A ihre Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit unternehmensbezogen nachzuweisen. Die Beschaffung und Zusammenstellung der Nachweise verursacht regelmäßig erheblichen Aufwand. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen werden dadurch überproportional stark belastet. Vor dem Hintergrund, dass nicht mehr aktuelle beziehungsweise verspätet erbrachte Nachweise zu einem Ausschluss vom Wettbewerb führen können, werden mittelständische Unternehmen oftmals von der Teilnahme an Vergabeverfahren abgeschreckt. Für diese stehen faktischer Aufwand und möglicher Ertrag nicht mehr in einem wirtschaftlichen Verhältnis.

Auftragsberatungsstellen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen haben ein Präqualifizierungssystem für Leistungen bereits eingeführt. Es ermöglicht den Unternehmen, dort ihre Nachweise befristet für ein Jahr zertifizieren zu lassen. Zur nachhaltigen Stärkung mittelständischer Unternehmen und zur Verhinderung einer weiteren Zersplitterung des öffentlichen Auftragswesens bedarf es einer bundesweit einheitlichen Präqualifizierungslösung.

Dazu müssen die rechtlichen Voraussetzungen für ein bundesweit einheitliches Präqualifizierungssystem für Leistungen als Wahlrechtsystem geschaffen werden. Dabei muss sichergestellt werden, dass nicht zertifizierte Unternehmen die gleichen Teilnahmerechte und Erfolgsaussichten im Rahmen des öffentlichen Auftragswesens haben wie zertifizierte Unternehmen und es müssen die strukturellen Maßnahmen ergriffen werden, um die Bildung sich selbst tragender, privatwirtschaftlich organisierter Präqualifizierungsstellen zu fördern.

Sehr geehrte Frau Hörner, ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort gedient zu haben und verbleibe

mit einem herzlichen Glück Auf

Heinz-Peter Haustein