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Heidemarie Wieczorek-Zeul
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Frage von Johannes H. G. •

Frage an Heidemarie Wieczorek-Zeul von Johannes H. G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Ministerin,

in den letzten Wochen werden meine Frau und ich ( Rentner ) von allen möglichen Hilfsorganisationen mit Bettelbriefen überschwemmt und um Geldspenden gebeten, weil auch in der Bundesrepublik das Geld für humanitäre Zwecke vorne und hinten nicht reicht. Es wird argumentiert, daß auch die kleinste Spende Gutes tun kann! Vor diesem Hintergrund hat mich eine weitgehend versteckte Notiz in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung geschockt und auch wütend gemacht. In der Zeitungsnotiz wurde kolportiert, daß die Bundesrepublik Deutschland der Volksrepublik China, einem Staat mit den höchsten Devisenreserven der Welt, im Jahr 2007 eine Entwicklungshilfe von 67 Millionen € zur Verfügung stellt! Eine solche Hilfszahlung wird wahrscheinlich im internationalen Finanzverkehr unter der Rubrik " Peanuts " abgehandelt !! Mancher Einrichtung in unserem ach so reichen Land würde jedoch mit einem Bruchteil dieses nach China verschleuderten Geldes die oft von ehrenamtlichen Helfern selbstlos geleistete Arbeit erleichtert werden. Es ist wohl doch so, daß unsere politische Führungselite von den Bedürfnissen der eigenen Bevölkerung Lichtjahre entfernt ist !!! Auch Hilfszusagen an andere Länder lassen sich stornieren, wenn die Verhältnisse sich derartig geändert haben. Über eine Stellungnahme eines Ihrer Mitarbeiter zu diesem Thema würde ich mich, vielleicht auch im öffentlichen Interesse, freuen.

Mit freundlichen Grüßen
Johannes H. Gerk

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Gerk,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage zur deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit mit der Volksrepublik China.

Angesichts der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung des Staates kann ich Ihre Kritik sehr gut nachvollziehen. Aber die Entwicklungszusammenarbeit zwischen Deutschland und China folgt klaren Überlegungen: Zum einen ist China nach wie vor ein Land mit erheblichen Armutsproblemen. Nach Angaben der Weltbank müssen immer noch 320 bis 350 Millionen Chinesen von weniger als 2 US-Dollar pro Tag leben.

Zum anderen kommt China aufgrund seines politischen und wirtschaftlichen Gewichts, seiner Bedeutung beim Schutz globaler Güter sowie seiner intensiven Mitwirkung an internationalen Prozessen eine Schlüsselrolle in der Zusammenarbeit zu. Ohne China sind die Lösungen globaler Entwicklungsfragen und die Erreichung der „Millenniumsentwicklungsziele“ nicht denkbar. Dies gilt für den Kampf gegen den globalen Klimawandel genau so wie im nachhaltigen Umgang mit Energie und Rohstoffen, bei der Bekämpfung von Krankheiten und Epidemien, aber auch bei der weltwirtschaftlichen Entwicklung. Dazu leistet das deutsche Engagement in China einen wichtigen Beitrag – wenngleich der weitaus größere Teil dieses Prozesses dabei aber aus eigener Kraft Chinas geleistet werden muss und kann.

Nach den USA ist China derzeit zweitgrößter Emittent von Kohlendioxid und größter Emittent von Schwefeldioxid und hat damit maßgeblichen Einfluss auf die zukünftige Klimaentwicklung. Unsere Kooperation trägt im Bereich schadstoffarmer Produktion, Erneuerbarer
Energien und Energieeffizienz zur Verringerung des Schadstoffausstoßes, aber auch unmittelbar des Energieverbrauchs bei und hilft somit, den Bedarf Chinas an Energieimporten zu begrenzen. Wenn China in Zukunft auf veraltete Technologien setzen würde, ginge auch uns bald – im wahrsten Sinne des Wortes – „die Luft (zum Atmen) aus“. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit China liegt also auch und gerade in diesem Bereich in unserem wohlverstandenen Eigeninteresse.

Die deutsche Wirtschaft und Wissenschaft sind in den Bereichen Umweltschutz und Energie international vielfach führend. Durch unser Engagement in diesen Sektoren werden auch Anreize für eine weitere und intensivere Zusammenarbeit in diesen Bereichen geschaffen.

Nicht zuletzt dient die Beratung ausgewählter chinesischer Parlamentsausschüsse und Ministerien bei der Entwicklung und Umsetzung von Rechtsnormen in den Bereichen Wirtschaft, Handel, Arbeit und Soziales der Förderung wirtschaftlicher und politischer Reformen. Rechts- und Wirtschaftsreformen wiederum liegen ebenfalls im wohlverstandenen Eigeninteresse Deutschlands als Industrieland mit internationaler Verflechtung. Beispielhaft sei hier der Rechtsbereich des Schutzes geistigen Eigentums genannt.

Daneben muss auch der deutsch-chinesische Rechtsstaatsdialog positiv hervorgehoben werden, der in Zusammenarbeit mit dem Bundesjustizministerium seit einigen Jahren durchgeführt wird und mit dem wir diejenigen unterstützen, die in China Menschenrechte voranbringen wollen.

Zusammengefasst kann gesagt werden: Unsere Zusammenarbeit mit China dient der von der Bundesregierung angestrebten weiteren Vertiefung der deutsch-chinesischen Beziehungen auf politischer, wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene und trägt im beiderseitigen Interesse auch zur Bewältigung globaler Entwicklungsaufgaben bei.

Der wachsenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Chinas hat die deutsche Zusammenarbeit bereits Rechnung getragen: Die deutschen Beiträge wurden im Vergleich zu früheren Jahren deutlich reduziert und die Konditionen marktnäher gestaltet. In diesem Jahr hat die Bundesregierung der VR China insgesamt 67,5 Mio. Euro Haushaltsmittel für Vorhaben insbesondere zum Schutz des Klimas und der Umwelt zugesagt. Diese Mittel werden weit überwiegend als Darlehen gewährt. Zudem leistet die chinesische Seite in allen Fällen erhebliche Eigenbeiträge.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Bedenken ein Stück weit zerstreuen und wünsche Ihnen anhaltendes, durchaus auch kritisches Interesse an den Themen der Entwicklungszusammenarbeit.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Heidemarie Wieczorek-Zeul